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hielt er an und band den Braunen fest. Er selbst kratzte aus seinen Jackentaschen die letzten Krümel zusammen und rollte sich eine dünne Zigarette, die so scheußlich schmeckte, daß er einen Hustenanfall davon bekam.

      Unlustig kaute er auf einem Stück Dörrfleisch herum und legte sich schließlich zerschlagen zurück ins feuchte Gras.

      Der Tag kroch im Schneckentempo dahin.

      Die Stunden schienen sich zu Ewigkeiten zu dehnen.

      Endlich wurde es doch Abend.

      Borett stand auf und fixierte die Richtung zum Weidecamp. Aber er mußte noch warten. Erst als es völlig finster geworden war, machte er sich auf den Weg.

      Er hatte den Gaul zurückgelassen und watete durch die hohen Gräser vorwärts.

      Plötzlich schrak er zusammen.

      Er bekam einen Stoß vor die Brust, ein scharfer Gegenstand riß sein Gesicht auf, und er wurde zurückgeschleudert.

      Mit blutender Kinnlade lag er am Boden und starrte nach oben.

      Aber nichts rührte sich.

      Über ihm war der stille grauschwarze Nachthimmel.

      Um ihn herum stilles Weideland.

      Der Mann tastete sich vor – und dann hatte er plötzlich Stacheldraht in der Hand.

      Damned! Er richtete sich auf. Da war er doch tatsächlich in der Finsternis gegen den Weidezaun geprallt!

      Er bückte sich und kroch durch zwei Drahtzeilen hindurch.

      Der Marsch ging weiter.

      Er mußte sich die Richtung gut eingeprägt haben, denn bald sah er über die Gräser hinweg in der Ferne einen winzigen Lichtschimmer.

      Es war das Licht vom Weidecamp.

      Als Jim Borett nur noch dreißig Yards von der Blockhütte entfernt war, hielt er inne und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Der nächtliche Marsch durch das kniehohe Gras hatte ihn ausgepumpt.

      Unendlich langsam arbeitete er sich an das Blockhaus heran. Immer darauf bedacht, daß plötzlich ein Hund aufbellen und heranjagen könnte.

      Er hatte den Colt mit der Rechten umkrampft, während er jetzt auf das Haus zuschlich.

      Als er den freien Platz vor der Weidehütte erreicht hatte, atmete er erleichtert auf, huschte hinüber an die Hauswand und preßte sich leise keuchend dagegen.

      Sein Herz hämmerte zum Zerspringen.

      Dann schob er sich an das Fenster heran und blickte vorsichtig in den Raum.

      Zwei Männer saßen um einen grobbehauenen Tisch, rauchten, tranken Whisky und spielten Karten.

      Double-Poker.

      Als der eine der beiden Cowboys das frischgefüllte Whiskyglas an die Lippen setzte, schluckte der verwahrloste Mann draußen vor dem Fenster, rieb sich mit dem Jackenärmel über die Lippen und wandte sich mit einem unterdrückten Fluch ab.

      Jim Borett war kein guter Westman. Und für das, was er vorhatte, war er denkbar ungeeignet.

      Zwei Männer – und drei Pferde!

      Das hätte ihm zu denken geben müssen.

      Aber er dachte nur an eines: Ich muß ein Pferd aus dem Corral holen!

      Er wußte genau was er tat und was er riskierte.

      Wenn die Cowboys ihn erwischten, schossen sie ihn rücksichtslos nieder.

      Das wußte er.

      Aber er hatte keine Wahl. Er mußte ein Pferd haben. Ein Pferd mit guten Hufen!

      Lautlos huschte er um die Ecke, an der Längsfront des Hauses entlang auf den Corral zu.

      Das hohe Gatter zeichnete sich vor ihm tiefschwarz in den Nachthimmel ab.

      Der Mann schob sich heran und spähte durch die Bretterlücke in den Pferch.

