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Tor öffnete sich wieder, und ein Mann trat heraus. Er ging langsam vorwärts auf die Cowboys zu.

      Wyatt Earp. Schritt für Schritt kam er näher.

      Die Männer standen auf.

      Auch Cumberland sprang hoch. Er brüllte: »Los, pafft ihn weg, Boys! Schießt ihn von der Weide!«

      Aber niemand hob den Lauf seines Gewehres auf den Mann, der da mit eiskalter Ruhe vorwärtsschritt. Der silberne Fünfzack seiner Brust blinkte in der Morgensonne.

      Die Cowboys ließen ihn vorbei.

      Der Marshal ging auf Big Bill Cumberland zu.

      Drei Schritte vor ihm blieb er stehen.

      »Ihre Tochter sagte mir, dies sei eine Rinderland-Fehde.«

      Der Rancher erwiderte nichts, starrte ihn nur mit engen Augen an.

      »Ich sage Ihnen, daß es keine Rinderland-Fehde ist, sondern der Machtrausch eines Piraten. Setzen Sie sich auf Ihr Pferd, Bill Cumberland und reiten Sie heim. Und danken Sie Gott, daß keine Toten hier auf der Weide liegen. Bob Hunter hat sterben müssen; irgendein feiger Bandit hat den steinalten Termolen in den Rücken geschossen; Jonny Hartmann brach unter einer Kugel zusammen; und Ihr Vormann ist auch tot! Lassen Sie es genug sein, Cumberland.«

      Da trat der Rancher zwei Schritte vor und giftete den Marsahl an. »Ja, sie sind alle tot. Tot – wie Nils Cumberland, mein Sohn, der in Harrington an einem kahlen Ast baumelt!«

      Wyatt blieb gelassen. »Sie hätten besser davon geschwiegen, Cumberland. Ihr Sohn sagte bei seiner Verhaftung, daß er von Ihnen angestiftet worden sei, unseren kleinen Rindertreck zu überfallen. Und ich kenne Leute, die ihm das geglaubt haben, Cumberland.«

      Da wandte sich der Rancher langsam ab und ging hinüber zu den Büschen, wo Slim Hutkins bei den Pferden wartete.

      Ganz ohne Eile ritt die Cumberland-Mannschaft hinter ihrem Boß her über die Weide nach Süden.

      *

      Die Hartmanns atmeten auf. »Wie sollen wir Ihnen danken, Marshal –?«

      Wyatt entzog sich dem Dank durch einen schnellen Abschied. Als er durchs Tor wollte, sah er Mary mit ihrem Pferd draußen warten. Er warf ihr einen kurzen Blick zu und wollte weiter.

      Da trieb sie den Rappen zu ihm heran. »Mr. Earp«, sagte sie, während der kühle Morgenwind ihr das Haar ins Gesicht trieb.

      »Sie reiten nach Osten. Nehmen Sie mich bitte mit.«

      »Wohin?«

      »Nach Florence.«

      Wyatt sah sich nach Walker um. »Wir reiten auf die Ranch von Harry Walker.«

      »Dann komme ich mit und reite von da aus zur Stadt.«

      Wyatt zuckte die Schulter und ritt los.

      Walker und die junge Frau folgten ihm.

      Müde und zerschlagen kamen sie spät in der Nacht auf der Ranch an.

      Betreten blickte Walker auf die Frau. Wo sollte sie schlafen?

      Da befreite ihn der Marshal aus der peinlichen Situation. »Ich schlafe in der Scheune. Sie haben ja noch ein Lager drüben im Schuppen. Dann kann Miß Cumberland hier im Haus schlafen.«

      Miß Cumberland, hatte er gesagt, dachte Mary. Er verachtet mich. Er verachtet mich, weil er meinen Vater verachtet... Sie lag stundenlang wach auf Walkers hartem Lager und blickte durch die kleinen Fenster in den Hof hinaus, der im stillen Mondlicht lag und dessen Häuser gespenstig lange Schatten warfen.

      Es waren ganz krause Gedanken, die hinter der glatten Stirn der hübschen Mary Ann Cumberland auftauchten. Mehr und mehr hatte sich das Bild eines Mannes vor ihre Seele geschoben. Eines Mannes, der einen silbernen Stern auf der Brust trug.

      Aber sie wußte, daß die Wünsche, die in ihr aufwuchsen, unerfüllbar waren.

