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p>Franziska Gehm

      Die Vampirschwestern – Finale Randale Finale Randale

      Das ganz große Geschäft

      Es war ein milder, malerischer Nachmittag in Bindburg. Touristen, Rentner und Eltern mit Kleinkindern schlenderten durch die Innenstadt. Tauben gurrten auf dem Rathausdach und sahen auf die Menschen hinab. Beschlipste Geschäftsleute genehmigten sich einen Espresso, während sie auf dem Handy mit anderen beschlipsten Geschäftsleuten telefonierten. Straßenbahnen ruckelten und quietschten. Die Bindau floss gemächlich durch die Großstadt. Sie kannte keine Zeit und Eile.

      Für Daka aber war gerade die beste Zeit des Tages: Schulschluss! Kaum hatte es in der Gotthold-Ephraim-Lessing-Schule geklingelt, stürmte Daka zur Haupttür hinaus und hüpfte die Treppen hinunter. Am liebsten wäre sie geflogen oder geflopst. Das Klingeln nach der letzten Schulstunde verlieh ihr immer einen sagenhaften Energieschub (während das Klingeln zur ersten Schulstunde sie eher in einen Tiefschlaf versetzte).

      „Kommt ihr mit auf den Friedhof?“, fragte Helene ihre Freunde. Andere Mädchen gingen gerne ins Schwimmbad, zum Ballett oder zur Reitstunde. Helene, die beste Freundin der Vampirschwestern, ging gerne auf den Friedhof. Sie liebte die Ruhe, die uralten hohen Bäume und die Grabsteine, die manchmal ganze Lebensgeschichten erzählten.

      Ludo, der mit Helene, Silvania und Daka vor die Schule getreten war, schüttelte den Kopf. „Bin schon mit einem Geist verabredet.“

      Helene, Silvania und Daka nickten verständnisvoll. Ludo konnte in die Zukunft sehen (wenn gute Sicht war) und mit Geistern reden (wenn sie laut und deutlich sprachen).

      „Wir haben leider auch zu tun“, sagte Silvania und zog bedauernd die Schultern hoch.

      „Hausaufgaben?“, fragte Helene.

      „Nee. Kloaufgaben“, sagte Daka. „Unsere Mutter kommt mit den Aufträgen nicht mehr hinterher. Das Geschäft brummt wie flotter Otto. Wir müssen ihr helfen.“

      Elvira Tepes, die Mutter der Vampirschwestern, war stolze und erfolgreiche Besitzerin des ersten und einzigen Klobrillenladens in Bindburg. Sie gestaltete Klobrillen ganz nach den Wünschen ihrer Kunden. Kaum hatte sie den Großauftrag einer Hotelkette erledigt, war das Bindburger Krankenhaus auf die Idee gekommen, seine Toiletten umzurüsten und seine Patienten mit den kunstvollen Klobrillen von Frau Tepes zu erfreuen. Manche Ärzte versprachen sich davon sogar eine schnellere Genesung.

      „Schade. Aber verstehe, dringende Toilettengeschäfte kann man nicht aufhalten. Dann bis morgen, Azdio!“ Helene gab ihren Freundinnen eine Kopfnuss, wie es in der transsilvanischen Heimat der Vampirschwestern Brauch ist, drehte sich um und machte sich auf den Weg zum Friedhof.

      Ludo winkte den Mädchen zu, dann schlurfte er zum Geistertreffen. Silvania und Daka brachen zum Laden ihrer Mutter auf.

      Silvania trug einen Hut, der wie ein schwarzer Regenschirm aussah, und ein langes violettes Kleid mit aufgestickten Fledermäuschen. Sie glitzerten in der Sonne. Das Kleid raschelte bei jedem Schritt.

      Dakas Gesicht wurde zur Hälfte von einer schwarzen Sonnenbrille bedeckt, von deren oberem Rand links und rechts Fledermausflügel abstanden. Sie hatte den Kragen ihrer Lederjacke hochgeschlagen und die Ärmel ihres ausgewaschenen Pullis reichten ihr bis zu den Fingerspitzen mit den schwarz lackierten Nägeln.

      Silvania und Dakaria Tepes waren Halbvampire und mussten sich vor der Sonne schützen. Auch wenn es schon eine Weile her war, seit sie mit ihrem Vater, einem echten Vampir, und ihrer Mutter, einem echten Menschen, von Transsilvanien nach Bindburg gezogen waren.

      „Guck dir das an“, sagte Daka, als sie den Laden ihrer Mutter erreicht hatten. „Bald pflastert sie die ganze Innenstadt noch mit Klobrillen.“

      Vor dem Laden Die Klobrille standen Paletten voller Klobrillen. Elvira Tepes riss die Tür auf, klemmte sich unter jeden Arm zwei Klobrillen und rief: „Ah, da seid ihr ja! Wunderbar. Kommt rein, kommt rein, es gibt viel zu tun!“

      „Danke der Nachfrage. Die Schule war gut und wir haben wieder wahnsinnig viel fürs Leben gelernt“, sagte Silvania. Doch da war ihre Mutter längst wieder im Laden verschwunden.

