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aus, daß man ihnen das nicht abnahm, doch das kümmerte sie nicht weiter. Ja, sie wollten sogar, daß man sich mit ihnen beschäftigte. Und daß dies bereits der Fall war, zeigte die Tatsache, daß sie beschattet wurden.

      Nach ihrer Ankunft im Wagen in Edenes hatten sie Kaffee getrunken und erkundeten nun die nähere Umgebung. Es ergab sich fast wie zufällig, daß sie sich, wenn auch auf Umwegen, dem kleinen Bergsee näherten.

      Kathy Porter, die Gesellschafterin und Sekretärin der Lady Simpson, war um die achtundzwanzig, etwas über mittelgroß und schlank. Sie hatte braunes Haar mit einem leichten Rotstich und ein exotisch geschnittenes Gesicht, was mit ihren betonten Wangenknochen zusammenhing. Sie war eine attraktive Erscheinung, schien davon aber nichts zu wissen. Kathy Porter machte einen zurückhaltenden, manchmal sogar etwas scheuen Eindruck, doch sie konnte sich in eine wilde Pantherkatze verwandeln, wenn man sie angriff. Dann zeigte sie in Sekundenschnelle, daß sie sich in den fernöstlichen Künsten der Selbstverteidigung auskannte.

      Mike Rander und Kathy Porter waren eng miteinander befreundet, und Lady Simpson tat alles, um aus ihnen ein Paar zu machen. Sie wartete ungeduldig darauf, endlich die Hochzeit ausrichten zu können. Deshalb sorgte sie immer wieder dafür, daß Mike Rander und Kathy Porter möglichst oft zusammen waren. Sie hoffte, dadurch die anvisierte Hochzeit schneller zu erreichen.

      Aus diesem Grund hatte sie auch Kathy Porter und Mike Rander vorausgeschickt. Sie sollten sich in der Nähe des bewußten Bergsees einlogieren und Informationen über den Berggeist sammeln. Josuah Parker war mit solcher Arbeitsteilung durchaus einverstanden. Doch ihm ging es überhaupt nicht um den Berggeist, sondern er wollte seine Herrin mit schroffer Bergwelt konfrontieren und sie so dazu bringen, auf die Erstürmung eines Achttausenders zu verzichten.

      »Wollen wir uns diesen Rotschopf kaufen, Mike?« fragte Kathy Porter. Sie befanden sich auf einem schmalen, abschüssigen Weg, der zum Seeufer hinunterführte.

      »Werden wir uns damit nicht verraten, Kathy? Man hält uns vorerst noch für ein Liebespaar, das im Tal ungestört turteln möchte.«

      »Können wir die Tarnung lange durchhalten, Mike?«

      »Stimmt auch wieder.« Rander nickte. »Okay, schnappen wir uns den kleinen Fuchs. Dort hinten kommt ein Knick, sieht gut für unsere Zwecke aus.«

      Sie brauchten sich nicht besonders zu verständigen, schlenderten weiter, als seien sie völlig ahnungslos, erreichten den Wegeknick und verschwanden dann links und rechts im Unterholz. Es dauerte nicht lange, bis schnelle Schritte zu hören waren. Der schmale, kleine Mann, dessen Gesicht tatsächlich einen fuchsähnlichen Zuschnitt besaß, kam um den Knick und suchte optischen Anschluß an die beiden Touristen, die er ganz eindeutig verfolgte.

      »Hallo, Mann«, rief Mike Rander und trat aus seinem Versteck hervor. Der etwa Fünfundzwanzigjährige fuhr herum und wollte die Flucht ergreifen.

      Er kam nicht weit.

      Kathy Porter, unhörbar aus ihrem Versteck gekommen, stellte ihm geschickt ein Bein, worauf der junge Mann das Gleichgewicht verlor und fiel. Er sprang aber sofort wieder auf und hatte plötzlich ein Springmesser in der linken Hand.

      Mike Rander trat mit dem rechten Fuß zu und beförderte diese Waffe in hohem Bogen ins nahe Gesträuch.

      *

      »Sie hatten Glück, Mylady, daß der Gebirgshof noch frei war«, sagte Paul Karoly, während er den Landrover geschickt die kurvenreiche Strecke durch den Wald lenkte, »normalerweise sind die Ferienhäuser stets besetzt.«

      »Sie beschäftigen sich, wenn man höflich fragen darf, mit dem Fremdenverkehr?« wollte Parker vom Rücksitz des Wagens aus wissen.

