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zu,

      Ricketicketu.

      »Da nun beschaut euch einmal das Hüfchen.«

      Die Knechte besahen sich das hübsche und leichte Hufeisen mit gaffendem Munde und wie verstummt. Der Baas allein schien an etwas anderes zu denken und schüttelte von Zeit zu Zeit den Kopf, wie Jemand, der über eine Sache nicht einig mit sich selbst ist. Er trat dem Fremdlinge näher, der seinen Rock schon wieder angezogen, doch wie genau er ihn auch in’s Auge faßte, er schien ihn doch nicht zu erkennen.

      Schnell war nun das Pferd beschlagen und es stand schon wieder vor der Schmiede, des Reiters wartend. Der zog zwei Napoleonsd’or aus der Tasche, legte sie auf den Amboß und drückte jedem der Gasten4 freundlich die Hand:

      »Einer für den Baas – einer für die Gasten. Trinkt alle dafür einmal auf meine Gesundheit.«

      Nachdem er dieß gesprochen, schwang er sich auf’s Pferd und ritt mit seinem Begleiter weiter in’s Dorf hinein.

      Kaum waren die beiden Fremdlinge um die Ecke, als die Gesellen alle den Meister mit fragenden Blicken beschauten.

      »Colonel, Colonel!« brummte einer von ihnen vor sich hin. »Ich sag und bleib dabei, der Kerl ist ein Schmied oder er ist es gewesen. Ich mein sicherlich, ihr müßt ihn kennen, Baas.«

      »Das heißt,« antwortete der Baas, »ich hab in meinem ganzen Leben nur einen Menschen gekannt, der mit so viel Geschick ein so leicht und fein Hufeisen konnt schmieden. Und ich müßt mich sehr betrügen, wenn der Colonel nicht der Karl van Milgem wär, wißt ihr – doch nein ihr wißt’s ja nit, den die Leut immer den Ricketicketack genannt haben.«

      »Wie, das sollt der lustige Schmied von Westmal sein?« frug einer der Gesellen. »Hab viel von dem Karl Ricketicketack schwätzen hören, doch’s war eben ein Lauflapp, ein Trunkert, der’s ganze Dorf in die Wirre konnt bringen. Nein, nein, der Colonel sieht allzusehr wie ein trefflich!5 Mann aus. Das ist rein unmöglich.«

      Der Baas setzte sich auf den Ambos, wie einer, der erzählen will, und sprach zu den Gasten:

      »Mannen, unser Taglohn ist doch schon doppelt verdient, und darum wollen wir’s Werk ein wenig ruhen lassen. Der Colonel ist wahrhaftig Karl van Milgem. Will euch doch seine Geschichte in der Kürze erzählen, dann könnt ihr selber urtheilen. Vor ungefähr sechzehn Jahren wohnte hier in derselben Schmied ein junger Kerl, der war mit der schönsten Bauernmaid aus der Gegend von Moll getraut, und die zwei sahen einander so gern, daß das ganze Dorf drüber verwundert stand. Das war denn der Karl van Milgem, von dem ich euch sprechen wollt. Der arbeitete von Morgens früh bis Abends spät, daß ihm der Schweiß von der Stirne lief und sang dabei den ganzen, lieben, langen Tag das artige6 Liedchen, welches der Colonel so gut konnt, und darum nannte man ihn so unter sich den Karl Ricketicketack. Er war stets fröhlich, witzig in all seinen Reden und es kam nie ein Wort aus seinem Mund, welches nicht hätte lachen machen. Auch war in ganz Westmal keine Seel so sehr von aller Welt geliebt, als der lustige Schmied. Er war schon ein paar Jahre getraut, hatte aber noch keine Kinder; da meinte er endlich, doch noch Vater zu werden. Nun kannt seine Freude keine Grenzen mehr, das Ricketicketack hörte den ganzen Tag nicht auf, und hier und da kamen die Leut in Angst, der Karl möchte von sinnen kommen, denn vor lauter Freud war weder Halten noch Binden an ihm. Da kam denn auch zuletzt der Tag und er wurd Vater, aber ach Armer! seine gute Frau stand nit mehr auf. Sie liegt auf’m Kirchhof begraben, da wo das eisern Kreuzchen steht. Von dem Augenblick an war Karl nicht mehr derselbe, wie vorher; er ließ den Hammer neben dem Amboß unangerührt liegen, zündete kein zweimal in der Woch sein Feuer an und begann zu trinken, als hätt er sich umbringen wollen. All seine Liedchen waren vergessen und er führte ein so schlecht Leben, daß er ein Scandal für’s ganze Dorf wurde. Wenn er dann betrunken nach Haus kam, dann ging er zu Werk wie ein Rasender, doch die Magd, welche bei ihm wohnte und das Kind pflegte, die wußt ein gut Mittel, ihn zur Ruh zu bringen. Sie gab ihm sein Töchterchen auf den Schooß, und wie trunken Karl auch war, wenn er sein Kind sah, dann war’s, als wenn ein Zauber über ihn gekommen wär. Dann lachte er so fröhlich wie zuvor, setzte das Mädchen auf seine Knie, spielte Pferdchenreiten mit ihm und sang das alte Liedchen Ricketicketack. Daß der Karl je ein ganz schlechter Mann war, glaub ich nicht; ein jeder wußt genugsam, daß der Tod seiner Frau die Ursach von seinem Verdruß und seiner Trunkenschaft war, denn jedesmal, wenn er über den Kirchhof und an dem eisernen Kreuz vorbei mußt, und wär er so trunken gewesen, daß er nicht auf seinen Beinen stehen konnt, dann liefen ihm die hellen Thränen aus den Augen, daß Jedermann es sehen konnt. Darum hatte man auch groß Mitleid mit ihm, und die Nachbarn versorgten das Kind mit Allem, ohne daß er’s wußt. Das Leben dauerte drei Jahr, da wurde Karl plötzlich krank und mußte zu Bette liegen, und das ziemlich lang. Seine Freunde hatten ihm während der Zeit – und der Pastor nicht weniger – so tapfer zugepredigt, daß er von der Trunksucht ganz genesen schien. Dafür hatte er sich ein ander Ding in den Kopf gesetzt. Er wollte das Dorf verlassen, wo das Grab seiner Frau ihm zu oft in die Augen fiel, und ohne einer Menschenseel zu sagen, wohin er wollt, geht er und verkauft seine Schmiede, wie sie weht und dreht, an meinen Vater, Gott hab ihn selig, nahm auf einen frühen Morgen sein Kind mit sich über die Haide und blieb weg, ohne daß man seitdem, weder von ihm noch von seinem Kinde mehr was gehört hätte.«

