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wird überall in unserm Teile Englands gelesen.«

      Die Anzeige wurde veröffentlicht und, wie der Geistliche es erwartet, zwei Tage darauf in einem so abscheulichen Briefe beantwortet, wie ich niemals einen gelesen habe. Der Geistliche brachte ihn mir selbst. »Er wurde heute Abend«, sagte er, »von einem unbekannten Boten übergeben, welcher sich gleich nachher wieder entfernte.« Der Brief war sehr kurz und wir glaubten, die Handschrift einer Frau darin zu erkennen; der Geistliche war der Meinung, dass sie absichtlich verstellt gewesen wäre. Der Brief war weder unterzeichnet noch mit einem Datum versehen. Er enthielt eine Zehn-Pfundnote, und die Person, welche sie schickte, schrieb, dass sie dazu bestimmt wäre, die junge Frau anständig begraben zu lassen. Dann sagte der Brief weiter, es wäre besser für sie, dass sie gestorben wäre, als dass sie noch lebte, nachdem sie ihren Vater und ihre Verwandten entehrt hätte. Was das Kind anbeträfe, so wäre es ein Kind der Sünde und hätte keine Ansprüche an Leute, welche ihren guten Namen zu bewahren und andern ein moralisches Beispiel zu geben wünschten. Der Kirchsprengel müsste es ernähren, wenn es niemand anders wollte. Ein Versuch sie aufzuspüren oder eine zweite Anzeige in die Zeitung setzen zu lassen, würde nutzlos sein. Des Kindes Vater wäre verschwunden; sie wüssten nicht, wo er sich aufhielte, und könnten also jetzt keine Gemeinschaft mit einem solchen Ungeheuer der Gottlosigkeit halten, selbst wenn sie seinen Aufenthalt wüssten. Sie wäre in ihrer Schande und in ihrer Sünde gestorben, und ihr Name sollte niemals wieder unter ihren Angehörigen genannt werden.

      Das war alles, was ich aus dem Briefe behalten habe, mein Herr. »Ein abscheulicher und unchristlicher Brief!« sagte ich und der Geistliche meinte dies auch.

      Sie wurde in dem Teile des Kirchhofs begraben, welchen man in England den Armenwinkel nennt. Man bezeichnete die Stelle, im Fall sie jemals einer zu sehen wünschte, indem man die beiden Buchstaben M.G. und das Datum ihres Todes auf ein hölzernes Brett an dem oberen Ende des Grabes einschnitt. Hierauf gab mir der Geistliche das Haarhalsband und das Taschentuch und sagte: »Bewahret dieses so gut wie das Kind, denn es könnte einst von großem Nutzen sein. Ich werde den Brief, der an mich adressiert ist, versiegeln und in meine Schatulle legen.« Er frug mich vorher, ob ich an die große Verantwortlichkeit gedacht hätte, die ich in meiner Lage übernommen hätte, um für das Kind zu sorgen, und ich sagte ihm, ich hätte es versprochen und wollte mein Versprechen halten und vertraute wegen des Übrigen auf Gottes Vorsicht. Der Geistliche war ein sehr gütiger Mann und veranstaltete eine Kollekte für das arme Kind, und Peggy Burke gab, als sie von unserem Weggange von Bangbury ihr Benefiz hatte, die Hälfte ihres Anteils zur Kollekte. Ich hörte bis jetzt kein Wort wieder über die Verwandten des Kindes. Ich bewahre aber das Haarhalsband und das Taschentuch so sorgfältig auf, wie es mir der Geistliche geheißen hat, ebenso wohl wegen der Mutter als des Kindes wegen. Ich habe einige Mühe mit ihm gehabt, seitdem ich es zu mir nahm, aber ich liebe es nur um desto mehr und halte jenen Tag, an dem ich es zuerst auf der Landstraße säugte, für uns beide noch immer für einen glücklichen.

      Dies ist alles, mein Herr, was ich über das zu sagen habe, wie ich zuerst mit der kleinen Marie zusammen traf, und ich wünsche, dass ich es hätte auf eine Weise erzählen können, die sich besser für solche Zuhörer eignet.«

      Siebentes Kapitel – Die Erzählung – Zweiter Teil

      Als die Frau des Clowns ihre Erzählung geendet hatte, wurde zur Erörterung von denen, die sie mit angehört hatten, nur wenig hinzugesetzt. Sie waren durch das, was sie angehört hatten zu sehr ergriffen, um außer abgebrochenen leisen Worten etwas hervorbringen zu können. Frau Joyce führte ihr Taschentuch mehr als einmal nach ihren Augen. Ihr Gatte murmelte einige herzliche Worte des Mitleids und des Dankes – jedoch auf eine ungewöhnlich schmerzliche Weise. Valentin sagte nichts, aber er zog seinen Stuhl dicht zu Frau Peckover heran, wandte sein Gesicht ab, damit es von niemandem bemerkt werden sollte, nahm ihre Hand in eine der seinigen und klopfte sie sanft mit der andern. Hierauf sahen sie alle in derselben Stimmung, und wie es schien, mit demselben Gefühl nach dem Garten.