      »Ich habe das Sporthotel auf der anderen Seeseite«, erwiderte Karoly, »und im Lauf der Zeit sind noch einige ehemalige Bauernhäuser dazugekommen.«

      »Von Ihrem Hotel aus wurden sicher die bereits erwähnten Tauchunternehmen gestartet, Sir?«

      »Das ist richtig, Mr. Parker«, bestätigte Karoly, »und vier davon endeten tragisch. Es gab aber noch mehrere Versuche, an den Goldschatz heranzukommen. Gefunden wurde nie etwas. Ineinander verkeilte Baumstämme über dem Grund versperren den Zugang zum eigentlichen Grund.«

      »Konnte man die Stämme nicht mittels einiger Sprengladungen aus dem Weg räumen?« lautete Parkers nächste Frage.

      »Das wurde einige Male versucht, aber es klappt nicht. Und dann traten ja immer wieder die seltsamen Störungen auf. Sie werden davon gehört haben, denke ich.«

      »Nichts habe ich gehört«, ließ die Detektivin sich vernehmen.

      »Es könnte sich dabei immer um ganz normale technische Störungen gehandelt haben«, erwiderte Paul Karoly, »aber ich glaube, daß es so nicht war, Mylady.«

      »Sie denken an den ulkigen Berggeist?« Spott war in der Stimme der älteren Dame.

      »An den Berggeist, Mylady.« Karoly nickte ernst. »Einmal versagten die Sauerstoffventile, dann wieder trieb ein Bergungsfloß ab, dann verschwanden Taucherkleidungen, und dann wieder war das Seewasser undurchsichtig wie Milch. Eine normale Erklärung dafür kann ich nicht anbieten.«

      »Man hat den Leuten einen Streich gespielt«, vermutete die ältere Dame und lächelte mokant, »mit einer Lady Simpson wird man sich das nicht erlauben. Ist es nicht so, Mr. Parker?«

      »Falls es einen Berggeist geben sollte, müßte er Mylady bereits jetzt fürchten«, antwortete der Butler in seiner stets höflichen Art, »in diesem Zusammenhang wären, wenn es erlaubt ist, zwei Fragen möglich.«

      »Richtig«, schnappte Lady Agatha sofort zu, obwohl sie überhaupt keine Ahnung hatte, wie die Fragen lauteten.

      »Könnte der bewußte Goldschatz nicht längst schon geborgen worden sein?« stellte Parker die erste Frage. »Und falls nicht, muß dieser Schatz sich unbedingt im Wasser befinden?«

      »Eben.« Die ältere Dame nickte nachdrücklich. »Das alles habe ich mich bereits insgeheim gefragt, Mr. Karoly.«

      »Wann sollte der Goldschatz geborgen worden sein?« Karoly sah die Lady erstaunt an. »Seit 1945 weiß man von diesen Goldbarren, seit dieser Zeit wird nach ihnen getaucht.«

      »Wer hat gesehen, daß das Gold im See versenkt wurde?« erkundigte sich Agatha Simpson streng. »Gibt es noch Augenzeugen?«

      »Einige alte Menschen, die schwören, alles gesehen zu haben«, sagte Paul Karoly, »und diese Zeugen haben nie davon gesprochen, daß die Goldbarren oben im Fels versteckt wurden.«

      »Die Zeugen können gelogen haben«, deutete die Detektivin an, »man könnte sie aber auch hinters Licht geführt haben. Ist es nicht so, Mr. Parker?«

      »In der Tat, Mylady«, entgegnete Josuah Parker, »man lenkte die Aufmerksamkeit auf den See, um den Schatz in Wirklichkeit oben im Fels zu verstecken.«

      Parker kam es einzig und allein darauf an, seine Herrin für ausgedehnte Klettertouren zu interessieren. Mit dem Hinweis auf den Zeitungsartikel und den Berggeist war es ihm gelungen, sie nach Österreich zu locken, und hier nun sollte Lady Simpson möglichst oft in die Bergwelt steigen, um im Lauf ihrer Ferientage zu erkennen, daß sie für einen Achttausender nicht geschaffen war.

      »An diese hübsche Felswand dachte ich bereits die ganze Zeit«, behauptete Lady Agatha inzwischen, »dort muß es doch eine Unmenge von Verstecke geben.«

      »Offen gesagt, an solch eine Möglichkeit hat hier bisher noch kein Mensch gedacht«, bekannte Paul Karoly und schüttelte verwundert den Kopf. Unmittelbar darauf trat er hart aufs Bremspedal, legte krachend den Rückwärtsgang ein und ließ den Landrover zurückrollen.

      Kurz danach krachten und sprangen Felsbrocken von der hohen Böschung nach unten, erreichten den schmalen Weg und blockierten ihn.

      »Der ... Der Berggeist«, stöhnte Karoly, drückte die Wagentür auf seiner Seite auf und sprang ins Freie.

      »Eine ausgemachte Frechheit«, kommentierte die ältere Dame den Zwischenfall, »es

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