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Butler Parker – 120 –

      Josuah Parker war der Meinung, daß Lady Simpson sich recht albern benahm. Seine Herrin, die sich schon seit etlichen Jahren unverändert als Sechzigerin bezeichnete, saß in einem Boot und stieß einen teenagerhaften Jauchzer aus, als der Holzkahn sich dem tosenden Wasserfall näherte. Sie hielt ihren Hut fest, der ein wenig an einen Südwester erinnerte, jauchzte erneut auf und verschwand dann in den Wasserschleiern.

      Butler Parker fand, daß Agatha Simpson sich ein wenig zu laut und ausgelassen benahm. Er mißbilligte das sehr.

      Er saß zu seinem Leidwesen ebenfalls in diesem Einbaum und machte einen äußerst abweisenden Eindruck. Steif, als habe er einen Stock verschluckt, drückte er seine schwarze Melone mit dem Bambusgriff seines Universal Regenschirms auf den Kopf und kniff die Augen zu. Nun war nämlich die Reihe an ihm, in die Wasserschleier einzutauchen.

      Es ging alles blitzschnell.

      Der hölzerne Kahn neigte sich vor und jagte dann über den Rand des Wasserfalls. Sekunden später war dieser Sturz in die Tiefe bereits überstanden. Die Spitze des Einbaums ließ das Wasser des kleinen Bergsees aufschäumen, glitt weiter und hielt auf den Wildwasserkanal zu, in dem die Wasserfluten zu kochen schienen.

      »Ist das nicht wunderbar?« Lady Agatha wandte sich zu ihrem Butler um und sah ihn mit funkelnden Augen begeistert an.

      »Wie Mylady meinen«, gab Josuah Parker neutral zurück.

      »Gleich wird es noch spannender werden.« Lady Simpson deutete auf den Wildwasserkanal Sie jauchzte noch ein drittes Mal begeistert auf und veranlaßte Parker dadurch nur zu einem gequälten Lächeln. Er war von Anfang an gegen diese Art von Belustigung gewesen.

      Der vollbesetzte Kahn geriet leicht ins Schwanken. Die Insassen kreischten vergnügt, schaukelten noch zusätzlich und ließen sich ohne Protest von den überschwappenden Wellen unter Wasser setzen.

      Parkers Gesicht hatte einen mißbilligenden Ausdruck angenommen, was bei ihm schon viel bedeutete. Normalerweise zeigte er kaum eine Reaktion. Selbstbeherrschung und Haltung waren Tugenden, die für Josuah Parker eine Selbstverständlichkeit darstellten.

      Seine Mißbilligung hing damit zusammen, daß eine über Bord schwappende Welle bereits sein gestärktes Vorhemd erreichte. Das Wasser netzte zu ausgiebig seine Brust.

      Eine zweite Welle landete in seinen schwarzen Schuhen und verordnete seinen Füßen ein nicht eingeplantes, gründliches Bad. Parkers Gesichtszüge entgleisten endgültig, als er von einer dritten Welle förmlich geohrfeigt wurde.

      »Wunderbar«, rief Lady Agatha Simpson ihrem Butler zu. Wie eine erfahrene Wikingerin saß sie im Holzkahn und trotzte Wind und Wellen. Hinter ihrem breiten Rücken hatte Kathy Porter Schutz gesucht und auch gefunden. Sie bekam von dem unfreiwilligen Bad kaum etwas ab.

      Der Wildwasserkanal war inzwischen auch überstanden. Die Fahrt ging weiter und näherte sich einer Stromschnelle, die weitere unangenehme Überraschungen verhieß. Parker wischte sich die Wasserperlen aus dem Gesicht und bereute seinen Entschluß, an dieser Bootsreise teilgenommen zu haben. Er hatte sich diesen Nachmittag anders vorgestellt.

      Die Stromschnelle tat ihre Pflicht überaus gründlich.

      Sie durchnäßte Parkers Hosenbeine völlig, verabreichte ihm eine zweite Ohrfeige und weichte sein Gesäß nachhaltig ein. Der Kahn erreichte einen kleinen See, beschrieb einen sanften Bogen und hielt dann vor dem langen Bootssteg.

