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danke dir, Beate. Laß mich auch mit dir Frieden schließen.«

      Die beiden Frauenhände fanden sich zu einem warmen Druck.

      »Ich habe dich immer nur bedauert, Leontine.«

      Die dunklen Augen Leontines, noch tränengefüllt, forschten im lächelnden Gesicht der Schwägerin.

      »Und du hast mich niemals verachtet?«

      »Nein.«

      »Das ist gut, Beate – nochmals laß dir danken.«

      Eine einzige Stunde der Aussprache hatte sie der Schwägerin nähergebracht, als es dreißig vergangene Jahre vermocht hatten…

      *

      Über dem Vorgarten des kleinen Hauses schwebte ein Hauch von Blumendüften, der Leontine zusammenschauern ließ. Sie erinnerte sich an ihren ersten Besuch hier und an das, was dazwischenlag. Waren wirklich erst ein paar Wochen darüber vergangen?

      Wenn doch einer käme, dachte sie mutlos, und mich ins Haus führte, sonst laufe ich tatsächlich noch davon.

      Dann gab sie sich einen Ruck. Es mußte sein. Wer Unrecht tat, darf die Folgen nicht scheuen.

      Sie klingelte und wartete mit bang klopfendem Herzen, daß man ihr öffnete.

      Endlich! Nach langer Wartezeit, so dünkte es ihr wenigstens, kam ein müder Schritt näher. Die Tür öffnete sich und Lisa Wendlers verhärmtes Gesicht zeigte sich.

      Leontine Eckhardt sah bittend der Frau entgegen, der sie einmal so bitter weh getan hatte.

      »Mein Sohn ist nicht zu Hause«, sagte Lisa feindselig.

      »Ich komme zu Ihnen, Frau Wendler, um… Darf ich eintreten?«

      Lisa wollte eine abweisende Antwort geben, da begegnete sie den dunklen Augen Leontines – und sie brachte das harte Wort nicht über die Lippen.

      »Bitte.«

      Eine eisige Kälte wehte von Lisa Wendler zu der dunkelgekleideten Frau. Leontine fühlte, dort saß ein Mensch, der nicht mehr aus noch ein wußte vor innerer Not.

      »Warum haben Sie das getan?« schrie Lisa fast heraus. »Warum haben Sie meinem Jungen den Glauben an die Mutter zerschlagen? Wir haben so glücklich zusammengelebt bis zu dem Tage, als sie dazwischentraten.«

      »Sie tun mir Unrecht«, antwortete Leontine Eckhardt mit verschleierter Stimme. »Mit der Erbschaft begann der Kampf – auch mich hat es schwer getroffen, denn ich wußte bis dahin von nichts. Können Sie mir verzeihen, daß ich den Schleier von dem Geheimnis riß, das Sie dreißig Jahre lang gehütet haben? Lassen Sie mich handeln!«

      Sie hörte Lisas entsetzten Ausruf nicht mehr. Wie eine Traumwandlerin suchte sie das Zimmer auf, in dem Dr. Wendler sie damals empfangen hatte.

      Helmuth hielt den Kopf in die Hände gestützt und rührte sich nicht, als Leontine eintrat und regungslos auf der Stelle verharrte.

      »Darf ich Sie für kurze Zeit stören?«

      Betroffen starrte Helmuth auf Leontine.

      »Ich will Ihnen etwas erzählen, bitte, unterbrechen Sie mich nicht«, sprach sie rasch weiter. »Die Eckhardt-Werke machten vor ungefähr dreißig Jahren eine schwere Krise durch; die Folgen waren für die Besitzer wie für die Belegschaft furchtbar. Eugen Eckhardt, der einzige Sohn und Erbe, kämpfte mit seinem Vater um das Fortbestehen des Unternehmens – aber es ging immer weiter abwärts. Das alte Lied. Nur eine reiche Heirat – mit mir – konnte das Werk retten.

      Eugen Eckhardt war verzweifelt, denn er liebte ein schönes, aber armes Mädchen und hatte ihm die Ehe versprochen. Er kam zu mir und vertraute sich mir an. Er beschwor mich, ihm das Geld ohne irgendwelche Bedingungen zu geben. Ich wies ihn kalt ab. Ich war ebenfalls jung und verliebt.