      Niemals würde der große Marshal Wyatt Earp sich nach der Tochter eines Mannes umblicken, den er einen Raubrancher genannt hatte, einen Weidepiraten...

      Erst gegen Morgen schlief sie ein.

      Als sie wieder im Sattel saß, fühlte sie sich elend und zerschlagen. Die beiden Männer ritten zum Tor.

      Da flog ein Blick Wyatts zu der Frau hinüber. Er nahm seine Zügel hoch und und meinte zu Walker: »Eigentlich müßten wir heute erst mal nach den Herefords sehen. Das wäre dringend nötig, vielleicht kann Miß Cumberland ja noch einen Tag warten, wenn sie Wert auf unsere Begleitung zur Stadt legt.«

      Mary warf den Kopf herum. Die weichen dunklen Locken flogen um ihren Hals. Ein glühender Strom schoß zu ihrem Herzen. Sie wußte plötzlich, daß er das eben ihr zuliebe gesagt hatte, weil er ihre völlige Erschöpfung bemerkt hatte.

      Sie senkte den Kopf, stieg ab, ging langsam ins Haus zurück und sank auf das Lager.

      Wyatt und der Rancher standen am Fenster und blickten ins Zimmer.

      Die Frau hatte die Augen geschlossen und schlief ein.

      Walker kratzte sich den Nacken und blickte durch das trübe, halbblinde Fensterglas. »Das also sind die Herefords gewesen, nach denen wir sehen wollten?«

      Wyatt lachte. »Ja, und nach den anderen werden wir jetzt auch sehen; es kann tatsächlich nichts schaden.«

      Es war ein stiller Tag, der über den kleinen Ranchhof zog.

      Als Wyatt Earp und Harry Walker zurückkamen, blieben sie am Tor stehen und blickten verwundert auf die Fenster des kleinen Wohnhauses. Sie standen alle weit offen und waren blank geputzt.

      Ein verlockender Duft von Eiern und Speck zog in die Nasen der hungrigen Männer.

      Es war ein stiller, zufriedener Tag.

      *

      Der Mann, der am Mittag dieses Tages vor dem Post-Office als einziger Reisender aus der Postkutsche stieg, war mittelgroß, eckig, hager und blaß.

      Er trug einen dunklen Hut, einen dunklen Anzug, eine helle graue Seidenweste, und ein blütenweißes Hemd mit grauer Schleife. Und trotz dieser eleganten Kleidung trug er einen gekreuzten Waffengurt, in dessen Hälfte ein Colt steckte. Weiteres Gepäck hatte er nicht.

      Als die Kutsche weitergerollt war, warf er einen suchenden Blick über die Giebel der Häuser. Langsam setzte er sich in Bewegung und hielt auf ein Gebäude zu, an dessen breiter Fassade in gewaltigen Buchstaben der Name ›Hotel Kansas‹ prangte.

      Der Ankömmling ging sporenklingend über den Vorbau zur Tür, öffnete sie und durchquerte die gut gepflegte Halle.

      Vorm Rezeptionstisch blieb er stehen und sah den kahlköpfigen Mann, der dahinter stand, an. »Ich bin Joe Batteran!« sagte er mit rauher Stimme.

      Der Kahlkopf zuckte zurück. »Wie... bitte?«

      »Joe Batteran! Noch nie gehört?«

      »Doch, Sir. Natürlich! Ja...« Der Alte warf James Calligan, dem Hotel-Inhaber, der eben über den dicken roten Läufer die Treppe hinunterkam, einen hilfesuchenden Blick zu.

      James Calligan kam heran und betrachtete den Fremden. »Sie wünschen?«

      »Mein Name ist Joe Batteran.«

      Der Hotel-Inhaber zuckte merklich zusammen. »Ja, richtig. Ein Zimmer ist für Sie reserviert. Mister Batteran. Tim, begleiten Sie Mister Batteran auf Zimmer sieben im ersten Stock!« Er blickte dem Fremden mit besorgter Miene nach. Das war also Joe Batteran, der Mann, der für viel Geld einen einzigen Schuß abgab. Einen Schuß auf einen Mann, den man ihm zeigte. Ein Mörder auf Bestellung.

      Calligan wußte, daß Big Bill den Mann hatte herkommen lassen.

      Und spätestens am Abend würde es die ganze Stadt wissen.

      Und James Calligan war sich nicht sicher, wie die Männer von Florence es nach der verunglückten Gerichtsverhandlung

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