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und Smoky verschwanden. Sie beeilten sich höllisch, denn sie hatten gesehen, wie schlimm es um das Dorf der Araukaner und damit auch um Pete Ballie und Matt Davies stand.

      2.

      Kapitän Drake hatte seine Kammer im Achterkastell der „Golden Hind“ verlassen und stand an der Steuerbordreling. Voller Unruhe horchte er auf das Schießen, auf den Kampfeslärm, der deutlich vernehmbar bis zu ihm von der Mocha-Insel, die etwa zwanzig Meilen nördlich von Valdivia vor der chilenischen Küste lag, herüberdrang.

      Aber es war nicht allein Sorge, sondern auch Ärger. Natürlich war ihm nicht entgangen, daß der Seewolf und seine Teufelsbraten die „Golden Hind“ in geradezu bemerkenswerter Schnelligkeit und Einhelligkeit verlassen hatten, nachdem der Kutscher, der zweite Koch der „Golden Hind“, über Bord gefallen war. Obendrein befand sich auch noch Carberry, der Profos, in dem Boot, mit dem die Kerle zur Insel gepullt waren. Seitdem war diese ganze Teufelsbande verschwunden und blieb es auch.

      Drake lauschte wieder auf das heftige Schießen. Dabei spähte er unaufhörlich über die dunkle Wasserfläche, um eventuell das längst überfällige Boot zu entdecken. Wenn dem Seewolf und seinen Männern etwas passiert war, wenn die Indianer sie überfallen und möglicherweise umzingelt hatten, dann saß auch er, Francis Drake, ganz schön in der Patsche. Denn diese Teufels-Crew war durch nichts zu ersetzen.

      Zorn stieg in ihm hoch. Er dachte daran, daß er ausdrücklich jede Suche nach den beiden verschollenen Männern Hasards, nämlich Pete Ballie und Matt Davies, verboten hatte. Nicht, weil er diese beiden tapferen und hervorragenden Seeleute einfach ihrem Schicksal überlassen wollte – dergleichen lag Drake fern –, sondern weil das Risiko, das eine Suchaktion auf der Mocha-Insel mit sich brachte, einfach zu groß war.

      Und nun wurde Drake das Gefühl nicht los, daß dieser Hasard Killigrew, dieser schwarzhaarige Teufel, die ganze Mann-über-Bord-Geschichte nur inszeniert hatte, um auf diese Weise dennoch ungehindert eine solche Suche durchführen zu können.

      Drake war normalerweise ein ruhiger Mann, der eher zur Besonnenheit als zu Zornesausbrüchen neigte. Aber in diesem Moment kochte es in ihm. Es war nicht das erstemal, daß der Seewolf sich seinen Befehlen nicht nur widersetzte, sondern ihnen einfach zuwidergehandelt hatte. Allerdings immer mit dem Erfolg, daß Drake an ernstliche Bestrafung gar nicht mehr denken konnte.

      Schon einmal hatte es schwere Differenzen zwischen ihm und dem Seewolf gegeben, als nach einer blutigen Schlacht am Blackwater Batuti, der riesige Gambia-Neger, vermißt wurde und er, Drake, die Suche nach dem Verschollenen aus Sicherheitsgründen schließlich abgebrochen hatte.

      Das war sogar so weit gegangen, daß Killigrew und Captain Norris sich fast geschlagen hätten, und er – Drake – einen Kampf zwischen den beiden nur noch mit einem Machtwort hatte verhindern können. Gleichzeitig aber hatte er gespürt, daß der Seewolf im Innern gar nicht daran dachte, nachzugeben. Und verdammt noch mal, wahrhaftig hatten zwei seiner Leute trotz des Verbots diesen Batuti weiterhin gesucht und auch gefunden.

      Aber nicht nur das, Batuti hatte sogar einen Gefangenen mitgebracht und an Bord geschleift. Einen spanischen Capitan, dessen Aussage später sogar entscheidend für den glücklichen Ausgang ihres Kampfes am Blackwater und für die Vernichtung des dort angelegten Waffendepots geworden war.

      An all das – mußte Drake denken, während der Zorn über diesen neuerlichen Ungehorsam des Seewolfs und seiner Teufelsbande mehr und mehr von ihm Besitz ergriff. Stutzig wurde er nach wie vor durch den Umstand, daß diesmal sogar Carberry, der Profos, ein ihm unbedingt treu ergebener Mann, mitgespielt hatte. Das verstand Drake absolut nicht und ließ ihn unsicher werden.

      Wieder drang das Knattern von Musketen zu ihm herüber.

      Drake spürte, wie ein Kribbeln seinen Körper überlief. Natürlich konnte er diesen schwarzen Satan und seine Männer nicht dort drüben auf der Insel von den Indianern massakrieren lassen. Das aber zwang ihn zu etwas, was er hatte vermeiden wollen: Er mußte gegen die Araukaner kämpfen, statt sie in ihrem Krieg gegen die Spanier zu unterstützen!