      »Ah, der Colonel ist Karl Ricketicketack, da ist kein Zweifel an,« rief einer der Gesellen.

      »Sicherlich, der und kein anderer,« sprach der Baas. »Er nahm manches von dem Geräth in die Hand und beschaut’s; alles nun, was ich und mein Vater gemacht oder gekauft haben, das legte er gleichgültig wieder hin; das aber was von der Schmiede Ricketicketack’s über blieb, das besah er mit einer Art von Aufregung, ihr müßt’s doch gemerkt haben, wenn ihr die Augen offen hattet; und dann seine Aussprach, ganz kempensch, seine Schnelligkeit im Schmieden und vor Allem sein Liedlein. Ja, ja, das ist ein Bursch aus unserm Dorf, setz meinen Hals dran . . . wer sollt das sagen, und nun ein Colonel, ein wahrhaftiger Colonel!«

      Während die in der Schmiede also über ihren Karl Ricketicketack plauderten, waren die beiden Fremdlinge in der Herberge zur Krone angekommen, hatten ihre Pferde zu stall gebracht und selber etwas gegessen. Dann verließ der Colonel die Herberge und ging zu Fuß der großen Straße nach bis zu dem Hause des Gemeindeschreibers. Da wurde er in ein Stübchen geführt und mußte ziemlich lange warten, bis der Herr Gemeindeschreiber vom Felde heimkehrte, und unter tiefen und feierlichen Bücklingen in die Kammer trat. Er sprach:

      »Herr Colonel van Milgem, euer unterthänigster Diener. Ihr wollt allergnädigst entschuldigen, daß ich . . . «

      Doch der Colonel ließ ihm keine Zeit zu langen Höflichkeiten und Förmlichkeiten, faßte freundlich seine Hand und sprach:

      »Wohlan denn, Freund, was habt ihr vernommen? Ist mein Kind entdeckt?«

      »Nein, Herr Colonel, noch nicht,« entgegnete trübselig der Secretarius.

      »Weh mir dann!« seufzte der Kriegsmann, mit der Hand verzweiflungsvoll an die Stirn schlagend. »Sollte ich denn alle Hoffnung aufgeben müssen?«

      »Herr Colonel,« sprach der Secretarius, »geliebet meinen Bericht zu hören und ihr werdet finden, daß wir, ferne davon, alle Hoffnung zu verlieren, vielmehr nahe daran sind, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Ihr habt mir bei eurem letzten Besuch genug Geld hiergelassen, daß ich keine Kosten sparen mußte, und ihr mögt glauben, daß ich nichts versäumt habe, eure Gunst und die gelobten tausend Franken zu gewinnen. Höret nun, was man mir gesagt hat. Als Karl van Milgem (und der Secretarius verbeugte sich bis fast zur Erde) mit seinem vierjährigen Kinde aus Westmal fortzog, sagte er Niemanden, wohin er gehen würde; wußt es auch vielleicht selbst nicht vor großem Leid und Betrübniß. Nun habe ich aber von euch vernommen, und das ist mir auch durch meine Nachforschungen bestätigt worden, daß er zu Weelde, oberhalb Turnhout, sein Kind einem alten Schulmeister anvertraute; Peter Drießens hieß er, und wohnte mit seiner Frau einsam und abgesondert draußen vorm Dorfe. Dem gab er das Kind und ein klein eisern Kistlein, worin er das Verkaufsgeld von seiner Schmiede hatte verschlossen, und das die beiden Alten im Falle der Noth mochten öffnen, damit das Kind und sie selbst nicht

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<p>4</p>

Gesellen.

<p>5</p>

brav.

<p>6</p>

sonderbare