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auch sogleich zu einer Sitzung bereit war, die denn sofort ihren Anfang nahm. Ich fand in ihm einen jungen hübschen, intelligenten und lustigen Mann. Er war ein Freund des Reisens, hatte bereits die Wunder des Ostens kennen gelernt, und wollte nun auch die Wüsteneien Süd-Amerikas besuchen; das erzählte er mir, während ich meine Vorbereitungen zum Zeichnen traf.

      Nachdem ich ihn nun in die rechte Position gebracht und mich an seine Seite gesetzt hatte, änderte er plötzlich das Thema und fragte mich, ob die Maler nicht zuweilen geneigt wären, die Gesichter ihrer Originale zu verschönern, so viel in ihrer Macht steht?

      »Ja wohl,« erwiderte ich, »Sie haben da etwas ganz Richtiges bemerkt!«

      »Nun,« bemerkte er, »so werde ich Sie höflichst ersuchen, bei mir diese Kunst nicht anwenden zu wellen, sondern mich mit allen meinen Mängeln zu zeichnen, so, wie ich eben aussehe, denn das Bild ist für meine Mutter bestimmt. Meine Reiselust beunruhigt sie sehr und sie trennte sich das letzte Mal recht traurig und ungern von mir. Ich weiß nicht, wie mir heute die Idee in den Kopf gekommen ist, dass ich diese Zeit hier nun nicht besser anwenden könnte, als wenn ich mich für meine Mutter malen ließe. Sie hat nur ein Gemälde von mir aus meiner Kinderzeit und ich weiß, dass sie kein anderes Geschenk so erfreuen würde als gerade ein Gemälde. Ich belästige Sie also nur deshalb mit diesen Erklärungen, weil ich möchte, dass die Zeichnung wahr sei und mich so wiedergebe, wie ich in der Tat aussehe.«

      Ich bewunderte und respektierte seinen Wunsch und versprach ihm, dass ich ihn ganz so zeichnen wolle, wie er aussehe. Dann ging ich sofort an die Arbeit. Kaum hatte ich zehn Minuten gearbeitet als die Unterhaltung zu stocken begann. Mister Faulkner schloss seinen Mund, senkte seinen Kopf und zog seine Augenbrauen zusammen; wahrscheinlich dachte er, dass sein Bild ja doch ähnlich werden würde auch ohne sein Hinzutun; allein sein gewöhnlicher Gesichtsausdruck verschwand vollständig und wie er so nachlässig dasaß, war er einem Melancholiker sehr ähnlich.

      So lange ich nur die Umrisse des Kopfes zeichnete, war es gleichgültig, welche Miene er annahm, aber nachdem ich mehr als eine Stunde so gearbeitet hatte, gab ich ihm einige Minuten zu freier Bewegung während ich meine Kreide aufs Neue spitzte.

      Mister Faulkner spazierte im Zimmer auf und ab; dann bat er um mein Skizzenbuch und fragte, ob ich einige Entwürfe darin habe. Ich erwiderte ihm, dass nur die wenigen darin seien, welche ich während meiner Anwesenheit in Paris aufgenommen habe. »In Paris?« fragte er mit lebhaftem Interesse, »darf ich sie sehen?«

      Ich erlaubte es ihm, und er setzte sich nieder, nahm das Portefeuille auf den Schoß und überflog die Zeichnungen darin; als er aber ungefähr das sechste Blatt in die Hand nahm, sprang er auf, lief damit zum Fenster und blickte wohl fünf Minuten auf dasselbe; dann wandte er sich zu mir und fragte, ob ich irgend eine Absicht mit dieser Zeichnung habe.

      Es war die am wenigsten interessante aus der ganzen Sammlung, nur eine Ansicht von einer der Straßen, welche rückwärts der Häuser des Palais Royal entlang gehen. Vier oder fünf von diesen Häusern waren mit in die Skizze aufgenommen. Das Ganze hatte keinen besonderen Wert für mich und ich bat ihn, er möge das Blatt behalten. Er dankte herzlich dafür, und als er sah, dass ich etwas erstaunt auf seine Wahl blickte, die er unter meinen Skizzen getroffen hatte, fragte er lachend, ob ich wohl erraten könnte, warum er um den Besitz dieser Skizze gebeten habe.

      »Wahrscheinlich knüpft sich an diese Straße irgend eine historische Erinnerung,« antwortete ich, »die mir unbekannt ist?«

      »Nein,« sagte Mister Faulkner, »diese Erinnerung geht mich nur persönlich an. Sehen Sie mal dieses Haus auf Ihrer Zeichnung, an welchem die Wasserrinne von dem Dach bis zu dem Boden geht, darin verbrachte ich einst eine Nacht, die ich bis an mein Lebensende nicht vergessen werde. Ich habe mehrere Reiseabenteuer erlebt, aber keines derselben gleicht diesem; – aber anstatt dass Sie mich zeichnen, unterhalte ich Sie und bringe Sie um Ihre Zeit,« setzte er hinzu.

      »Nein, nein,« sagte ich, »setzen Sie sich nur wieder; und erzählen Sie mir Ihr Abenteuer, dann wird Ihr Bild auch die gewünschte Ähnlichkeit erhalten;« danach versicherte ich ihm, dass ich außerdem auch ein großes Interesse an seinem Abenteuer nehme. Er zögerte noch ein wenig und begann dann. Er war so mit dem Gegenstande seiner Erzählung beschäftigt, dass er es ganz vergaß, dass ich da sei, um ihn zu zeichnen; sein Gesicht nahm den gewünschten Ausdruck an.