      »Würde ich zu viel verlangen, Frau Peckover«, sagte Frau Joyce nach langem Stillschweigen, »wenn ich mich erkundigte, worin der Unfall bestand, welcher das arme kleine Wesen so unglücklich machte? Ich weiß, dass sich davon ein Bericht auf dem Zettel des Zirkus befindet, aber —«

      »Ich denke, meine Liebe«, wandte der Rektor ein, sich an seine Frau wendend, »dass es kaum denkbar ist, von Frau Peckover eine Erfüllung Deines Wunsches zu erwarten. Sie hat sich schon einmal für unsere Neugierde aufgeopfert, um jetzt noch von ihr zu verlangen, dass sie zum zweiten Male Erinnerungen wiederhole, welche sie sicherlich betrüben müssen.«

      »Es ist mehr als betrübend, nur an jenen schrecklichen Unfall zu denken«, sagte Frau Peckover, »und besonders, da ich nicht umhin kann, mir selbst einigermaßen die Schuld davon beizumessen. Wenn die Dame aber zu wissen wünscht, wie es zuging, so will ich es ihr gern erzählen.

      Zuerst muss ich Ihnen sagen, dass es mir mit der kleinen Marie während der ersten sechs Jahre ihres Lebens weit besser erging, als ich jemals gedacht hatte. Sie wuchs so hübsch heran, dass sie vornehme Leute immer beachteten und sich nach ihr erkundigten, und beinah an jedem Orte, wo der Zirkus sich hinwandte, machte man ihr Geschenke, welche reichlich dazu beitrugen, sie zu ernähren und zu kleiden. Und auch unsere eignen Leute schmeichelten ihr und liebten sie. Diese ganzen sechs Jahre verstrichen für uns so angenehm, wie es nur immer sein konnte; es war nur erst, als sie beinah sieben Jahr alt war, dass ich gottlos und töricht genug war, meine Einwilligung zu ihrer Teilnahme an unsern Aufführungen zu geben.

      Man setzte mir arg zu und quälte mich, bis ich einwilligte. Jubber sagte zuerst, er wünschte, dass sie im Zirkus mitritte, worauf ich jedoch »nein« sagte, obgleich ich mich in jenen Tagen schrecklich vor ihm fürchtete. Bald darauf aber kam Jemmy zu mir, der damals noch nicht Clown war, und sagte, er fürchte, er würde seine Stelle verlieren, wenn ich nicht wegen der kleinen Marie nachgäbe. Das machte mich sehr stutzig, denn ich wusste nicht, was wir hätten anfangen sollen, wenn mein Mann aus seinem Engagement gekommen wäre. Und außerdem bestand das arme liebe Kind selbst wie wahnsinnig darauf, auf dem Pferde in der Luft zu schweben, da sie immer bat und flehte, man möchte eine kleine Reiterin aus ihr machen. Alle die Übrigen im Zirkus plagten mich und lachten mich aus und mit einem Worte, ich gab zuletzt gegen mein Gewissen nach, aber ich konnte nicht anders.

      Dennoch machte ich die Bedingung, dass sie nur dem solidesten, nüchternsten Manne und dem besten Reiter von der ganzen Gesellschaft anvertraut werden sollte. Auf den Zetteln wurde er »Muley« genannt, und man bemalte sein Gesicht, damit er wie ein Türke oder etwas dem ähnlichen aussehen sollte, aber sein wirklicher Name war »Yapp«,und auf seine Weise war er ein sehr guter, vorsichtiger Mann und selbst Familienvater. Er und Jubber erdachten zusammen den Plan, dass er einen Sohn der Wildnis vorstellen sollte, welcher, um sein Leben zu retten, mit der kleinen Marie als seinem einzigen Kinde aus der Wüste entfloh. Man färbte ihr Gesicht dunkel, damit es dem seinigen ähnlich sehen sollte, und legte ihr ein ausländisches weißes Kleid an, schnallte einen roten Gürtel um ihre Taille, an welchem sich eine Handhabe befand, an der sie Yapp festhalten konnte. Nachdem er zuerst dem Publikum hatte den Glauben beibringen müssen, dass er und das Kind in Gefahr wären, gefangen und erschossen zu werden, sollte er ihm nachher begreiflich machen, dass sie der Gefahr glücklich entronnen waren; er sollte sie im Triumphe mit ausgestreckten Armen in die Höhe heben, indem er während der ganzen Zeit immer im Zirkus herumgaloppierte. Er war ein fürchterlich starker Mann und konnte es so leicht ausführen, wie ich dieses Stückchen Pflaumenkuchen zu Munde führe.

      Die arme liebe Kleine, sie überwand bald die erste Furcht bei der Aufführung und sehnte sich fast wahnsinnig nach derselben, was ich niemals gern sah, weil es ihrer Natur nicht zusagte. Yapp sagte, sie hätte das Herz eines Löwen und würde einst die schönste Reiterin auf der Welt werden. Ich war sehr unglücklich darüber und verbrachte eine sehr traurige Zeit, da ich immer ein Unglück befürchtete. Eines Abends – sie war ein wenig über sieben Jahr alt —

      O verehrte Frau! Wie ich diese fürchterliche Nacht überlebte, weiß ich nicht. Ich war ein sündhaft elendes .Geschöpf, nicht lieber verhungert zu sein, als das Kind einer solchen Gefahr auszusetzen, aber ich wurde so arg in Versuchung geführt und dazu verleitet, Gott weiß es. Achten Sie nicht auf mein Weinen, ich will schon sehen, wie ich es zu Ende bringe. Der Halter – nein, ich meine die

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