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sind ein Fuchs, Capitan“, sagte der Portugiese.

      Drake grinste. „Auch richtig. Der Fuchs im spanischen Hühnerstall. Wir werden sehen.“ Er wurde wieder ernst und starrte über das Schiff voraus. „Sind Sie informiert, ob es auf der Mocha-Insel eine spanische Siedlung gibt?“

      Der Portugiese wiegte den Kopf. „Darüber ist mir nichts bekannt. Logisch erscheint mir, daß sich die Spanier zunächst auf dem Festland durchzusetzen versuchen, und da haben sie auch jetzt noch, nach über dreißig Jahren seit Pedro de Valdivia, Schwierigkeiten genug. Ich glaube nicht, daß die Insel von den Spaniern besetzt ist.“

      „Der Meinung bin ich auch.“ Drake nickte zufrieden.

      Hasard räusperte sich. Drake wandte sich um und blickte ihn von unten herauf an. „Sind Sie anderer Ansicht, Mister Killigrew?“

      „Im Grunde genommen nicht, Sir. Nur sind unsere Ansichten nichts anderes als Spekulationen oder Wunschträume. Realistischer wäre es, davon auszugehen, daß eben doch Spanier auf der Insel sind.“

      „Aha“, sagte Kapitän Drake. Er wechselte den Blick und zwinkerte Nuno da Silva zu. „Sie sehen, Senor da Silva, hier ist noch ein zweiter Fuchs an Bord.“

      „Ein Seewolf – wie ich hörte.“ Der hagere Portugiese lächelte. Gut, die Engländer waren zwar so etwas wie Freibeuter, sie hatten ihm das eigene Schiff weggenommen und ihn an Bord der „Golden Hind“ übernommen, als „Gast“, wie sich Capitan Drake ausgedrückt hatte, aber sie waren auch Kavaliere, besonders dieser breitschultrige, schlanke Riese mit den eisblauen Augen und dem schwarzen Haar. Ein Teufelskerl! Nuno da Silva gestand sich ein, daß er sich wohl, sehr wohl an Bord der „Golden Hind“ fühlte. Und im stillen bewunderte er diese verwegenen Männer. Die würden den Spaniern noch ganz verdammte Nüsse zu knacken geben, das war mal sicher.

      Drakes Stimme unterbrach seine Gedanken. „Schön, Mister Seewolf, die Männer sollen sich gefechtsklar halten.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Hasard.

      Innerhalb von knapp sechs Minuten waren die achtzehn Demi-Culverinen auf der Backbord- und Steuerbordseite gefechtsklar. Die Männer, die nicht zu den Geschützbedienungen gehörten, hatten aus der Waffenkammer Pistolen und Musketen empfangen. Dort regierten der alte Barry Burnaby, Drakes früherer Stückmeister von der „Marygold“, und der junge Al Conroy, der unter Hasards Crew als Stückmeister gefahren war. Beide Männer waren nicht mit Gold aufzuwiegen.

      Hasard war in den Vormars aufgeentert. Die „Golden Hind“ segelte über Steuerbordbug bei einem leichten West- bis Südwestwind. Die Mocha-Insel war jetzt klar zu erkennen. Hasard kniff die Augen zusammen. Neben ihm spähte Dan O’Flynn mit seinen scharfen Augen auf die Insel, die noch gut anderthalb Meilen entfernt war.

      „Erkennst du irgend etwas, Dan?“ fragte Hasard.

      Dan O’Flynn, stupsnasig, sommersprossig, blauäugig, ein sehniges, energiegeladenes Bürschchen von knapp sechzehn Jahren, schniefte und sagte kurz und präzise: „Westlich und östlich der Insel Klippen und Riffs, auf der Südseite ruhiges Wasser.“

      Hasard lächelte still. „Wer sagt dir denn, daß wir Nordkurs steuern?“

      „Die Sonne. Außerdem hab ich mir vor der Wache den Kompaß angeschaut.“

      „In Ordnung. Bist du sicher, daß die Südseite der Insel wirklich frei von Klippen und Riffs ist?“

      „Aye, Sir.“ Aber Dan O’Flynn schränkte ein. „Soweit ich das von hier aus beurteilen kann. Westlich und östlich der Insel sehe ich kabbeliges Wasser, vor allem an den dunklen Punkten, die sich ganz klar aus der See abzeichnen. Die Südseite dagegen erscheint flach wie ein Teller.“