      „Vergiss es. Sie hat nur noch Klodeckel im Kopf“, stellte Daka fest und zog ihre Schwester in den Laden.

      Kurz darauf hockten Silvania und Daka mitten im Raum auf dem Fußboden, jede eine Klobrille und jede Menge Farbtöpfchen, Pinsel, Scheren, Kleber und andere Bastelmaterialien vor sich. Silvania summte ein trauriges Liebeslied vor sich hin (die besten Liebeslieder waren traurig) und Daka einen revolutionären Punkrocksong, während sie die Klobrillen verschönerten.

      Silvania bemalte ihre Klobrille knallrot, danach klebte sie behutsam samtene Herzchen auf den Sitz und schrieb schließlich mit goldenem Glitzerstift auf den Klodeckel: Liebe geht durch den Magen!

      „… und kommt hinten wieder raus!“ Daka grinste ihre Schwester an.

      Silvania verdrehte die Augen. Das Leben mit einer sieben Minuten jüngeren Schwester war manchmal nicht leicht. Silvania musste viel Rücksicht nehmen. Darauf, dass Daka keine Ahnung von der Liebe hatte, und darauf, dass sie sich oft wie ein Vollblut- und nicht wie ein Halbvampir aufführte.

      „Meine Klobrille strahlt so viel positive Energie aus, so viel Liebe und Geborgenheit, dass die Patienten ruck, zuck gesund werden“, sagte Silvania und klebte zur Bekräftigung noch ein glitzerndes Samtherz auf den Deckel. Sie schielte auf Dakas Klobrille. „Wenn sie dagegen deine Klobrille sehen, fallen sie ins Koma oder gleich tot um.“

      Daka hatte ihre Klobrille so bemalt, dass sie wie ein riesengroßer Vampirmund aussah. An den Rand vom Klositz hatte sie zwei lange Eckzähne geklebt, die sie aus Plastikbechern gebastelt hatte. Die Unterseite vom Klodeckel war voller roter Farbspritzer, die wie Blut aussahen. „Gumox!“, schnaubte Daka. Das war Vampwanisch und hieß Quatsch. „Meine Klobrille erweckt die müden Lebensgeister der Patienten wieder. Wer sich traut, seinen Hintern auf diese Klobrille zu setzen, ist auch wieder gesund.“

      Elvira Tepes, die gerade mit dem Krankenhaus telefoniert hatte, hockte sich zwischen ihre Töchter und legte den Arm um sie. „So tolle kräftige Farben, Silvania, und diese wunderbar verschnörkelte Aufschrift. Ein richtiges Kunstwerk!“

      Silvania reckte stolz das Kinn, auf dem einer von Dakas roten Farbspritzern gelandet war.

      Frau Tepes musterte Dakas Klobrille. Sie runzelte die Stirn. „Und, Daka, das ist … äh … interessant. Etwas gewagt, aber nur wer wagt, gewinnt, nicht wahr?“

      Daka streckte Silvania die Zunge raus.

      „Ach, wenn ich euch nicht hätte!“ Elvira Tepes fuhr ihren Töchtern durch die Haare. „Und meinen Mihai natürlich. Stellt euch nur vor, er wäre nicht in Elternzeit und Franz würde hier durch den Laden wuseln! Was könnte besser sein für unseren kleinen Franz, als ganz viel Zeit mit seinem Papa zu verbringen?“

      So manches, vermutlich …

      Vampir in Elternzeit

      Mihai Tepes saß mit zehn Muttis und der Turnlehrerin Katja im Kreis in der Turnhalle. Er war der einzige Mann beim Mutter-Kind-Turnen. Und der einzige Vampir. Die Muttis hatten ihre Babys und Kleinkinder auf dem Schoß. Mihai hielt seinen Sohn Franz kopfüber an den Beinen. Franz zog seinen Papa am Schnauzbart und gluckste.

      Manche Muttis lächelten Mihai zu. Andere sahen ihn misstrauisch an und drückten ihre Kinder enger an sich.

      Mihai war nicht nur ein Vollblutvampir, sondern auch ein Vollzeitpapa. Nachdem die wunderbare Babysitterin Frau Ete Petete sie verlassen hatte, war er in Elternzeit gegangen. Er liebte seine neue Aufgabe. Er liebte seinen Sohn. Doch er liebte es nicht, den Tag zur Nacht zu machen. Franz war ein Halbvampir, der in Deutschland zur Welt gekommen war (genau genommen in einem deutschen Keller), und war deshalb eher tagaktiv als nachtaktiv. Leider, fand Mihai Tepes.

      Anfangs hatte Mihai mit Franz einige nächtliche Ausflüge in den Wald unternommen. In einer Nacht hatten sie eine Eule so sehr erschreckt, dass sie Schluckauf bekommen hatte. Franz war begeistert gewesen. Allerdings wurde er auch immer sehr

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