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fein!« jubelte Ursula und schmiegte ihre Hand noch fester in die des neuen Onkels. »Wirst du dann auch mit mir spielen?«

      »Ganz gewiß, Ursula, solange Mami es erlaubt«, versprach er.

      Beglückt nahm Brigitte wahr, auf welch nette Art Strantz das Kind für sich gewann. Daran war nichts Gekünsteltes; alles kam bei ihm vom Herzen und schien ihm selbstverständlich.

      War es nicht schon fast ein Wunder, daß dieser Mann, der sicher ganz andere Gesellschaft haben konnte, seine Zeit ausgerechnet ihr und dem Kind widmete?

      Sie schloß diese Betrachtung mit einem tiefen, hörbaren Seufzer ab, so daß Rudolf sie ein zweites Mal erstaunt betrachtete. Da sich aber im selben Augenblick ihre Augen trafen, verkniff er sich, nach dem Grund zu fragen und plauderte ungezwungen mit Ursula.

      Auch das erkannte Brigitte dankbar. So fand sie Gelegenheit, sich in die für sie immerhin ungewöhnliche Situation zu finden.

      In der Hotelhalle wurden sie vom Geschäftsführer begrüßt und an einem kleinen gedeckten Tisch geführt, der an einem bis zum Erdboden reichenden Fenster stand, von dem aus man eine wunderbare Aussicht auf die Berge hatte.

      Rudolf Strantz lud zum Niedersitzen ein.

      Eigenartige Gefühle bewegten den sonst so zurückhaltenden Mann. Vor allem empfand er Stolz, daß diese wunderschöne Frau seiner Einladung gefolgt war, und Freude über die strahlenden Augen des Kindes.

      »Und nun darfst du dir aussuchen, was dein Herz begehrt«, sagte er frohgelaunt zu Ursula und wies auf den Boy, der mit einem Tablett neben ihr stand und es vor sie auf den Tisch setzte.

      Ratlos saß das kleine Mädchen auf ihrem Stuhl, sah von dem Tablett auf den Boy und dann zu der Mutter.

      »Darf ich?«

      Brigitte nickte lächelnd.

      »Wenn der Onkel es dir erlaubt, dann lang nur zu. Und such dir das Schönste von allem aus!«

      Mit ernsthaft verlangenden Augen suchte Ursula das Tablett ab. Dann wählte sie einen nach Strantz’ Ansicht viel zu kleinen Teller.

      »Ich finde, das ist noch lange nicht das Schönste«, sagte er.

      »Das ist doch aber sooo schön, Onkel, und ich mag es gern«, gab sie zur Antwort.

      »Jeder hat einen anderen Geschmack«, warf Brigitte ein. »Die Hauptsache ist aber doch, daß es der Beschenkte für das Schönste hält.«

      »Sehr richtig, Frau Markhoff!«

      Mit leisem Klirren entfiel der Löffel Brigittes Händen. Fast entsetzt sah sie ihn an.

      »Sie – Sie kennen mich?«

      Erstaunt über ihren ängstlichen Blick erklärte er:

      »Woher sollte ich Sie wohl kennen? Ich habe lediglich Ihren Namen erfahren. Ich muß doch schließlich wissen, wer mein Gast ist.«

      Brigitte hatte den Schreck noch nicht ganz überwunden.

      »Und Sie glauben, wenn Sie den Namen wissen, dann kennen Sie den Menschen?« fragte sie in atemloser Spannung.

      »Darf ich offen, ganz offen zu Ihnen sein?« stellte er die Gegenfrage. Sein Blick hing an ihren weit geöffneten Augen. Sie nickte, und er fuhr sogleich fort: »Zuerst hat mich nur Ihre Person gefesselt, so daß Ihr Töchterchen kaum Beachtung fand. Und trotzdem war es gerade das Kind, das Sie aus der Allgemeinheit heraushebt. Selten erlebte ich ein so inniges Verhältnis zwischen Mutter und Tochter wie zwischen Ihnen und Ursula. Ich bin ein scharfer Beobachter, und was ich eben sagte, soll durchaus kein leeres Kompliment sein. Es ist einfach eine Tatsache, die ich habe feststellen dürfen. Dann erst erkundigte ich mich nach Ihrem Namen.« Scherzend fügte er hinzu: »Wenn Sie es aber wünschen, dann vergesse ich ihn sofort wieder.«

      Brigitte senkte den Blick und sah nachdenklich vor sich hin. Dabei fiel ihr Blick auf seine Hand. Sie war kräftig und wohlgeformt. Sekundenlang stieg das brennende Verlangen in ihr auf, dankbar darüber zu streichen. Sie wußte nicht, was sie mehr beglückte: seine offene, gewinnende Art oder die Bestätigung ihres Urteils, das sie sich längst über ihn gebildet hatte.