      „Da spielt sich nichts ab, wie?“

      „Gar nichts, ein Ententeich wie hinter der Feste von Arwenack.“

      „Arwenack, mein Junge“, sagte Philip Hasard Killigrew, „ist zur Zeit ein Traum und von uns so weit entfernt wie der Mond.“

      Das Bürschchen blickte zu dem großen Mann hoch, dessen schwarzes Haar vom Wind zerzaust wurde. Andächtig sagte Dan O’Flynn: „Und da steht die dumme Kuh und wartet!“

      Hasard blickte ihn irritiert an. „Kuh? Wie bitte? Auf was wartet die?“

      „Auf dich.“

      Hasards Augen wurden tellergroß, dann besorgt. „Bist du übergeschnappt, Junge?“

      Dan O’Flynn seufzte und sagte leise: „Wer stand denn auf der Pier unten im Hafen von Falmouth und schrie drei Hurras für den Seewolf, nachdem du deinem Alten den Marsch geblasen hattest?“

      Hasard zuckte fast zurück. Da war sie wieder, die Erinnerung. Und hier, vor dieser verdammten Insel, auf der der Teufel oder sonstwer hausen mochte, rief sie der Bengel wieder wach.

      Gwendolyn Bernice O’Flynn, Schwester Dan O’Flynns, grünäugig, rotblond, schlank und groß, stolz und dennoch ein Weib, und was für eins!

      „Sagtest du dumme Kuh, du Hundesohn?“ knurrte Hasard. „Und wieso wartet sie auf mich?“

      Das Bürschchen grinste. „Frag doch mal den Abendwind, Sir.“

      Hasard verschwand vom Vormars. Bevor er auf den Webeleinen nach unten enterte, schaute er noch einmal hoch. „Paß gefälligst auf, was sich da vorn tut, verstanden? Vielleicht sind Spanier auf der Insel.“

      „Aye, aye, Sir. Warum hast du eigentlich so einen roten Kopf?“

      Hasard fluchte und sauste nach unten. Das Bild der schönen Gwen stand vor seinen Augen, und er fluchte noch, als er auf die Kuhl sprang und dem bulligen Profos Edwin Carberry auf die Füße trat.

      Der wollte schon zulangen, ließ aber die Pranke wieder sinken, als er Hasard erkannte.

      „Was ist denn mit dir los?“ fragte er verblüfft.

      „Mit mir? Nichts!“ sagte Hasard wütend. „Was soll denn mit mir los sein?“

      „Das frag ich ja gerade.“

      „Frag mal den Abendwind!“ knurrte ihn Hasard an. Er wurde so richtig biestig. „Und grins mich nicht so blöd an.“ Er fuhr herum. „Ben!“

      Ben Brighton, der Bootsmann, enterte vom Vorschiff. „Ja?“

      „Kümmere dich um das Ankerspill.“

      „Ist bereits klar“, sagte Ben Brighton.

      „So? Dann laß die Blinde wegnehmen.“

      „Bin ich gerade dabei.“

      Hasard murmelte etwas Unverständliches und stiefelte mit seinen langen Beinen zurück aufs Deck des Achterkastells.

      Der Bootsmann und der Profos blickten sich an und grinsten.

      „Der hat heut ’ne Kröte verschluckt“, sagte der Profos.

      2.

      Dicht unter Land auf der Südseite der Insel wurde der Buganker geworfen. Die Insel schien unbewohnt zu sein. Vor ihnen zog sich ein heller Sandstreifen entlang, auf dem träge ein paar Schildkröten lagen, zwischen denen Seevögel herumspazierten und mit ihren spitzen Schnäbeln nach Beute suchten. Der Strand schwang in einem Bogen nach Osten. Hinter dem Strand erhob sich ein dichter Waldgürtel und versperrte die weitere Sicht. Flach war die Mocha-Insel keinesfalls. Stellenweise vorkommende Erhebungen mochten bis zu zweihundert Yards über dem Meeresspiegel liegen.

      Francis Fletcher, der Kaplan an Bord der „Golden Hind“, ein schlitzohriger Posaunenengel, breitete auf dem Achterdeck die Arme aus und rief: „Dies ist das gelobte Land, Männer der ‚Golden Hind‘! Lasset uns beten, daß Gott der Allmächtige in seiner unendlichen Güte uns den rechten Weg gewiesen hat.“

      Kapitän Drake drehte sich verärgert zu ihm um. „Wir können später beten, Mister Fletcher. Jetzt müssen erst einmal die Segel geborgen und die Decks

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