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aus verschiedenen Motiven an: Einige flüchteten vor der schweren Landarbeit, andere entzogen sich der großen Steuerlast im späten römischen Imperium, wieder andere waren wirtschaftlich verarmt und konnten nicht mehr weiter. Sie alle fanden hier einen Ort der Zuflucht und Geborgenheit, einen Ort neuer Lebenschancen.

      Selbst Menschen der oberen sozialen Schichten traten zu dieser Zeit in diese asketischen Gemeinschaften ein. Kaiser Valens hatte dies den kurialen Familien zwar im Jahr 365 verboten, da er die Wirtschaftskraft und die aus sozialen Verpflichtungen resultierenden Leistungen der adeligen Familien und Sippen benötigte. Der Trend war jedoch auch durch Gesetze nicht aufzuhalten.3

       Das Mönchtum im Osten

      Ab dem 4. Jahrhundert verbreitete sich das asketische Mönchtum vor allem in Syrien und Ägypten. Besonders Männer neigten dazu, den Verlockungen des weltlichen Lebens zu entsagen, vielleicht, weil sie damit viele leidvolle Erfahrungen gemacht hatten. Auf jeden Fall gab es eine Reihe Vorbilder für diesen Schritt in das asketische Leben: Jesus selbst, der in die Wüste gegangen war, um Gott nahe zu sein; Moses, der Prophet; Elija oder Johannes der Täufer. Den Asketen ging es entschieden darum, moralisch vollkommen zu sein, wie Jesus es im Evangelium empfohlen hatte. Später war von den drei »evangelischen Räten« die Rede, nämlich von der Empfehlung zur Armut, zum Gehorsam und zur sexuellen Enthaltsamkeit.

      Die frühen Mönche übten sich im Fasten, sie verzichteten zeitweise auf Schlaf und lebten im Gebet und in der Meditation. Sie wollten ihre Seele von Schuld reinigen, befleißigten sich der regelmäßigen Bibellektüre und lernten Bibelsprüche sowie Psalmen auswendig. Ihren Unterhalt erarbeiteten sie sich durch Hilfsdienste in der Landwirtschaft, zum Beispiel bei Arbeiten in Obstgärten. Diese Asketen nannten sich früh »Freunde Gottes« und vermittelten in diesem Selbstverständnis den anderen Laienchristen göttliche Gnadenkraft und die Vergebung der Sünden. In Ägypten wurden sie bald »Anachoreten« genannt, weil sie aus dem Niltal in die höher gelegene Wüste aufgestiegen waren (griech. anachoresis bedeutet Aufstieg in höhere Regionen). Viele dieser Mönche flohen aus dem dicht besiedelten Niltal auf die Hochebene der Wüste, einige von ihnen wollten dem wirtschaftlichen und sozialen Druck ihrer Umwelt entkommen. Es war die Last der hohen Steuern und der harten Arbeit in Unfreiheit, die viele Menschen flüchten ließ.

      Diese Anachoreten bauten sich aus einfachsten Materialien neue Siedlungen und gaben ihren kleinen Gemeinschaften eine feste Struktur. Zentraler Antrieb all ihres Tuns war die Grundorientierung am Evangelium Jesu.

      Das christliche Mönchtum in Ägypten hat aber auch eine griechische Wurzel, die es zu berücksichtigen gilt. Unter den Griechen gab es Schulen der Lebensweisheit (Philosophie), die asketisch und gemeinschaftlich lebten. Deren Argument für den Verzicht auf Sexualität war, dass sexuelles Erleben das klare Denken des Verstandes störe. Diese Grundannahme finden wir in der antiken Kultur bei den Schulen der Pythagoräer, der Stoiker und der Neupythagoräer, später auch der Neuplatoniker. Allerdings lebten die meisten Anhänger der Philosophie in freundschaftlichen Beziehungen (philia) und erfreuten sich der Sinnlichkeit und Sexualität.4

      Antonios von Ägypten

       Aus dem Leben des Wüstenvaters

      Bekannt wurde die anachoretische Lebensweise durch den Ägypter Antonios, der um 251 in Kome in Mittelägypten geboren wurde und aus einer wohlhabenden Familie stammte. Als seine Eltern starben, war er 20 Jahre alt und musste fortan für seine jüngere Schwester sorgen, wie es das griechische und römische Familienrecht vorsah. Als gebildeter Christ des Lesens mächtig, las er in dieser Zeit einmal einen Text aus dem Matthäusevangelium: »Wenn du vollkommen sein willst, dann verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen. Dann wirst du einen großen Lohn im Himmel haben« (Mt 19,21). Dieses Jesuswort bezog Antonios nun auf sein Leben. Was tun? - Er beriet sich mit seiner Schwester. Diese konnte er überreden, dass sie in eines der Häuser der gottgeweihten »Jungfrauen« eintrat, die es unter Christen seit einiger Zeit gab. Danach verschenkte er die geerbten Besitzungen seines Vaters an die Armen seines Dorfes und begann als Einsiedler ein asketisches Leben in der Nähe seines Dorfes.

