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die Muskelstränge spielten.

      „Du warst längst aus dem Gefecht, als das passierte. Dein Schiff hatte der Seewolf in Brand geschossen. Du hättest diesen Burschen also auf gar keinen Fall erwischt.“

      Caligu stand wie erstarrt. Zum erstenmal sah er diesen Mann mit vollem Bewußtsein, und tausend Gedanken schossen durch seinen Kopf. Wer war dieser Kerl? Was gab ihm die Dreistigkeit, ihm, Caligu, hier vor seinen Männern solche Dinge zu sagen?

      Caligus Rechte mit dem Messer zuckte hoch, aber noch einmal beherrschte er sich.

      Caligu trat noch näher an den ihm inzwischen unheimlichen Fremden heran.

      „Wer bist du?“ fragte er, und wieder klang seine Stimme gefährlich leise. „Gehörst du zu meinen Männern? Wie kommst du hierher?“

      Der Hüne mit der gelbbraunen Haut blickte den Piraten gelassen an.

      „Ich gehöre noch nicht zu euch, doch vielleicht habe ich Lust, in deine Crew einzutreten, Caligu“, erwiderte er. „Aber erst wollte ich mich mal umsehen auf Tortuga, und was ich gesehen habe, gefällt mir ganz gut. Auch von dir habe ich schon eine Menge gehört, vielleicht bist du der richtige Mann für das, was ich zu bieten habe!“

      Caligu ließ unwillkürlich das Messer sinken, und auch Maria Juanita trat einen Schritt näher.

      „Zu bieten? Mir? Los, ’raus mit der Sprache, oder du verläßt die Grotte nicht mehr lebend!“

      Der Fremde grinste geringschätzig.

      „Du nimmst das Maul schon wieder zu voll, Caligu – paß mal auf!“

      Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er dem völlig überraschten Piraten das Entermesser entrissen und es ihm mit der Spitze an den Hals gesetzt.

      Caligu stand stocksteif, denn er wußte plötzlich, was für ein gefährlicher Bursche dieser Fremde war.

      „Bei der geringsten Bewegung stoße ich zu, Caligu“, sagte er drohend. „Mit mir kannst du nicht so umspringen wie mit deinen Kerlen, merk dir das!“

      Caligu wich alles Blut aus den dunklen Wangen, sein Gesicht nahm eine graue Farbe an. Aber nicht vor Angst – der Pirat kannte dieses Wort gar nicht, sondern vor Wut und Haß. Er wußte nur eins, daß er diese Schlappe nicht auf sich sitzen lassen durfte, oder mit seiner Herrschaft auf Tortuga war es ein für allemal vorbei.

      Und wieder bezwang er seine Wut.

      „Nimm das Messer weg“, erklärte er. „Laß uns vernünftig miteinander reden. Was hast du mir zu sagen?“

      Der Fremde blickte Caligu mißtrauisch an. Die plötzliche Nachgiebigkeit des Piraten ließ ihn stutzig werden. Aber dann überzog wieder jenes geringschätzige Grinsen sein Gesicht, für das allein schon Caligu ihn kaltblütig umgebracht hätte.

      Der Fremde nahm das Messer vom Hals des Piraten, aber er hielt es so, daß er dennoch jeden Augenblick zustoßen konnte.

      „Ich gehörte früher zur Mannschaft Siri-Tongs, der Roten Korsarin“, sagte er dann. „Ich weiß alles, was passiert ist. Damals wollte ich dich umbringen dafür, was du mit ihr getan hast, Caligu. Aber ich habe es mir anders überlegt. Es ist besser, ich schlage mich auf eure Seite, denn Siri-Tong wird früher oder später von deiner Hand sterben, ihre Tage sind gezählt. Schade, daß ich niemals jenen geheimen Schlupfwinkel kennengelernt habe, von dem die anderen Kerle der Crew häufig sprachen. Ich weiß nicht einmal, wo er liegt, es war für mich als neuen Mann an Bord unmöglich, darüber etwas in Erfahrung zu bringen. Aber ich sage dir, Caligu, dieses Weibsbild hortet dort Schätze, auch wenn es ein dunkles Geheimnis um diese Insel zu geben scheint, in deren Hafen kein normaler Sterblicher einzulaufen vermag. Sie muß mit dem Teufel im Bunde sein, denn ich hörte einen der Männer sagen, daß nur sie selbst das Ruder führt, wenn die wilden Wasser der Hölle das Schiff durch das riesige Felsentor reißen!“

      Caligu hörte dem Fremden verständnislos zu. Er wußte einfach nicht, wovon dieser Kerl dort faselte. Er kannte die Karibik und alle ihre Inseln genau, aber von einer solchen Insel hatte er noch nie etwas gehört.