      Damned! Wo waren die Tiere?

      Ein leises Geräusch von links ließ ihn zusammenfahren.

      Es klang wie das dumpfe metallene Aufschlagen eines Pferdehufs auf einen Baumstumpf.

      Der Mann lauschte in die Nacht. Dann schwang er sich hoch und setzte über das Gatter.

      Da drüben links in der Ecke standen die Tiere.

      Borett ging auf sie zu.

      Da stoben sie auseinander.

      Der Mann folgte ihnen.

      Bis er einen hochbeinigen Gaul in die Enge getrieben hatte. Es war ein stummer, verbissener Kampf gewesen.

      Jeden Augenblick hatte Borett damit gerechnet, daß die Unruhe der Tiere die Cowboys herauslocken könnte.

      Aber jetzt war es wieder still im Corral.

      Jim band sofort einen festen Lederriemen an das Halfter des Tieres und band ihn um einen Gatterpfahl.

      Dann tastete er die Hufe des Pferdes ab.

      Sie waren gut, fast neu.

      Der nächtliche Pferdedieb frohlockte im geheimen. Er führte das Tier ans Gattertor, griff hindurch und schob den Riegel hoch.

      Borett griff nach dem Holz und hielt es fest. Mit angehaltenem Atem horchte er zum Haus hinüber.

      Aber es blieb alles still.

      Da öffnete der Dieb das Gatter weiter und führte das Pferd hinaus.

      In diesem Augenblick hörte er Schritte vor dem Haus.

      Borett blieb steif vor Schreck neben dem Tier stehen. Obgleich er damit gerechnet hatte, war er jetzt doch wie gelähmt vor Angst.

      Die Haustür wurde geöffnet, und der dritte Weidereiter betrat den Baum.

      Borett wischte sich mit dem Ellbogen den Schweiß von der Stirn. Damned! Der dritte Mann! Drei Pferde, drei Männer. Das hätte er sich doch denken können.

      Es geschah nichts. Der Mann hatte also keinen Argwohn geschöpft.

      So behutsam wie möglich führte der Pferdedieb das Tier vom Haus weg. Dann, als er glaubte, außer Hörweite zu sein, schwang er sich auf den sattellosen Rücken des Pferdes, hielt sich in der dichten Mähne fest und sprengte davon. Wie ein Wirbelwind verschwand er in der Nacht.

      Am liebsten hätte der Dieb einen Jubelschrei ausgestoßen.

      Aber er kam gar nicht mehr dazu. Durch den Pferdeleib ging plötzlich ein gewaltiger Ruck, und der Reiter wurde in hohem Bogen ins nasse Gras geschleudert.

      Benommen richtete er sich auf.

      Der Zaun! schoß es ihm durch den Kopf. Das Tier ist gegen die Drahtzeilen gerannt!

      Er sah sich um. Wo war das Pferd?

      Dumpfer Hufschlag drang an sein Ohr, verklang in der Ferne. Der Gaul lief zum Corral zurück.

      Sein Schädel dröhnte von dem Sturz, die rechte Schulter und das Genick schmerzten scheußlich. In ohnmächtiger Verzweiflung blickte er zu dem winzigen Licht des Weidecamps hinüber.

      Leise rauschte der Nachtwind durch die feuchten Gräser.

      Minutenlang stand der Mann unschlüssig am Zaun und spannte die Finger um den kühlen Draht.

      Was sollte er tun? Er mußte ein Pferd haben! Koste es, was es wolle. Wohl oder übel mußte er sich noch einmal in die Höhle des Löwen wagen.

      Als er sich dem Haus wieder auf zwanzig Yards genähert hatte, hielt er inne und lauschte.

      Alles war still.

      Der Mann duckte sich tief am Boden hin und huschte wieder über den freien Platz auf die Fensterwand des Blockhauses zu.

      Wieder schob er sich an das Glas heran und warf einen vorsichtigen

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