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durch das Spektiv. „Hafenbeamte. Mit denen müssen wir sehr diplomatisch umgehen. Algier ist ausgezeichnet befestigt. Seit die Araber die Spanier von den Inseln vertrieben haben, hat es des öfteren Kämpfe um die Stadt gegeben, sie ist jedoch nie gefallen. Aber abgesehen davon könnten wir uns sowieso kein Gefecht leisten.“

      „Die Frage ist, ob die Burschen englisch verstehen“, sagte Big Old Shane. Er fuhr sich mit der Hand durch das graue Vollbartgestrüpp. „Spanisch dürfen wir ja nicht reden, sonst verraten wir uns. Und arabisch kann keiner von uns, wenn mich nicht alles täuscht.“

      „Stimmt“, erwiderte Hasard. „Wir werden uns schon irgendwie mit ihnen zusammenraufen. Mit den Indianern in der Neuen Welt haben wir uns auch verständigt.“

      Die Männer vertrauten auf das Geschick ihres Kapitäns, aber die Skepsis wich nicht aus ihren Mienen. Die Schaluppe glitt näher. Hasard ließ anluven und gab Befehl, die Segel aufzugeien. Die beiden Schiffe schoben sich nebeneinander. Die Schaluppe drückte mit Korkfendern gegen die Backbordwand der „Isabella“.

      Hasards Augen entging nicht, daß die Mannschaft der Schaluppe mit Pistolen und Musketen bewaffnet war. Die Leute dort unten standen praktisch Gewehr bei Fuß, während ihre Delegierten über die Jakobsleiter an Bord der Karavelle enterten. Hasard wußte die Geste zu bewerten. Er war auf der Hut. Man pflegte in Algier nicht zu scherzen und nicht lange zu fackeln.

      Drei Männer stiegen an Bord. Es handelte sich um zwei recht beleibte Männer und einen größeren, drahtigen Kerl mit sorgsam gezwirbeltem schwarzen Schnäuzer. Sie trugen aufwendige orientalische Tracht mit roten Tüchern um die Hüften und Ziersäbeln darin.

      Hasard ließ sie auf das Achterdeck dirigieren, dann schüttelte er ihnen lächelnd die Hände.

      „Willkommen an Bord meines Schiffes“, sagte er. „Wir kommen aus Dublin in Irland. Ich bin Kapitän Philip Drummond. Ich segle auf eigene Rechnung und Gefahr und würde bei Ihnen gern Waren für mein Land kaufen.“

      Der schlanke Araber verneigte sich mit vor der Brust gekreuzten Händen. Er lächelte auch, dann äußerte er etwas in seiner Sprache und gab gestenreich zu verstehen, daß er nichts begriffen hatte. Die beiden Beleibten begannen nun auch zu palavern. Einer rang die Hände und sprudelte Worte hervor, als ginge es um sein Leben.

      So ging das eine Weile hin und her. Hasard fiel ein, daß er ja zumindest einen Anhaltspunkt hatte und diesen wahrscheinlich ohne Gefahr nennen durfte. In Cadiz hatte er sich auch an das Handelskontor von Romeronde Zumarraga gewandt, ohne lange zu zaudern.

      „Ishak Azem“, sagte er.

      Die beiden Beleibten verstummten. Der hagere Mann hob den Kopf, zog die Augenbrauen hoch und blickte Hasard erstaunt an.

      „Ishak Azem“, wiederholte Hasard. „Handel. Waren. Gute Geschäfte.“ Er schlug sich mit der rechten Hand vor die Brust und rieb dann Zeigefinger und Daumen der Linken gegeneinander, eine Geste, die auch hier verstanden wurde.

      Der Hagere mit dem Schnäuzer, der in dem Trio offenbar das Sagen hatte, beherrschte plötzlich ein paar Brocken englisch und schien keine Schwierigkeiten mehr zu sehen. Alle Tore standen offen, es existierten keine Probleme mehr auf dieser Welt. „Azem. Guter Mann. Ich Azem sagen, Kapitän Drummond hier.“

      Er unterstrich das Gesagte durch allerlei feierliche Gebärden. Somit hätten die Formalitäten eigentlich erledigt sein müssen. Der maurische Kaufmann Ishak Azem schien in Algier ziemlich viel Einfluß zu haben und eine bedeutende Persönlichkeit zu sein. Jedenfalls zerflossen die Hafenbeamten plötzlich förmlich vor Höflichkeit.

      Dennoch. Sie rührten sich nicht vom Fleck. Warum verließen sie nicht das Achterdeck der „Isabella“, stiegen in ihre Schaluppe und unterrichteten Azem von der Ankunft der Iren?

      „Auf was warten die noch?“ fragte Old O‘Flynn hinter Hasards Rücken.

      „Das weiß der Henker“, gab Shane zurück.

