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man auf der Schloßterrasse in Liegestühlen und ließ sich von der Sonne bescheinen, die schon ganz nett brannte. Die Vöglein sangen, die Bienen summten, und von den Insthäusern her klang Harmonikamusik und Gesang.

      Im Schloß lauschte man gern diesen sehnsüchtigen und wehmütigen Weisen und auch der Harmonikamusik, gab sich also auch heute mit Genuß dem ländlichen Konzert hin.

      Nur die Dörth hörte nichts von all der Liebe und all dem Leid, das da so wehmütig besungen wurde – sie schlief.

      Wie sie so dalag, langgestreckt, die Hände hinterm Kopf gefaltet, um den Mund ein Lächeln von sinnverwirrender Süße, erschien sie so sanft und fromm, als könnte sie gar kein Wässerchen trüben.

      »Nun seht euch das mal an«, zeigte der Schwiegervater mit unterdrücktem Lachen zu der holden Schläferin hin. »Ein Kind, kein Engel ist so rein. Und in Wirklichkeit steckt ihr ein Teufelchen im Nacken. Wollen es mal gleich ausprobieren.«

      Damit griff seine Hand hinüber, hielt das feine Näschen zu, der Mund tat sich auf, zwei Reihen prächtiger Zähne bloßlegend – und dann öffneten sich die Augen, strahlend blau, wie der lachende Frühlingshimmel über ihnen.

      »Heda, du Murmeltierchen, zum Schlafen ist die Nacht da!« neckte der Schwiegervater, und schon war das Töchterlein munter.

      »Also, das ist ein tückischer Überfall, Papa! Na warte, zu gegebener Zeit werde ich mich schon rächen.«

      Dabei lachte sie alle der Reihe nach an, dehnte die Glieder wie ein schnurrendes Kätzchen, lauschte dann der Musik, die Weise dabei mitsummend.

      Und in dieses Idyll platzte Balduin mit einem Eilbrief hinein, den er der Gräfin Linda überreichte. Diese las mal erst den Absender, bevor sie den Umschlag öffnete, überflog dann das Schreiben und sagte nicht gerade erfreut:

      »Freda fragt an, ob sie mit ihrer Tochter den Sommer hier verleben könnte.«

      »Freda, wer ist denn das?« fragte der Gatte dazwischen. »Kenne ich die denn überhaupt?«

      »Ich glaube schon. Sie ist eine Base zweiten Grades von mir, die gegen den Willen ihrer Eltern, überhaupt der ganzen Sippe, einen Bildhauer heiratete.«

      »Ach, die ist das…«, dehnte er. »Die saß doch auf einem gar hohen Roß. Ist sie etwa von dem heruntergepurzelt und besinnt sich nach mehr als zwanzig Jahren ihrer Verwandten?«

      »Ihr Mann ist tot.«

      »Und hinterließ eine Menge Schulden, wie das so üblich ist…«

      »Ganz recht.«

      »Hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Und was nun? Sollen wir die Schulden bezahlen?«

      »Das nicht gerade. Sie bittet nur um einige Wochen Aufnahme, weil ihre Tochter leidend ist. Der Arzt verschreibt ihr Landluft und gute Kost, doch sie haben gerade nur so viel Geld, um schlecht und recht davon leben zu können, also zum Kuraufenthalt reicht es nicht.«

      »Die alte Geschichte«, brummte Bertram. »Das kommt davon, wenn man auf blauen Dunst hin heiratet. Diese Dummheit sollen dann andere mitbüßen. Laß die es tun, die näher mit ihr verwandt sind, basta!«

      Darauf schwieg Linda, weil sie wußte, daß jetzt mit dem Gatten nicht zu reden war. Erst mußte sein gutes Herz über den Unmut siegen, was dann auch bald geschah.

      »Meinetwegen laß sie kommen. Man ist ja schließlich kein Unmensch.«

      »Nein, das bist du wirklich nicht«, entgegnete sie lachend. »Du zeigst das nur nicht immer gern.«

      So kam es denn, daß die beiden Damen schon einige Tage später ihren Einzug hielten. Die Mutter vergrämt, die Tochter krank – wahrscheinlich todkrank. Ein Persönchen von solcher Zartheit, daß man fürchtete, es mit dem Atem wegzupusten.

      »Du liebes bißchen«, sagte der Senior kläglich, als die Gäste sich zurückgezogen hatten. »Vor so was Ätherischem habe ich Angst. Wenn uns das man nicht hier unter den Händen wegstirbt. Mir liegt nämlich noch das Begräbnis von Eulachen in den Knochen. Wollen mal sehen, was unser guter alter Hausdoktor sagt.«

      Nun, der zuckte bedenklich die Achseln.

