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werden.«

      Der Kreole riß die Schlitzaugen auf und belferte los: »Sie wollen mich auf der Ranch abliefern?«

      »Weshalb nicht?«

      »Sind Sie wahnsinnig, Earp! Die Leute lynchen mich augenblicklich.«

      »Natürlich, das ist anzunehmen.«

      »Ist das Ihre Auffassung von Recht und Gesetz?«

      Wyatt lachte hell auf. »Du machst mir Spaß, Brother. Ich fasse dich beim offenen Rinderdiebstahl und Bahnüberfall, und du redest von Recht und Gesetz.«

      Der Mann verzog das Gesicht und schwieg.

      Wyatt fühlte wohl, daß der Bursche etwas sagen wollte und sichtlich mit sich zu Rate ging, wie er das tun konnte, ohne sich dabei noch tiefer in die Nesseln zu setzen.

      Irgendwie sah der Bursche trotz aller Verschlagenheit nicht aus wie ein Bandit. Seine Hände waren von der Lassoarbeit vernarbt, sein Gesicht hart und verwittert. Er mochte vielleicht fünfunddreißig Jahre sein und hatte gewiß sein Lebtag hart gearbeitet. Vielleicht war er noch nicht allzu lange bei diesem Mob. Das mußte Wyatt herausfinden, das, und wer der Anführer der Bande war.

      »Du bist also kein Bandit?« begann Wyatt jetzt wieder. »Dann bist du der Knecht eines Banditen. Das kommt auf das gleiche heraus, und die Männer von der Moon-Ranch werden keinen großen Unterschied zwischen dir und deinem Boß machen. Für sie bist du nichts anderes als ein gemeiner Rinderdieb und Bahnräuber!«

      Das saß. Der Kreole fuhr hoch und stieß mit der Hand den Kaffeebecher um, den Wyatt ihm hingestellt hatte. »Was bin ich? Ein Viehdieb und ein Bahnräuber?« Die Stimme des Mannes klang rauh und heiser. »Marshal, ich... ich...!«

      »Nun los, spuck es aus, Amigo! Für verstecktes Gold gibt der Händler nichts. Für wen hast du gearbeitet, Billosa?«

      Der Kreole fixierte den Marshal scharf. »Ich bin kein Verräter!«

      »Natürlich nicht. Du bist ein ordinärer Viehdieb und Bahnräuber. Das reicht aus. Es ist gut. Ich will nicht mehr wissen, für wen du arbeitest. Laß dich mit diesem Geheimnis von den Moon-Ranch-Männern aufknüpfen. Sie haben sicher einen schönen Baum oben auf ihrer Ranch. Einen Baum mit einem vorspringenden Ast, der deine Füße immer noch sechs bis sieben Yards vom Boden fernhält.«

      Wyatt lehnte sich zurück gegen seinen Sattel.

      Obgleich es im Gesicht des Kreolen heftig arbeitete, konnte er sich nicht zu dem Entschluß durchringen, zu reden.

      Wyatt fesselte ihn für die Nacht und legte sich dann nieder.

      Er wußte, daß er sich auf die Wachsamkeit seines Pferdes verlassen konnte.

      Billosa lag drüben auf der anderen Seite des Feuers und starrte in den gestirnten Nachthimmel hinein. Er hatte noch einen winzigen Hoffnungsschimmer. Sein Boß war auf der Moon-Ranch Vormann. Er würde es nicht zulassen, daß man ihn wie einen Verbrecher aufhing.

      Allerdings, dieser Wyatt Earp war ein verteufelter Bursche und vielleicht der einzige Mann überhaupt, den der Kreole kannte, der es mit seinem Boß aufnehmen konnte...

      Den ganzen folgenden Tag über führte Wyatt die Herde nach norden. Hin und wieder warf er einen kurzen, forschenden Blick auf das Gesicht des Kreolen. Da er sah, daß sich darauf die Furcht immer deutlicher abzeichnete, wußte er, daß er noch auf dem richtigen Kurs war.

      Er vermied die schroffen Felsschluchten soweit wie möglich und mußte dadurch mehrmals weite Umwege machen.

      Zwei Tage zog er mit der Herde durch die Red Hills, bis er am Abend des dritten Tages von der Felshöhe aus das weite Land der welligen Prärie tief unter sich liegen sah.

