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dozierte Jenny heiter, »hat sich noch nie ausgezahlt!«

      Sprüche, Sprüche, nichts als Sprüche. Frau Amrast wußte am besten, wie bescheiden ihre Jenny war. Auch hielt sie sich selbst gar nicht für besonders

      hübsch. Und wenn, so tat sie es auf ihre eigene, unauffällige Art.

      Jenny beobachtete ihre Mutter. Wie jung sie eigentlich noch war!

      »Mam?«

      »Ja, mein Schatz?«

      »Bist du eigentlich verliebt?«

      Frau Amrast blieben die Brötchenkrümel in der Kehle stecken. Sie mußte husten.

      »Verliebt?«

      »Ja. Spreche ich so undeutlich?«

      Noch einmal mußte Frau Amrast husten.

      »Wie kommst du denn darauf?« fragte sie danach, Fassung sammelnd.

      »Ich bin schließlich nicht blind, nicht dumm, und außerdem kenne ich dich doch ganz genau.«

      »Habe ich mich verändert?«

      Jenny schüttelte den Kopf.

      »Eigentlich nicht.«

      »Was dann?«

      »Also, ich will aufrichtig sein. Ich habe dich gesehen, und auch andere haben dich gesehen. Mit einem…«, Jenny drehte ihre Augen voll auf und legte Entrüstung hinein, »mit einem Mann!«

      »Oh!« machte Frau Amrast nur.

      Erst nach einem langen Schluck Kaffee sagte Jenny noch:

      »Unsere Stadt heißt schließlich Düsseldorf!«

      Das Frühstücksmesser klirrte, als Frau Amrast es auf den Teller legt.

      »Bist du… enttäuscht?« fragte sie leise. Sie war ganz ernstgeworden.

      »Nein!« erwiderte Jenny überrascht. »Nein, Mam, warum sollte ich denn?«

      »Weil ich seit Vaters Tod niemals…«

      »Fünfzehn Jahre«, murmelte Jenny gedankenverloren.

      »Ja, fünfzehn Jahre. Du, ich weiß auch nicht, wie es kam.«

      In Jenny sammelte sich so etwas wie ein ganz großes Verstehen.

      »Aber Mam, das ist doch nur natürlich! Das finden jedenfalls Bernd und ich.«

      Frau Amrast schluckte trocken.

      »Bernd weiß es auch schon?«

      »Ich habe es ihm gesagt, telefonisch. Ist ja schließlich keine unwichtige Angelegenheit.«

      »Aber…«

      »Was aber?«

      »Aber es hätte doch auch ein… ein Flirt sein können und nicht mehr!«

      Jenny lächelte wie eine weise Großmutter.

      »Aber doch nicht bei dir, Mam!«

      Frau Amrast blickte auf ihren Teller. Jenny hatte recht. Es war kein Flirt.

      Es war noch einmal das, was Liebe war, wirkliche Liebe. Stiller als damals mit Jennys Vater, ruhiger, aber ebenso tief.

      »Und?« fragte sie. »Was sagst du dazu, du und Bernd?«

      Rasch stand Jenny auf und ging um den Tisch herum. Sie hockte sich vor ihre Mutter und blickte sie von unten herauf an. »Wir«, sagte sie ernst und nahm Mams Hände in ihre, »wir finden das Klasse, Mam!«

      »Wirklich?«

      »Ja! Mein Wort darauf! Und auch Bernds!«

      Frau Amrast spürte, wie sich hinter ihren Augen Tränen sammelten.

      Erleichterung? Wahrscheinlich. Aber auch eine ganze Menge Glück darüber, daß es ihr gelungen war, solche Kinder aufzuziehen. Kinder mit Verstehen und Verständnis für andere, keine kleinen Egoisten.

      »Vielleicht«, stammelte sie, »vielleicht gefällt er euch gar nicht?«

      Und Jenny sagte mit der Vernünftigkeit ihrer Generation: »Das muß ja auch nicht sein, Mam, nicht unbedingt. Er muß dir gefallen! Das allein ist wichtig, sonst nichts.«

      »Aber es wäre schön, wenn er auch euch…«

      »Natürlich wäre es das, und er wird uns sicherlich auch gefallen. Nur – es ist nicht so wichtig. Wir, Mam, wir sind eines Tages ja fort, ich meine, nicht ganz, aber hier…«, sie machte eine Handbewegung, die die Wohnung umschloß, »hier raus, weißt du. Aber er ist da, bei dir. Immer!«

      Jenny sah, wie Mam tapfer versuchte, gegen einen Tränenstrom anzukämpfen. Ach, Gott, ach, Gott! Diese sentimentale Generation! Weinen, Tränen. Na gut, warum nicht?

      »Wie heißt er überhaupt?« fragte sie, um Mam von dem Kampf mit den Tränen abzulenken.

      Frau Amrast suchte nach einem Taschentuch, fand es, fuhr um ihre Nase und sah darüber ihre Tochter mit feuchten Augen an.

      »Werner«, sagte sie undeutlich.

      Jenny tippte mit dem Zeigefinger gegen Mams Kinn.

      »Als Vor- oder als Nachname?«

      »Vorname.«

      »Und weiter?«

      Jenny wunderte sich, daß Mam zögerte. Dann verstand sie es, denn Mam sagte: »Werner Freiherr von und zu Michelstein.«

      Jenny sah aus wie auf einem Bild, auf dem sie, sieben Jahre alt, vom Fotoblitz überrascht worden war.

      »Mich laust der Pavian!« stieß sie dann endlich, immer noch total perplex, hervor.

      Der Tränenkampf war siegreich beendet. Frau Amrast hatte nicht geweint.

      Jetzt lächelte sie sogar. Sie lächelte über Jennys so sichtbare Überraschung.

      »Warum?« fragte sie.

      Jetzt war es Jenny, die trocken schlucken mußte.

      »Alter Adel?« fragte sie dann.

      »Ja, kann man sagen.«

      »Mit Schloß und so?«

      »Nein, natürlich nicht.«

      »Wieso?« Jenny erhob sich, ihre Knöchel fingen an zu kribbeln. »So unnatürlich wäre das gar nicht, bei dem Namen.«

      Verwirrt blickte sie jetzt auf Mam.

      »Wie… wie müssen wir ihn denn anreden?«

      Frau Amrast wurde ganz ernst.

      »Ich wünsche mir sehr…«, sie verflocht ihre Finger ineinander, »ihr könntet wenigstens Onkel zu ihm sagen. Ich glaube, Vater wäre ein bißchen zuviel verlangt, nicht wahr?«

      Erst jetzt hatte Jenny sich von ihrer Verblüffung erholt. Sie war wirklich nicht so leicht zu verwirren, aber das hatte sie echt umgehauen. Sie war aufrichtig genug, sich das einzugestehen.

      »Warum nicht?« meinte sie jetzt. »Es kommt darauf an.«

      »Worauf?« fragte Mam schnell.

      »Darauf, wie wir uns gegenseitig gefallen, nicht wahr?«

      Frau Amrast nickte vor sich hin.

      »Er ist ein wunderbarer Mensch«, bemerkte sie leise.

      »Das möchte ich ihm auch geraten haben! Einem andern würden wir dich nämlich nicht gönnen.«

      »Danke.«

      »Ist mein Ernst!«

      »Ich weiß! Eben drum.«

      Unvermittelt kniete Jenny sich vor Mam hin.

      »Du…« Ihre warme Stimme hatte einen Hauch Heiserkeit. »Ich wünsche dir alles Glück! Das ganz große Glück wünsche ich dir! Wenn es einer verdient hat, so

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