      Dieser Gedanke war es, der bei Drake endgültig das Faß seines Zorns zum Überlaufen brachte. Er warf einen Blick zum Hauptdeck hinunter, dorthin, wo Mac Pellew, der Koch der „Golden Hind“, seine Kombüse hatte.

      Drake wußte, daß Mac Pellew stets über alles informiert war, was sich an Bord abspielte oder auch nur anbahnte. Mac Pellew gehörte zu jenen Männern, die buchstäblich das Gras wachsen hörten. Er hatte zwar gemeldet, er sei schuld daran, daß der Kutscher über Bord gefallen war, weil er ihn aufs Schanzkleid gejagt hatte, um Abfall ins Wasser zu kippen. Aber irgendwie war die Sache oberfaul.

      Sein Entschluß war gefaßt. Er würde dem alten Griesgram noch einmal auf den Zahn fühlen. Und zwar gehörig, danach würde er wahrscheinlich wissen, was sich an Bord seines Schiffes abgespielt und sogar ein Mann wie Carberry sich gegen seine ausdrückliche Order aufgelehnt hatte.

      Drake verließ das Achterkastell. Er registrierte, daß einige Männer der Besatzung an der Steuerbordreling standen, zur nahen Mocha-Insel hinüberstarrten und auf den immer wieder anschwellenden Kampfeslärm horchten. Unter ihnen gewahrte er auch den Bordgeistlichen, Francis Fletcher, der auf ein paar Leute einredete.

      Drake zögerte einen Moment. Er traute diesem Fletcher nicht. Er wußte, daß dieser Bursche gegen ihn intrigierte, wo immer es ging. Und Drake war dagegen auch so gut wie machtlos, denn ohne ganz schwerwiegenden Grund konnte er es nicht wagen, Hand an den Bordgeistlichen der „Golden Hind“ zu legen.

      Drake wußte, daß er seit der Hinrichtung Sir Thomas Doughtys in Port St. Julian in Fletcher einen unversöhnlichen Feind hatte. Es war bereits zu mehreren Zusammenstößen zwischen ihm und dem Geistlichen gekommen, die um so gefährlicher waren, weil Fletcher nie mit offenem Visier kämpfte, sondern wahrscheinlich Berichte verfaßte, die er nach der Rückkehr der „Golden Hind“ in England gegen ihn, den Kapitän dieses Schiffes, verwenden würde.

      Der Seewolf hatte Drake schon mehrfach vor Fletcher gewarnt, mehr noch – die Männer Hasards bewachten diesen Mann, belauerten ihn förmlich, um seine Aktivitäten schon möglichst im Keim zu erstikken. Keine leichte Aufgabe bei diesem aalglatten Kerl, der sich ständig hinter seinen Bibelsprüchen und seiner Frömmelei verschanzte!

      Das brachte Drake wieder zu seinem eigentlichen Problem. Denn Hasards Männer waren von Bord, drüben auf der Mocha-Insel! Entschlossen setzte er seinen Weg fort, nicht, ohne mit einem zufriedenen Blick aus Fletchers Augen bedacht zu werden.

      Drake stieß die Tür zur Kombüse auf. Und richtig, wie er vermutet hatte, war auch Mac Pellew noch wach. Er starrte Drake an, und sein Gesicht wurde noch um einige Grade mißmutiger als sonst. Er liebte derartige Besuche in seinem Reich gar nicht. Erst recht nicht, wenn sie Schwierigkeiten versprachen.

      „Kapitän?“ Unüberhörbar lag in diesem Wort, das Frage und Feststellung zugleich war, die ganze Mißbilligung des Kochs über die unerwartete Störung.

      Unerwartete Störung?

      Drake mußte unwillkürlich lächeln. Nein, unerwartet kam Mac Pellew sein später Besuch bestimmt nicht. Aber es gehörte zu den Eigenschaften des Kochs, daß er meisterhaft zu schauspielern verstand. Denn dieser hagere, wie ausgemergelt wirkende und dennoch knallharte Bursche war auf seine Weise ein mindestens so schwieriger Fall wie der Seewolf.

      „Mr. Pellew“, sagte Drake, und sofort begann der Koch, Löcher in die Kombüse zu starren. „Mr. Pellew, ich will von Ihnen wissen, was wirklich mit dem Kutscher passiert ist. Der Mann hat also beim Überbordwerfen von Abfällen die Balance verloren und ist ins Wasser gestürzt. Um ihn zu retten, verschwand Mr. Killigrew mitsamt seiner ganzen Crew. Außerdem noch Carberry. Bis jetzt ist keiner der Männer wieder aufgetaucht, aber statt dessen ist da drüben auf der Insel der Teufel los. Mr. Pellew, wenn Sie mir etwas dazu zu sagen haben, dann ist es Ihre Pflicht, alles, aber auch alles zu sagen. Es geht um das Leben von Mr. Killigrew und seinen Männern. Es geht aber außerdem um die ‚Golden Hind‘. Sie wissen so gut wie ich, daß ich Mr. Killigrew und seine Männer nicht entbehren kann, auf keinen Fall.“

      Mac Pellew stand

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