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      Wenn verständige, sinnige Personen im Alter die Wissenschaft geringschätzen, so kommt es nur daher, dass sie von ihr und von sich zu viel gefordert haben.

      Ich bedauere die Menschen, welche von der Vergänglichkeit der Dinge viel Wesens machen und sich in Betrachtung irdischer Nichtigkeit verlieren. Sind wir ja eben deshalb da, um das Vergängliche unvergänglich zu machen; das kann ja nur dadurch geschehen, wenn man beides zu schätzen weiß.

      Ein Phänomen, ein Versuch kann nichts beweisen; es ist das Glied einer großen Kette, das erst im Zusammenhange gilt. Wer eine Perlenschnur verdecken und nur die schönste einzelne vorzeigen wollte, verlangend, wir sollten ihm glauben, die übrigen seien alle so: schwerlich würde sich jemand auf den Handel einlassen.

      Abbildungen, Wortbeschreibung, Maß, Zahl und Zeichen stellen noch immer kein Phänomen dar. Darum bloß konnte sich die Newtonische Lehre so lange halten, dass der Irrtum in dem Quartbande der lateinischen Übersetzung für ein paar Jahrhunderte einbalsamiert war.

      Man muss sein Glaubensbekenntnis von Zeit zu Zeit wiederholen, aussprechen, was man billigt, was man verdammt; der Gegenteil lässt‘s ja auch nicht daran fehlen.

      In der jetzigen Zeit soll niemand schweigen oder nachgeben; man muss reden und sich rühren, nicht um zu überwinden, sondern sich auf seinem Posten zu erhalten; ob bei der Majorität oder Minorität, ist ganz gleichgültig.

      Was die Franzosen tournure nennen, ist eine zur Anmut gemilderte Anmaßung. Man sieht daraus, dass die Deutschen keine tournure haben können: ihre Anmaßung ist hart und herb, ihre Anmut mild und demütig; das eine schließt das andere aus und sind nicht zu verbinden.

      Einen Regenbogen, der eine Viertelstunde steht, sieht man nicht mehr an.

      Es begegnete und geschieht mir noch, dass ein Werk bildender Kunst mir beim ersten Anblick missfällt, weil ich ihm nicht gewachsen bin; ahnd ich aber ein Verdienst daran, so such ich ihm beizukommen, und dann fehlt es nicht an den erfreulichsten Entdeckungen: an den Dingen werd ich neue Eigenschaften und an mir neue Fähigkeiten gewahr.

      Der Glaube ist ein häuslich heimlich Kapital, wie es öffentliche Spar- und Hilfskassen gibt, woraus man in Tagen der Not einzelnen ihr Bedürfnis reicht; hier nimmt der Gläubige sich seine Zinsen im Stillen selbst.

      Das Leben, so gemein es aussieht, so leicht es sich mit dem Gewöhnlichen, Alltäglichen zu befriedigen scheint, hegt und pflegt doch immer gewisse höhere Forderungen im Stillen fort und sieht sich nach Mitteln um, sie zu befriedigen.

      Der eigentliche Obskurantismus ist nicht, dass man die Ausbreitung des Wahren, Klaren, Nützlichen hindert, sondern dass man das Falsche in Kurs bringt.

      VIERTEN BANDES ZWEITES HEFT (1823)

       Eigenes und Angeeignetes

      Der Irrtum ist viel leichter zu erkennen, als die Wahrheit zu finden; jener liegt auf der Oberfläche, damit lässt sich wohl fertig werden; diese ruht in der Tiefe, danach zu forschen ist nicht jedermanns Sache.

      Wir alle leben vom Vergangnen und gehen am Vergangenen zugrunde.

      Wie wir was Großes lernen sollen, flüchten wir uns gleich in unsre angeborne Armseligkeit und haben doch immer etwas gelernt.

      Den Deutschen ist nichts daran gelegen, zusammenzubleiben, aber doch, für sich zu bleiben. Jeder, sei er auch, welcher er wolle, hat so ein eignes Für-sich, das er sich nicht gern möchte nehmen lassen.

      Die empirisch-sittliche Welt besteht größtenteils nur aus bösem Willen und Neid.

      Der Aberglaube ist die Poesie des Lebens; deswegen schadet‘s dem Dichter nicht, abergläubisch zu sein.

      Mit dem Vertrauen ist es eine wunderliche Sache. Hört man nur einen: der kann sich irren oder sich betrügen; hört man viele: die sind in demselbigen Falle, und gewöhnlich findet man da die Wahrheit gar nicht heraus.

      Unreine Lebensverhältnisse soll man niemand wünschen; sie sind aber für den, der zufällig hineingerät, Prüfsteine des Charakters und des Entschiedensten, was der Mensch vermag.

      Ein beschränkter, ehrlicher Mensch sieht oft die Schelmerei der feinsten Mächler (faiseurs) durch und durch.

      Wer keine Liebe fühlt, muss schmeicheln lernen, sonst kommt er nicht aus.

      Gegen die Kritik kann man sich weder schützen noch wehren; man muss ihr zum Trutz handeln, und das lässt sie sich nach und nach gefallen.

      Die Menge kann tüchtige Menschen nicht entbehren, und die Tüchtigen sind ihnen jederzeit zur Last.

      Wer meine Fehler überträgt, ist mein Herr, und wenn‘s mein Diener wäre.

      Memoiren von oben herunter oder von unten hinauf: sie müssen sich immer begegnen.

      Wenn man von den Leuten Pflichten fordert und ihnen keine Rechte zugestehen will, muss man sie gut bezahlen.

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