      Hasard wechselte einen raschen Blick mit Ben Brighton. Der schmunzelte. Er hatte begriffen. Hasard wußte auch, welches Problem noch offen war und gemeistert werden wollte. Der Rest der Crew indes stand ratlos und leicht verdattert da.

      Jedes Land hat seine ureigenen Gesetze. In punkto Korruption war man ja schon von Spanien einiges gewohnt, aber je weiter die Seewölfe nach Süden segelten, desto mehr verlangten die Räder der Instanzen danach, geschmiert zu werden. Konkret bedeutete das hier: Also schön, die drei Hafenbeamten würden den ehrenwerten Kaufmann schon verständigen, aber eine Hand wusch schließlich die andere.

      Und in jeder Hand mußte immer ein bißchen was zurückbleiben, nicht wahr? Dieser Grundsatz schwebte unausgesprochen in der Luft, aber es war den Mienen der drei Algerier abzulesen, auf was sie hinauswollten. Hasard griff in die Hosentasche und holte eine kleine Perle daraus hervor. Er trug sie seit einiger Zeit lose bei sich, sie war ein schönes, erlesenes Stück.

      Hasard nahm die Perle zwischen Daumen und Zeigefinger der Rechten, hob sie hoch – und siehe da, wie durch Magie ausgelöst streckte sich auch die Hand des hageren Arabers aus. Da bedurfte es keiner Worte und umständlicher Floskeln. Die Perle vermittelte die richtige Sprache. Hasard legte sie dem Hafenbeamten in die geöffnete Handfläche. Die Hand schloß sich wie eine Muschel und fuhr recht schnell wieder zurück. Ihr Empfänger steckte sie in eine Tasche seines Gewandes, und er lächelte jetzt so breit und freundlich, wie es nur möglich war. Seine Begleiter verneigten sich dreimal und zogen sich zurück. Er verbeugte sich auch noch einmal.

      Zum Abschluß sagte er: „Azem. Jawohl.“

      Dann drehte er sich auf dem Absatz um, marschierte seinen dicklichen Landsleuten nach und verschwand mit ihnen von Bord.

      Die Seewolf-Crew stand da und blickte der zweimastigen Schaluppe nach, wie sie sich wieder von der Bordwand löste und zurück in den Hafen segelte.

      „Da laust mich doch der Affe“, sagte der alte Donegal Daniel O‘Flynn. „Für nichts und wieder nichts haben diese Kümmeltürken eine wertvolle Perle eingeheimst.“

      Hasard wandte sich zu ihm um. „Nicht so geizig sein, Donegal. Immerhin stellen sie den Kontakt mit Azem her, oder? Alles hat seinen Preis.“

      „Den Gefallen hätten sie uns auch umsonst tun können.“

      „Bist du ein Schotte?“ fragte Ferris den Alten.

      Old O‘Flynn grinste so freundlich wie ein Haifisch. „Nein, ein Ire.“

      Von Bord der Schaluppe aus wurde ihnen signalisiert, sie könnten in den Hafen einlaufen. Hasard ließ wieder Segel setzen. Wenig später glitt die „Isabella“ an eine Außenpier, die die Fortsetzung der kleinen vorgelagerten Halbinsel Amiraute bildete. Ein paar Helfer, halbnackt und barfuß, liefen von Land her auf die Pier und nahmen die Wurfleinen in Empfang, die ihnen von Al Conroy und Ferris Tucker zugeschleudert wurden. Sie holten sie über, und so rauschten die Festmachertrossen aus, klatschten ins Wasser und wurden schließlich an klotzigen Pollern belegt:

      Hasard hielt wieder nach der Schaluppe Ausschau, aber von dort aus wurden keine Signale mehr gegeben. Durch den Kieker verfolgte er, wie die drei Hafenbeamten in einem großen Gebäude verschwanden. Wie lange Zeit sie benötigten, um die Verbindung mit Azem zustande zu bringen, blieb noch dahingestellt. Der Seewolf war ungeduldig, aber er bezwang sich. Sie lagen in Algier und genossen Bewegungsfreiheit, das war vorerst schon mal viel wert. Der Rest würde sich – hoffentlich – ergeben.

      „Ben“, sagte Hasard. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie lange die Sache hier dauert. Zunächst mal soll die Crew sich austoben – in Maßen natürlich. Teile drei Gruppen von jeweils sieben beziehungsweise sechs Mann ein und lasse sie wechselweise an Land ziehen. Sie sollen aufpassen, sich anständig benehmen und ja nicht aus dem Rahmen fallen. Und die Hemden sollen sie sich auch wieder überziehen.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Eine Viertelstunde später zog die erste siebenköpfige Gruppe ab, Algier auszukundschaften. Sie bestand aus Carberry, dem jungen Dan O‘Flynn, Blacky, Matt Davies, Jeff Bowie, Bob Grey und Will Thorne. Sie konnten es kaum

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