      Ich wußte ihn ganz in meinen Händen. Ich schrieb heimlich an das Mädchen, das Eugen liebte, und zwang es förmlich, die Stadt zu verlassen. Sie sollte ihrer Liebe das Opfer bringen, und sie hat es gebracht. Es ging alles nach Wunsch.

      Eugen heiratete mich. Wie vereinbart gab ich ihm nach der Trauung die Adresse seiner verschollenen Geliebten. Er fuhr unverzüglich zu ihr, um sie über das harte Muß aufzuklären. Er kam als ein verschlossener, unglücklicher Mann zurück, der nie den Weg zu mir fand. Er sah in mir nur die Zerstörerin seines Glücks. In der Auseinandersetzung muß er wohl erfahren haben, daß seine frühere Verlobte ein Kind von ihm erwartete.

      Nun war es zu spät. Nie hat er den Versuch gemacht, sich der geliebten Frau wieder zu nähern. Es muß damals hart auf hart gegangen sein.

      Die Werke gediehen prächtig. Und daß sie heute in höchster Blüte stehen, das verdanken wir alle eigentlich nur der Großmut Ihrer Mutter. Und eine solche Frau wollen Sie verachten?«

      Helmuth ließ die Hände sinken.

      »Warum haben Sie nicht früher zu mir gesprochen?« stöhnte er auf.

      »Warum?« Leontine strich mit sanfter Hand über seinen gesenkten Kopf. »Weil ich voller Haß und kleinlicher Ichsucht war.«

      Helmuths Schultern zuckten. Es sah aus, als wolle er weinen.

      »Werden Sie nun zu Ihrer Mutter gehen?« drängte sie.

      Er sprang auf, schob Leontine zur Seite und stürmte zur Tür hinaus.

      Die Frau stand noch einige Sekunden regungslos und starrte ins Leere. Sie war zum ersten Mal in ihrem Leben zufrieden mit sich, und ein Gefühl des Glücklichseins durchströmte sie.

      Nach einer halben Stunde kehrte Helmuth mit seiner Mutter Arm in Arm in das kleine Büro zurück, wo noch immer Leontine mit verklärem Gesicht saß.

      Als sie Mutter und Sohn so innig zusammen sah, atmete sie wie erlöst auf.

      »Lassen Sie mich ein wenig teilhaben«, bat sie unter Tränen. »Was mein Mann nicht durfte, möchte ich so gern möglich machen. Helmuth soll als Syndikus in die Werke eintreten. Gleich heute mittag müssen Sie zu mir kommen, damit wir alles mit Nikolaus besprechen können. Er ist ja dein Bruder. Gelt, ich darf Du sagen?«

      »Ja, das dürfen Sie«, gab er mit einem frohen Lächeln zurück.

      »Mutterrechte nehme ich nicht für mich in Anspruch«, bemerkte Leontine Eckhardt und tupfte die Tränen von den Wimpern. »Aber Tante Leontine will ich immer für dich sein. Ist es dir recht?«

      »Es ist mir recht, Tante Leontine.«

      Er gab die Mutter frei und führte Leontines Hand an seine Lippen. Dann schlang er wieder den Arm um Lisas Schultern.

      »Wir werden kommen, nicht wahr, Mutter?«

      Lächelnd und Zustimmung nikkend sah sie zu dem Sohn auf.

      *

      Nikolaus sprang vom Fahrersitz und öffnete den Schlag, um Petra und Leonore aus dem Wagen zu helfen.

      Auf der Terrasse stand Tante Beate.

      Sie schloß Petra in die Arme, küßte Lorchen, die die Ärmchen gar nicht wieder vom Hals der Tante lösen wollte, und begrüßte dann den Neffen.

      »Damit du vorbereitet bist, Nikolaus, deine Mutter ist zurückgekommen.«

      Sie gewahrte nicht nur Nikolaus’ Erschrecken, sondern auch Petras Erblassen.

      »Keine Angst, Petra, sie ist bereit, dich als Schwiegertochter anzuerkennen.«

      Nikolaus vermochte es nicht zu glauben.

      »Ist das möglich, Tante Beate, und ohne jeden Zwang?«

      Sie nickte, zog Petras Arm in den ihren und nahm die Hand Leonores, die Nikolaus vorausgeeilt war.

      »Mutter!« rief er die regungslos verharrende Frau an, die ihm mit einem ängstlichen Ausdruck entgegensah. »Ist es wahr – du hast allen Haß begraben? Du hast dich überwunden?«

      »Dein

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