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ist denn da los?“

      „Wenn ich das wüßte. Los, laufen wir erstmal wieder nach oben.“

      Sie waren kaum wieder auf dem Oberdeck, als Ben Brighton auftauchte. Ein ziemlich ratloser Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Das Rumoren war mit unverminderter Stärke zu vernehmen.

      „Da unten schlägt einer Rabatz“, sagte Ben. „Er steckt in der Piek, wo sich auch der Raum für die Ankertrosse befinden muß. Die Piek ist abgeschlossen, und da hab ich gedacht, bevor ich sie aufbreche ...“

      „Ist schon in Ordnung.“ Hasard schloß sich ihm an. Gemeinsam suchten sie den Bereich unter dem Vordeck auf. „Wir fragen ihn jetzt ganz höflich, was er auf dem Herzen hat“, meinte Hasard unterwegs.

      Die Vorpiek war so etwas wie der Eingang zur Hölle, ein finsteres und muffiges Loch im untersten Bugraum, in dem sich alle Gerüche sammeln, die selbst dem grimmigsten Kerl den Magen umdrehen können. Hasard selbst hatte schon Bekanntschaft mit der Vorpiek der „Marygold“ gemacht, stinkiges Bilgewasser schlucken müssen, und seine ganze aufgestaute Wut gegen Carberry, den Profos, in die Jauche gespuckt, bevor dieser ihn endlich anerkannt hatte.

      Als er vor dem hölzernen Querschott stand, das die Piek der „Valparaiso“ abschloß, konnte er sich lebhaft vorstellen, wie dem Mann dort drinnen zumute sein mochte. In dem Höllenloch war schon so mancher aufsässige Bursche weichgeklopft worden.

      Der Gefangene tobte und brüllte. Er fluchte auf spanisch und hatte Ausdrükke auf Lager, die einfach nicht versiegten und von denen „Vayase al diablo“ – „geht alle zum Teufel“ – noch einer der gelindesten war.

      „Caballero!“ rief Hasard.

      Das Stakkato von Flüchen verstummte mit einem Schlag. Hasard malte sich aus, wie der Mann dahockte – verschwitzt, schwer atmend, einen gehetzten Ausdruck auf dem Gesicht.

      „Caballero, oiga me“, sagte er laut. „Hör mir gut zu!“

      Der Gefangene rasselte mit den Ketten, an die man ihn gefesselt hatte, gab jedoch keine Antwort.

      „Wer bist du?“ fragte der Seewolf auf spanisch.

      Endlich erwiderte die zornige, grollende Stimme: „Von Hutten, Hölle und Teufel noch mal! Hier sitzt Karl von Hutten, der von den gottverdammten Spaniern, diesen räudigen Söhnen verlauster alter Hafenhuren, gefangengenommen wurde. Und wer, beim Satan, bist du?“

      „Bestimmt nicht der König von Spanien.“

      „Sondern? Der Klabautermann, wie?“

      „Du machst mir Spaß, von Hutten.“

      „In einer prunkvollen Kammer wie dieser hier verlernt man den Humor weiß Gott nicht.“

      „Wir wollen dich befreien.“

      Von Huttens Stimme dröhnte: „Dann, zum Henker, wartet nicht länger und öffnete endlich das verfluchte Schott. Ich bin ganz versessen darauf, eure Gesichter kennenzulernen und eine Nase voll frischer Luft zu genießen.“

      Hasard lächelte. „Geh in Deckung, amigo. Wir müssen das Schott aufbrechen.“ „Nicht nötig“, sagte der Mann. „Pablo, dieser dreckige Bastard, hat den Schlüssel zur Piek und für die verdammten Ketten.“

      „Pablo?“

      „Der Kerl, den ihr, wenn ich mich nicht verhört habe, vor ein paar Minuten geschnappt und aufs Oberdeck gebracht habt.“

      „Ist gut“, entgegnete der Seewolf. Er wandte sich um. Ben Brighton, Blacky, Stenmark, Batuti und Dan O’Flynn hatten sich genähert, die übrigen stießen durch den Niedergang nach. „Also“, sagte Hasard. „Ihr habt doch verstanden, oder?“

      „Aye, aye. Wir Pablo holen.“ Batuti kehrte um und lief nach oben. Ben folgte ihm auf dem Fuß. Kurz darauf kehrten sie mit dem Spanier zurück. Er war so prächtig verpackt worden, daß er nicht einmal den kleinen Finger bewegen konnte. Zwischen seinen Lippen schaute ein zum Knäuel zusammengeballter bunter Lappen hervor.

      Ben nahm ihm den Knebel ab.