      Er streckte den Arm aus und deutete nach Nordwesten. »Da drüben irgendwo liegt die Moon-Ranch, Billosa. Von nun an sind Ihre Stunden gezählt.«

      Auf der Stirn des Kreolen stand der Schweiß. Ja, der Marshal hatte den richtigen Weg eingeschlagen, und ungefähr in der Richtung, in die er gewiesen hatte, lag auch die Ranch. Er würde unfehlbar dahinfinden. Und wenn er erst unten auf der Weide war, würden sie bald von den Cowboys gesehen werden.

      Wyatt wollte den Abstieg auf den kommenden Morgen verschieben. Deshalb richtete er in einem Felskessel ein Lager ein.

      Auch diesmal verzichtete der Kreole auf Kaffee, Brot und Fleisch. Er war völlig erschöpft, aber sein Stolz war ungebrochen.

      »Wir haben morgen in der Frühe einen schweren Abstieg und noch einen weiten Marsch vor uns, Mann. Wenn du nichts ißt, schaffst du es nicht. Du wirst vor Schwäche zusammenbrechen.«

      Der Kreole feixte.

      Wyatt wußte, was er dachte: Wenn ich zusammenbreche, bleibe ich liegen.

      Aber um dem Mann diese Illusion zu nehmen, erklärte er: »Du mußt dir darüber im klaren sein, daß ich dich auf jeden Fall mitnehmen werde. Wenn du schlappmachst, ziehe ich das Lasso unter deinen Armen durch und lasse dich von einem der Tiere vorwärtsschleppen.«

      Aber auch diese Warnung konnte den Mann nicht dazu bringen, zu essen. In düsterem Stumpfsinn blickte er vor sich hin in die knisternden Flammen. Als das Feuer erloschen war, blickte er in das Stück Nachthimmel hinein, das die Felsen oben dem Auge freigaben.

      *

      Wieder war es der unglückliche kleine Jim Hunter, der die Nachricht von dem Viehdiebstahl auf die Ranch gebracht hatte.

      Er hatte oben auf der Weide die Leiche seines Kameraden Wil Gennan gefunden. Mit durchschossener Stirn hatte der Cowboy neben dem aufgerissenen Zaun der Weide gelegen.

      Seit dem Diebstahl aber waren fast zwei Tage vergangen.

      Der Rancher war mit Hogeeter und drei anderen Cowboys unten im Hole gewesen, wo er ein neues Vorwerk aufgebaut hatte: ein kleines Blockhaus und einen engen Corral.

      Als er in den Ranchhof einritt, kam ihm der alte McIntire mit Jim Hunter entgegen.

      Die Reiter zügelten ihre Pferde.

      Hollister musterte den blonden Cowboy mit zusammengezogenen Brauen.

      »Du bringst schon wieder eine Unglücksbotschaft, Jim?«

      »Ja, Boß...«

      Als Patrick Hollister gehört hatte, was geschehen war, stieg er langsam vom Pferd, nahm seinen Hut ab und wischte sich mit dem blauweiß karierten großen Taschentuch über die Stirn. Sagen konnte er in diesem Augenblick nichts. In tiefer Verzweiflung blickte er seine Männer an, dann gab er Joe den Zügel seines Rappen und ging müde zum Hause hinüber.

      Die Männer standen schweigend beieinander.

      Etwa eine Stunde später blickte Mary zufällig oben aus dem Fenster der Schlafstube, die sie eben in Ordnung gebracht hatte, über das Land auf die Berge zu.

      Plötzlich starrte sie gebannt auf eine Staubwolke, die erst über der Weide zu schweben schien und die sich dann doch ständig vergrößerte und näherkam.

      »Vater!«

      Hollister kam in die Halle.

      »Was gibt’s?«

      »Vater! Schnell, komm rauf, bring’ das Fernglas mit!«

      Pat Hollister riß das Ausziehglas vom Bord und stürmte die Treppe hinauf.

      Das Glas holte ihm das, was sich da der Ranch vom Süden her näherte, auf Meilen heran.

      »Rinder – eine Herde!«

      Dann wandte er sich um, lief in eines der vorderen Zimmer, stieß das Fenster zum Hof auf und brüllte: »Joe! Hol dein Glas aus dem Bunkhaus und steige aufs Dach. Im Süden kommt eine Herde über die Weide!«

      »Über unsere Weide? Eine Herde?« Der Kleine schob sich den Hut in die Stirn. »Seit wann liegen wir denn am Texas-Trail?« Dann stiefelte er los und stieg auf das Bunkhausdach. »Tatsächlich, Boys!« brüllte er den Männer im Hof zu. »Eine Rinderherde!«

      Die

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