      Zugleich aber wurde ihr mit Entsetzen bewußt, wieviel Gedanken sie sich bereits um diesen Mann machte, der ihr doch eigentlich ein Fremder sein müßte und zu sein hatte.

      Plötzlich stieg es heiß in Brigittes Augen. Schnell wandte sie den Kopf, um die aufsteigenden Tränen vor ihm zu verbergen. Doch Rudolf Strantz hatte sie schon bemerkt.

      »Brigitte, sind Sie mir böse?« fragte er bestürzt.

      Er war völlig verwirrt und konnte sich nicht erklären, womit er sie gekränkt haben könnte.

      Ganz tapfer versuchte sie, diese Gemütsbewegung zu unterdrücken. Als sie ihm das Gesicht wieder zuwandte, hingen noch zwei Tränen wie Tautropfen an den dunklen Wimpern.

      »Ihre offene, ehrliche Art hat mich erschüttert!« sagte sie leise, kaum verständlich; und in jähem, leidenschaftlichem Ausbruch vollendete sie: »Ach, Sie wissen ja nicht, durch welches Meer von Lügen und Gemeinheiten ich gegangen bin!«

      »Mami, du ißt ja gar nicht«, machte Ursula sich bemerkbar und schob den leergegessenen Teller von sich.

      Verlegen wischte Brigitte mit dem Taschentuch über die Augen und beugte sich lächelnd zu dem Kind hinab.

      »Doch, mein Liebling, Mami ißt gleich alles auf«, sagte sie, und die alte Zärtlichkeit, die sie für ihr Kind empfand, schwang in ihren Worten mit.

      Rudolf Strantz war wirklich tief bewegt. Ihm war, als habe er einen tiefen Blick in die Seele dieser Frau getan. Um ihr Gelegenheit zu geben, ihr seelisches Gleichgewicht zurückzugewinnen, wandte er sich an Ursula.

      »Was hältst du davon, Kleines, wollen wir uns jetzt einmal die Wiese anschauen? Hast du deine Bälle mit?«

      Ursula riß die kleinen Augen ungläubig auf.

      »Du – du willst wirklich mit mir spielen?«

      Er nickte.

      »Warum nicht, Ursula, ich habe es dir doch versprochen!«

      Dankbar sah Brigitte hinter den beiden her. Plaudernd trippelte das Kind an der Seite des Mannes dem Ausgang zu. Sie hörte sein herzliches Lachen, mit dem er Ursulas drolliges Geplauder begleitete.

      Gedankenversunken sah sie vor sich hin. Jetzt erst wurde ihr völlig klar, wie einsam sie die ganze Zeit über gewesen war, wie es sie nach einer gleichgesinnten Seele verlang-

      te.

      War aber Rudolf Strantz wirklich der Mann, der ihre Sehnsucht stillen konnte? Aber wozu darüber nachdenken! Sie stellte keine Ansprüche mehr an das Leben. Nur mit Ursula zusammen wollte sie ein glückliches, zufriedenes Leben führen.

      Die Musik spielte weiche, einschmeichelnde Melodien. Langsam versank Brigitte ins Träumen.

      Wann war es ihr zuletzt vergönnt gewesen, eine so schöne Stunde der Beschaulichkeit zu erleben?

      Sie ließ ihre Augen in der eleganten, weiten Hotelhalle umherschweifen – und plötzlich weiteten sie sich in hellem Entsetzen.

      Die Treppe herab kam Markhoff! Er spielte lässig mit einem Schlüssel, den er dem Portier auf den Tisch warf, dann wandte er sich um und erkannte seine geschiedene Frau.

      Im gleichen Augenblick kam von der anderen Seite Strantz mit dem Kind zurück.

      Brigitte hatte das Gefühl, als würde ihr Herzschlag aussetzen. Jetzt mußte es zur Katastrophe kommen.

      Aber Markhoff sah nur höhnisch lachend zu ihr herüber. Dann ging er rasch davon.

      Mit geschlossenen Augen lehnte sich Brigitte zurück. Ihr Gesicht war leichenblaß, so daß Rudolf Strantz sich besorgt zu ihr neigte.

      »Ist Ihnen nicht gut, gnädige Frau?«

      Brigitte riß sich zusammen und versuchte zu lächeln.

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