      „Hör gut zu, Pablo“, sagte Hasard zu ihm. „Meine Männer könnten dich ein paarmal kräftig durchkneten und dann auf den Kopf stellen, es würden bestimmt ein paar Schlüssel herausfallen. Habe ich recht?“

      Pablo nickte hastig.

      „Du könntest aber auch gleich reden und dir eine Menge Ärger und Gliederreißen ersparen. Also: Wo stecken die Schlüssel?“

      „Unterm Hemd. Auf meiner Brust“, gestand der angstschlotternde Don.

      Ben Brighton schaute nach. Er zerrte tatsächlich einen kleinen Rohlederbeutel aus dem Hemdausschnitt des Mannes hervor. Ein dünner Lederriemen hielt ihn am Hals Pablos. Mit verdrossenem Gesicht zückte Batuti seinen Dolch. Er ging zu Pablo, und der ließ vor Grauen einen erstickten Schrei vernehmen. Brummend durchtrennte Batuti den Lederriemen. Als er fortrückte, gab der Spanier einen Laut der Erleichterung von sich. Ben gab ihm wieder den Knebel zu schmecken.

      Hasard nahm den Lederbeutel in Empfang, öffnete ihn und holte ein Schlüsselbund heraus. Rasch hatte er den für das Schott passenden gefunden. Er riegelte auf. Das Schott knarrte in angerosteten Eisenangeln Hasard begab sich gebückt in die Piek. Seine Männer lugten neugierig hinein.

      Vor ihnen erhob sich ein bärtiger, abgemagerter Mann. Seine dunkle, ledrige Haut spannte sich über groben Gesichtsknochen und deutete Höhlungen an. Tiefe Ränder zeichneten sich unter seinen dunklen Augen ab. Er war ein gemarteter Mann, nicht, weil man ihn körperlich halb zu Tode gepeinigt hatte, sondern ihm das Essen seit so langer Zeit entzogen hatte, daß er beinahe verhungert war. Seine hageren Gliedmaßen steckten in zerlumpter Kleidung. Er war groß, hatte breite Schultern, blonde Haare und wirkte wegen der schattigen Tönung seiner Haut irgendwie fremdartig. Dennoch war ihm anzusehen, daß er europäischer Abstammung war. Sein Gesicht wies regelmäßige Züge auf, die jetzt lediglich stark verzerrt waren. Er mochte Anfang der Dreißig sein, sah aber um einiges älter aus.

      „Danke“, sagte er. „Bei Gott, ich wäre in diesem stinkenden Loch umgekommen, wenn ihr nicht ... wer seid ihr eigentlich?“

      „Philip Hasard Killigrew und neun Männer von der ‚Golden Hind‘.“

      „Engländer?“

      „Ja, Engländer.“

      „Das gibt es nicht – in diesem Land! Chile wird von den verfluchten Spaniern beherrscht, und kein Engländer hat in all diesen Jahren auch nur einen Fuß hier an Land gesetzt, geschweige denn, ein Schiff wie dieses geentert.“ Er schaute sie verblüfft an und bewegte die Arme, so daß die Ketten wieder klirrten. „Ich kann es einfach nicht glauben.“

      „Er hält uns für Gespenster“, sagte Ben Brighton.

      „Das ist ein schlechtes Omen“, murmelte Matt Davies düster.

      Pete Ballie hielt ihm unversehens die Faust unter die Nase und schob sie so weit hoch, daß seine Knöchel die aufgeblähten Flügel von Matts Nase berührten. „Fängst du jetzt auch mit dem blöden Quatsch an?“

      „Pete, ich ...“

      „Hört auf“, sagte der Seewolf. „Karl von Hutten, ich möchte erfahren, wie und warum du auf dieses Schiff gekommen bist.“

      „Matt Davies redet dummes Zeug daher wie Mac Pellew, der abergläubische Narr“, sagte Pete maulend. „Ich kann’s einfach nicht mehr mitanhören. Wenn ich dann auch noch an Francis Fletcher mit seinen weisen Bibelsprüchen denke ...“

      Ein Blick Hasards brachte ihn zum Verstummen. Karl von Hutten räusperte sich laut und hob die Ketten so, daß sie rasselten. „Könnt ihr mich nicht erstmal von den Eisenmanschetten befreien?“

      Der Seewolf benutzte den anderen Schlüssel von Pablos Bund. Knarrend fielen die Ketten zu Boden. Von Hutten rieb sich die Bein- und Armgelenke, versetzte seinen metallenen Fesseln noch einen erbosten Tritt und trat dann zu den Männern, um seine Geschichte zu erzählen.

      „Eigentlich

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