      Bei jedem Strich, den ich machte, fühlte ich, dass ich ein sehr getreues Bild herstellen und dazu noch eine wahre Erzählung erhalten würde. Doch ich lasse die Geschichte nun hier folgen.

      Bald nachdem meine Universitätsbildung vollendet war, traf ich zufällig mit einem Freunde aus England in Paris zusammen; Beide jung und lebenslustig, genossen wir in vollen Zügen die Vergnügungen der Weltstadt. Eines Abends streiften wir in der Nähe vom Palais Royal umher, unentschlossen, welches Vergnügen wir aufsuchen sollten ; mein Freund schlug einen Besuch bei Frascati vor, allein ich hatte nicht Lust, dahin zu gehen; denn ich war es überdrüssig, diese übertünchten Menschen und unreellen Vergnügungen an mir vorüber gehen zu lassen; ich kannte ja Frascati in und auswendig und war ermüdet von diesem vornehmen Spielhaus

      »Um des Himmelswillen,« sagte ich zu meinem Freunde, »lass uns doch einmal zu natürlicheren Menschen gehen, zu solchen, welche um des Vergnügens wegen spielen, nicht aber um leicht Geld zu gewinnen; zu einfachen Menschen; weit, weit fort von dem fashionablen Frascati!«

      »Gut,« erwiderte mein Freund, »wir werden uns in die Nähe von Palais Royal begeben, dort wirst Du die gewünschte Gesellschaft finden. Hier dicht vor uns ist ein solcher Ort, welcher genau dem entspricht, wo Du Dich hin-sehnst« In einer Minute war die Tür erreicht und wir traten in das Haus, dessen Rückseite in Ihrer Skizze zu sehen ist.

      Nachdem wir die Treppen erstiegen und dem Garderobier unsere Hüte und Stöcke gegeben hatten, wurden wir in den Spielsaal eingelassen. Es waren nicht viele Personen anwesend; aber diese wenigen waren die bemitleidenswertesten Typen aus ihrer Klasse. Wir hatten nur einfache Menschen aus der unteren Klasse sehen wollen, aber diese Menschen hier waren etwas Schlimmeres. —

      Wir wollten komische Skizzen sammeln, aber hier spielte sich nur eine stumme, höchst traurige Tragödie ab. Die vollständige Stille in dem Zimmer war schrecklich. Jener hagere, langhaarige junge Mann mit den tief eingefallenen Augen, bewachte stumm das Umschlagen der Karten. Dieser schlaffe, fettwangige Falschspieler, welcher genau aufschrieb, wie oft schwarz verlor und rot gewann, sprach ebenfalls kein Wort. Dort, der alte schmutzige, runzliche Mann mit den Geieraugen und dem geflickten grünen Rock, welcher seinen letzten Sou verloren hatte und nun verzweiflungsvoll zusah, da er nicht mehr spielen konnte, schwieg auch. Nur die Stimme des Croupiers tönte durch den stillen Raum.

      Ich hatte einen solchen Ort ausgesucht, um darin einmal froh zu lachen, aber das Schauspiel, welches sich nun hier vor meinen Augen entrollte, war eher geeignet, darüber zu weinen. Ich musste mich von der seltsamen Stimmung befreien, die mich ergriffen hatte; ich ging zum Tisch und fing an zu spielen.

      Doch ich sollte noch andere Dinge erleben, denn ich gewann, gewann unaufhörlich; schon bildeten die Spieler eine dichte Gruppe um mich und stierten auf meinen Gewinn mit hungrigen, misstrauischen Blicken, und Einer wisperte dem Andern zu, dass der Engländer die Bank sprengen werde.

      Das Spiel hieß Rot und Schwarz. Ich hatte es in vielen Städten Europas gespielt, jedoch ohne es genau zu kennen und man sagt doch, dieser Umstand sei der Glücksstern aller Spieler. Ein Spieler in des Wortes eigentlicher Bedeutung war ich bis dahin überhaupt nicht; mein Spiel war stets nur ein Zeitvertreib gewesen, ich habe es niemals aus Gewinnsucht ausgeübt, denn ich kannte nie den Wunsch, Geld zu besitzen. Kurz, ich hatte stets die Spielsäle so besucht, wie die Ballsäle und die Oper, nur um mich zu amüsieren in meinen Mußestunden. Aber durch diese Fülle des Gewinns änderte sich augenblicklich Etwas in mir; erst war ich erstaunt, dann aber berauscht von dem vorliegenden Gelde. Je sorgloser ich einsetzte, je mehr gewann ich. Zuerst wagten es einige Anwesenden auf meine Farbe zu setzen, aber ich vertrieb sie bald alle mit meinen enorm hohen Einsätzen, und zuletzt sahen sie nur noch in aller Stille meinem Spiele zu.

      Meine Einsätze wurden immer größer und noch immer gewann ich unaufhörlich. Das tiefe Schweigen wurde dann und wann durch Ausrufe des Erstaunens in verschiedenen Sprachen unterbrochen, wenn sich die Flut des Goldes

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