      Doch bald verließ er sein Dorf und wanderte in die Libysche Wüste im Westen, wo er sich auf einem Berg niederließ und eine Wohnhöhle baute. Da er in den Dörfern der Umgebung bereits bekannt war, zogen auch andere Männer als Einsiedler zu ihm in die Wüste. Sie bauten auf dem Wüstenboden ein Dorf für Einsiedler, lebten dort in Gebet und Meditation und ernährten sich von der Arbeit ihrer Hände, wohl marginal vom Feldbau in Gebieten mit kleinen Wasserquellen. Diese Asketen hielten Beziehungen zu den Dörfern im Niltal aufrecht, so dass von dort immer wieder Laienchristen und Kleriker kamen, um sich bei den Anachoreten Rat und Trost zu holen. Kranke Menschen wollten von Dämonen befreit und von Krankheiten geheilt werden. Selbst Presbyter und Episkopen kamen zu Antonios in die Wüste, um seinen Rat einzuholen.5

      Für kurze Zeit zog Antonios in die Großstadt Alexandria, um dort verfolgte Mitchristen im Glauben zu bestärken. Danach kehrte er wieder in die Wüste zurück, blieb aber durch Boten mit den Christen in Alexandria verbunden. Viele Christen schätzten fortan die Anachoreten als moralische Vorbilder und als Vermittler göttlicher Lebenskraft. Das galt selbst für das Kaiserhaus: Antonios stand im Briefwechsel mit dem römischen Kaiser Konstantin I. und mit seinen beiden Söhnen. Als er schon alt geworden war, bat ihn Athanasios, der Bischof von Alexandria, noch einmal in die Großstadt am Nil, um dort gegen die Arianer zu predigen, eine auf die Lehren des Arius zurückgehende christliche Bewegung, die glaubte, dass Jesus Christus nur ein von Gott angenommener göttlicher Sohn sei. Gegen diesen hatten die auf dem allgemeinen Konzil von Nikaia versammelten Bischöfe im Jahr 325 ausdrücklich formuliert, dass Christus dem göttlichen Vater wesensgleich (homoousios) sei.

      Antonios folgte dem Wunsch seines bischöflichen Freundes und predigte eine Zeitlang in Alexandria gegen den Glauben der Arianer. Danach zog er sich wieder in seine Mönchssiedlung in der lyrischen Wüste zurück. Dort starb er im Jahr 356 mit 105 Jahren. Ein Jahr später verfasste derselbe Bischof Athanasios sein berühmtes Buch über den Asketen und Anachoreten Antonios (Bios Antoniou, lat. Vita Antonii). Darin lobte der Bischof die Lebensform des Asketen und machte mit diesem Buch Antonios zum Begründer der Anachoreten bzw. des Mönchslebens. Historisch ist das jedoch nicht ganz richtig, da es doch schon vor Antonios Einsiedler in Ägypten, in Palästina und in Syrien gab.

       Dem Vorbild des Antonios folgen

      Das Buch des Bischofs zeigte große Wirkung in Alexandria, wo sich nun viele Laienchristen für die asketische Lebensform interessierten. Das Grab des Antonios wurde 561 in der Wüste gefunden, seine sterblichen Überreste wurden bald darauf nach Alexandria gebracht. Als diese ägyptische Großstadt im Jahr 635 von den arabischen Moslems erobert wurde, haben Christen die Gebeine des Antonios nach Konstantinopel gebracht. Von dort kamen sie später nach Südfrankreich (Arles), wo sie bis heute verehrt werden. Das Buch des Bischofs Athanasios förderte in Ägypten die asketische Lebensform: Viele Bewohner der Dörfer und Städte zogen in die Wüste, um dort auf niedrigem Niveau zu leben. Bald darauf aber entstanden hier, wie auch im Westen des römischen Reichs, asketische Wohngemeinschaften in der Nähe einzelner Städte oder in diesen selbst. Um 420 berichtet der Bischof Aurelius Augustinus von Hippo von solchen asketischen Gemeinschaften in Rom, Mailand und Trier.

      Die besondere Leistung des Antonios scheint es gewesen zu sein, dass er die Einsiedler seiner Umgebung zu kleinen Gemeinschaften zusammengeführt hat. Er hat keine schriftliche Regel für das Zusammenleben hinterlassen, doch sein Vorbild wirkte durch lange Zeit hindurch.6 Von ihm sind einige Briefe in griechischer Sprache überliefert, die sogar in die arabische und lateinische Sprache übersetzt wurden. Diese Briefe sowie Papyrustexte aus Ägypten zeigen uns, dass diese frühen Asketen und Mönche keineswegs ungebildet waren. Viele von ihnen konnten lesen und schreiben und sie kannten z. B. auch die Lehren des Theologen Origenes aus Alexandria. Etliche kamen aus reichen Familien, andere stammten von verarmten Bauern und Lohnarbeitern

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