      »Ich möchte die Strecke am liebsten noch einmal fahren«, sagte Lady Simpson, als Parker ihr auf den Bootssteg half. »Oh, Mr. Parker, Sie sind naß geworden?«

      »Ein wenig, Mylady«, erwiderte Parker gemessen und steif. »Mylady bestehen auf einem zweiten Durchgang?«

      »Unbedingt«, entschied Lady Agatha unternehmungslustig. »Aber vorher will ich mir noch die Alligatorenfarm ansehen. Nun kommen Sie schon, Mr. Parker. So etwas wird einem nicht alle Tage geboten.«

      »Wenn Mylady meine bescheidene Wenigkeit vielleicht entschuldigen wollen?«

      »Papperlapapp, Mr. Parker.« Sie sah ihn streng an. »Ich möchte auf Ihre Begleitung in keinem Fall verzichten.«

      »Mylady schmeicheln einem alten, müden und verbrauchten Mann. Ich möchte mir allerdings erlauben darauf hinzuweisen, daß meine Kleidung durchnäßt ist.«

      »Das trocknet alles wieder, Mr. Parker. Wir haben doch ein selten schönes Wetter. Nach den Alligatoren werden wir uns die Feen und Zwerge ansehen.«

      »Myladys Wünsche sind mir Befehl«, gab Josuah Parker würdevoll zurück. Er hatte sich entschlossen, das hier alles über sich ergehen zu lassen. Schlimmer als die Wildwasserfahrt konnte es ja wohl kaum noch kommen.

      Doch darin sollte Butler Parker sich gründlich getäuscht haben!

      *

      Der Mann war klein und fett.

      Er erinnerte ein wenig an einen degenerierten Buddha, wozu seine Glatze noch ein Übriges tat. Der Mann saß in einem Drehsessel und beobachtete die Bilder, die ihm die sechs Monitoren lieferten.

      Er beugte sich vor und deutete auf den dritten Kontrollfernseher. Seine Augen verengten sich, und sein Gesicht nahm einen gespannten Ausdruck an.

      »Da ist sie wieder«, sagte er und wandte sich an einen jungen, drahtigen Mann, der vor einem Kontrollpult stand. »Gehen Sie näher heran, Steve. Ja, noch näher. Natürlich, das ist sie.«

      »Sie war eben auf der Wild wasserbahn«, bestätigte der junge Mann. Er drückte auf verschiedene Knöpfe, worauf das Bild auf dem Monitor noch deutlicher wurde.

      Es zeigte eine gewisse Lady Agatha Simpson, die wie ein etwas zu füllig und zu groß geratenes Kind in einem breiten Ruderboot saß und sich die Alligatoren aus nächster Nähe anschaute. Daß sie diese Fahrt genoß, war ihr deutlich anzusehen. Sie wandte sich gerade an ihre Begleiterin und deutete auf einen besonders mächtigen Alligator, der nach dem Boot schnappte, es jedoch knapp verfehlte.

      Die junge Begleiterin der Lady schien von dem Alligator nicht viel zu halten. Sie bog sich unwillkürlich zurück und verzog angewidert ihr Gesicht.

      »Die sieht verdammt gut aus, Sir«, sagte der junge Mann, dessen Vorname Steve war.

      »Also gut, Steve. Merken Sie sich die Kleine ebenfalls vor. Sie sollen nicht leer ausgehen.«

      »Vielen Dank, Sir.« Steve griff nach einem Fotoapparat und schoß das Bild, das immer noch auf dem Monitor zu sehen war. Er machte einige Aufnahmen und griff dann nach einem Funksprechgerät, das neben dem Kontrollstand auf einem Tisch lag.

      Während er sich mit der »Außenstelle Alligator« in Verbindung setzte, beobachtete der Glatzköpfige weiter die Fernsehbilder. Der fette Mann, der etwa fünfundfünfzig Jahre alt sein mochte, suchte nach weiteren Testpersonen für seinen großangelegten Versuch.

      Ihm ging es da um eine Mischung, die gute Resultate versprach. Zum anderen mußte sie einen gewissen Unterhaltungswert darstellen. Über das geplante Experiment hinaus wollte der Fette sich auch amüsieren.

      »Was halten Sie von dem Butler der ›Alten‹?« erkundigte sich Steve. Der junge Mann drückte wieder Bedienungsknöpfe und regulierte‘ mit einem Drehknopf das Bild. Steve deutete auf den Monitor, auf dessen Bildscheibe nun der Butler zu sehen war, wie er eigentlich nur noch in nostalgischen Filmen zu genießen war. Dieser Butler trug einen schwarzen Zweireiher, eine schwarze Melone und hielt einen altväterlich gebundenen Regenschirm in der Hand. Er saß hinter der jungen Frau, die bereits notiert worden war.

      »Uninteressant«, meinte der Fette und schüttelte den Kopf. »Dieser Mann gibt nichts her, Steve. Er wird schon nach ein paar Stunden aus den Schuhen kippen und die Nerven verlieren.«

      »In Ordnung, Sir.« Steve verzichtete auf jedes Gegenargument. Er kannte seinen Chef nur zu gut. Hatte er einmal entschieden, so war die Sache erledigt.

      Der glatzköpfige Fette schüttelte unwillig den Kopf, als Steve das Bild umschalten wollte. Er beugte sich wieder vor und sah sich den Butler noch einmal genau an. Irgendwie gefiel ihm dieser so korrekt aussehende Mann nicht. Instinktiv spürte

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