      Doch der Fremde ließ ihm keine Zeit zu weiteren Überlegungen.

      „Aber nicht das war es, was ich dir berichten wollte, Caligu. Ich wüßte Beute für dich und deine Männer. Ein spanisches Schiff, mit Gold und Silber beladen, das durch die Windward Passage nach Norden segelt und in den nächsten Tagen in diesen Gewässern aufkreuzen wird. Siri-Tong wußte davon, und sie wird versuchen, es sich zu holen. Du kannst dann zwei Sachen gleichzeitig erledigen: Siri-Tong und den Spanier.“

      Caligu hatte aufmerksam zugehört.

      „Warum hast du Siri-Tong verlassen?“ fragte er, während sich seine Gedanken überschlugen.

      „Sie hat mich auspeitschen lassen, weil ich das von ihr wollte, was du dir genommen hast. Und ich habe noch Glück gehabt, normalerweise wäre ich dafür gehängt worden.“

      Caligu starrte den Fremden immer verständnisloser an. Dieser Kerl mußte ein Narr sein, ausgerechnet ihm das alles zu erzählen. Aber gerade, weil er es tat, mußte es noch einen gefährlichen Haken bei der Sache geben.

      „Und wie willst du mich jetzt daran hindern, den Spanier zu kapern und mit Siri-Tong abzurechnen?“ fragte er lauernd. „Auch ohne dich?“

      Wieder überzog das Gesicht des Fremden ein spöttisches Lachen.

      „Gar nicht, denn ich werde dir jetzt noch etwas sagen: Diesem einen Schiff werden weitere folgen. Ich kenne den Hafen, aus dem sie auslaufen und den Kurs, den sie segeln werden. Du kannst mit einem Schlage ein reicher Mann werden, aber ein Viertel der Beute gehört mir. Nur wenn du diese Bedingungen erfüllst, werde ich dir verraten, wo du die anderen Schiffe findest. Ich weiß, daß du eine Galeone und zwei Karavellen hast, dazu Mannschaften, die sich vor dem Teufel nicht fürchten. Du könntest es schaffen, jetzt kommt es allein auf dich an.“

      In Caligus Augen war bei den letzten Worten des Fremden ein begehrliches Funkeln getreten. Aber dann dachte er wieder daran, wie dieser Kerl ihn vor seinen Leuten gedemütigt hatte – nein, das schrie nach sofortiger Vergeltung. Solche Schmach konnte nur mit Blut abgewaschen werden. Beute hin – Beute her. Außerdem würde er das eine Schiff kapern. Hatte er es erst, dann würden ihm die Spanier schon ein Liedchen davon singen, von wo aus und auf welchem Kurs die anderen Schiffe segeln würden.

      Caligu hatte seinen Entschluß gefaßt. Dieser gelbhäutige Affe dort war ein Narr, und er würde für seine Frechheit büßen.

      Genau in diesem Augenblick registrierte Caligu den Blick, den ihm Maria Juanita zuwarf, und das Murren, das von seinen Männern zu ihm herüberdrang.

      Caligu handelte blitzschnell. Aus dem Stand warf er sich plötzlich mit einer wilden Drehung zur Seite, dabei schlug er gleichzeitig mit der Linken zu. Der Schlag, der den Fremden traf, noch während seine Rechte mit dem Entermesser nach vorn zuckte, war von furchtbarer Wucht, denn Caligu hatte ihn aus der Drehung seines bärenstarken Körpers abgefeuert. Es war auch nicht das erstemal, daß er mit diesem Schlag einen Gegner von den Beinen holte.

      Der Schlag fegte den Fremden zur Seite, er strauchelte, stürzte, und dabei entglitt ihm das Entermesser Caligus.

      Der Pirat warf sich mit einem federnden Sprung nach vorn, packte das Messer, riß es vom Boden hoch und stieß es dem Fremden mit einer gedankenschnellen Bewegung in den Leib.

      Der Hüne mit der gelbbraunen Haut brüllte auf, aber Caligu hatte die Klinge seines Entermessers tief in die Bohlen des Fußbodens der Grotte gerammt und seinen Gegner auf diese Weise am Boden festgenagelt.

      Der Fremde schrie, verzweifelt schnellte er die Arme hoch, die Hände griffen nach dem Entermesser, aber Caligu war schneller. Er packte das Entermesser und hielt es erbarmungslos fest.

      „So verreckt jeder, der es wagt, Caligu zu beleidigen!“ brüllte er in die Grotte. „Hat noch jemand Lust, mit mir Streit anzufangen? Er soll nur kommen, ich werde ihn auf die gleiche Weise zur Hölle schicken!“

      Die Bewegungen des

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