      »Herzkrank, und zwar gefährlich. Wahrscheinlich von Geburt an damit belastet. Gute Pflege, keine Aufregung, am besten Sanatorium.«

      Doch davon wollte die Leidende nichts wissen, weil sie sich in Rautenau so wohl fühlte, wie noch nie in ihrem Leben zuvor. Und vor allen Dingen, weil das bedauernswerte Menschenkind eine spontane Liebe zu dem jungen Schloßherrn packte.

      Und damit begann eine harte Probe für die selbst so verwöhnte Doro. Denn alles im Haus drehte sich jetzt um Sitta, die mit dem Egoismus der Kranken das für selbstverständlich hielt. Auf ihre Wünsche hatte man zu achten. Tat man es nicht, regte sie sich so sehr auf, daß ein Herzanfall unausbleiblich war.

      Am glücklichsten fühlte sie sich, wenn Edzard neben ihr saß und ihre Hand hielt. Und weil das nicht immer anging, da er ja seine Beschäftigung hatte, gab es jedesmal Tränen bei der eigensinnigen Kranken, sobald er sich entfernte. So auch heute.

      »Liebling, du mußt doch vernünftig sein«, redete die geplagte Mutter ihr gütlich zu. »Edzard ist doch Landwirt, hat also immer viel zu tun. Außerdem muß er sich doch seiner jungen Frau widmen!«

      »Das geht mich nichts an – ich hasse sie…«

      Punktum –! hätte man darunter setzen können.

      Und Doro, wie verhielt die sich? Wie gewöhnlich schweigend bei solchen gehässigen Überfällen. Was sie sich dabei dachte, konnte kein Mensch ergründen. Nicht einmal die Eltern, die ihr Kind doch so gut zu kennen glaubten.

      »Uti, da sehe ich schwarz«, knurrte Georg, als er und die Gattin nach so einem »Affentheater«, wie er es verbissen zu bezeichnen pflegte, von Rautenau nach Hause fuhren. »So an die Wand gedrückt zu werden, verträgt keine Frau – und mag sie doch noch so vernünftig sein. Am besten ist, du fährst mit unserer Dörth in ein Bad, bis die hysterische Person tot ist oder in ein Sanatorium kommt.«

      »Um Gottes willen, Mann, wie kannst du ersteres überhaupt aussprechen!« wehrte sie erschrocken. »Du versündigst dich ja.«

      »Ach was…«, brummte er verlegen. »Mir steht mein Kind eben näher. Und das leidet unter dem allen, da kannst du mir sagen, was du willst.«

      Und: »Ich habe das Theater jetzt satt«, knurrte Bertram, als sein Sohn mit Sitta am Arm in den Park gegangen war. »Wie ein Liebespaar muten sie an, die dort so selbstvergessen dahinwandeln. Der Junge wird sich doch nicht etwa in das kranke Mädchen verliebt haben? Soll schon alles vorgekommen sein.«

      »Aber nicht bei unserm Jungen«, wehrte die Mutter entschieden ab. »Der will weiter nichts, als dem todkranken Mädchen seine letzte Erdenzeit verschönern.«

      »So – und seine Frau?«

      »Die muß vernünftig sein.«

      »Und wenn sie das nicht ist?«

      »Bertram, so quäle mich doch nicht so entsetzlich!« Sie preßte nervös die Fingerspitzen gegen die Schläfen. »Ich mache mir schon Vorwürfe genug, Sitta und ihre Mutter aufgenommen zu haben. Wie hätte ich auch ahnen können, was sich daraus ergeben würde. Könnte ich nur alles ungeschehen machen.«

      Ihre Stimme brach, und das konnte der Mann, der seine Frau nach dreißigjähriger Ehe fast noch mehr liebte als am ersten Tag, durchaus nicht vertragen. Er nahm sie in die Arme, küßte die Tränen aus den Augen und brummte:

      »Es fehlt gerade noch, daß du weinst, du Liebste und Beste aller Frauen. Dein gutes Herz ging mit dir durch. Dein einziger Fehler, den ich von jeher beanstanden mußte.«

      Verlegen werdend, ließ er seine treue Ehehälfte aus den Armen, weil Doro auf die Terrasse trat. Ein flüchtiges Lächeln huschte um den Mund der jungen Frau. Doch sie sagte nichts, ließ sich in einen Korbsessel sinken und schlug mit der Reitgerte gegen die Stiefelchen.

      »Schon

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