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herein gehen sehen, ein Dieb wäre.«

      »Das ist richtig. Sprichst Du irgend ein Patois?«

      »Ich spreche noch etwas Besseres, als dies, ich spreche eine Sprache, ich spreche Flamändisch.«

      »Wo Teufels! hast Du das gelernt?«

      »In Artois, wo ich zwei Jahre im Felde gewesen bin. Hört: Goeden Morgen, mynheer, ith hen begeercy te weenten tho ge sond heets omstan.«

      »Das heißt?«

      »Guten Morgen, mein Herr, ich beeile mich, Sie nach dem Stande Ihrer Gesundheit zu fragen.«

      »Das nennt er eine Sprache! Doch gleichviel,« sagte d’Artagnan; »es kommt ganz gelegen.«

      D’Artagnan ging an die Thüre, rief einen der Aufwärter und befahl ihm, der schönen Madeleine zu sagen, sie möge heraufkommen.

      »Was macht Ihr, Herr?« rief Planchet, »Ihr wollt unser Geheimniß einer Frau anvertrauen!«

      »Sei ruhig, diese wird nicht davon schnaufen.«

      In diesem Augenblick trat die Wirthin ein. Sie lief mit lachender Miene herbei; denn sie hoffte, d’Artagnan allein zu finden; als sie aber Planchet erblickte, wich sie mit erstaunender Miene zurück.

      »Meine liebe Wirthin,« sagte d’Artagnan, »ich stelle Euch hier Euern Herrn Bruder vor. Er kommt von Flandern und ich nehme ihn einige Tage in meine Dienste.«

      »Meinen Bruder,« sprach die Wirthin, immer mehr erstaunt.

      »Wünscht doch Eurer Schwester guten Morgen, Meister Peter.«

      »Wilkom zuster,« sagte Planchet.«

      »Goeden dag, broer,« sprach die Wirthin voll Verwunderung.

      »So ist es gut,« sagte d’Artagnan, »der Herr ist Euer Bruder, den Ihr vielleicht nicht kennt, den ich aber kenne. Er kommt von Amsterdam. Ihr kleidet ihn in meiner Abwesenheit. Wenn ich zurückkehre, das heißt in einer Stundet stellt Ihr ihn mir vor, und obgleich er kein Wort Französisch spricht, nehme ich ihn doch auf Eure Empfehlung, da ich Euch nichts abschlagen kann, in meine Dienste. Ihr versteht?«

      »Das heißt, ich errathe, was Ihr wünscht, und mehr braucht es nicht,« erwiderte Madeleine.

      »Ihr seid eine kostbare Frau, meine schöne Wirthin, ich baue ganz auf Euch.«

      Hiernach machte d’Artagnan Planchet ein Zeichen des Einverständnisses und verließ das Zimmer, um sich nach Notre-Dame zu begeben.

       VIII

      Ueber die verschiedenen Einflusse, welche eine halbe Pistole auf einen Meßner und aus einen Chorknaben ausüben kann

      D’Artagnan schlug den Weg nach dem Pont-Neuf ein; er war sehr erfreut, daß er Planchet wieder gefunden hattet denn obgleich es aussah, als leistete er diesem würdigen Burschen einen Dienst, so war es doch in Wirklichkeit d’Artagnan, welcher einen Dienst von Planchet erhielt. Nichts konnte ihm in diesem Augenblicke angenehmer sein, als ein braver und verständiger Lackei. Planchet sollte freilich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lange in seinem Dienste bleiben. Indem aber Planchet seine gesellschaftliche Stellung in der Rue des Lombards wieder einnahm, blieb er d’Artagnan zu Dank verpflichtet, denn dieser hatte ihm, ihn in seinem Hause verbergend, das Leben gerettet oder doch wenigstens ungefähr gerettet, und es war d’Artagnan nicht unerwünscht, Verbindungen in der Bürgerschaft in dem Momente zu haben, wo diese sich anschickte, dem Hofe den Krieg zu machen. Es war ein Einverständniß im feindlichen Lager, und bei einem so feinen Manne, wie d’Artagnan, konnten die kleinsten Dinge zu großen führen. In einer mit dem Zufall und mit sich selbst zufriedenen geistigen Stimmung erreichte also d’Artagnan Notre-Dame. Er stieg die Freitreppe hinauf, trat in die Kirche, wandte sich an einen Sacristan, welcher eine Kapelle ausfegte und fragte ihn, ob er Herrn Bazin kenne.

      »Herr Bazin, den Meßner?« sprach der Sacristan.

      »Ihn selbst.«

      »Er bedient da unten die Messe in der Kapelle der Jungfrau.«

      D’Artagnan zitterte vor Freude. Es kam ihm vor, als sollte er, was auch Planchet gesagt hatte, Bazin nie finden. Nun aber, da er ein Ende des Fadens in der Hand hatte, machte er sich wohl anheischig, das andere zu erreichen.

      Er kniete vor der Kapelle nieder, um seinen Mann nicht aus dem Gesichte zu verlieren. Es war zum Glücke eine stille Messe, welche bald endigen mußte. D’Artagnan, der seine Gebete vergessen und ein Meßbuch mitzunehmen versäumt hatte, benützte seine Muße, um Bazin prüfend zu betrachten.

      Man darf wohl behaupten, Bazin trug sein Gewand mit eben so viel Majestät als Glückseligkeit. Man sah, daß er zum Gipfel seines Ehrgeizes gelangt war, und daß der mit Silber verzierte Fischbeinstab, den er in der Hand hielt, ihm eben so ehrenvoll vorkam, als der Commandostab, den Condé in der Schlacht von Freiburg in die feindlichen Reihen warf oder nicht warf. Sein Aeußeres hatte eine seiner Tracht vollkommen entsprechende Veränderung erlitten. Sein ganzer Körper hatte sich abgerundet und gleichsam canonisirt. Die hervorspringenden Theile seines Gesichtes schienen verschwunden zu sein. Er hatte immer noch seine Nase, aber aufschwellend hatte jede von seinen Wangen einen Theil derselben an sich gezogen. Das Kinn verlor sich unter dem Halse. Etwas, das nicht mehr Fett, sondern Aufdunsung war, hatte seine Augen eingeschlossen. Viereckig und heilig geschnittene Haare bedeckten die Stirne bis auf drei Linien von den Augenbrauen. Eilen wir beizufügen, die Stirne von Bazin war selbst zur Zeit ihrer größten Entblößung nie über anderthalb Zoll hoch gewesen.

      Der Geistliche endigte seine Messe zu gleicher Zeit wie d’Artagnan seine Prüfung. Er sprach die Worte des Sacraments und zog sich zurück, indem er zu dem großen Erstaunen von d’Artagnan seinen Segen gab, den jeder knieend empfing. Aber das Erstaunen von d’Artagnan hörte auf, als er in dem Geistlichen den Coadjutor selbst erkannt hatte, das heißt, den bekannten Jean-Francois de Gordi, der zu dieser Zeit, die Rolle ahnend, die er spielen sollte, sich durch Almosen populär zu machen bemüht war. Um diese Popularität zu vermehren, las er von Zeit zu Zeit eine von den Morgenmessen, denen das Volk allein beizuwohnen pflegt.

      D’Artagnan warf sich aus die Kniee, wie die Anderen empfing seinen Theil von dem Segen und machte das Zeichen des Kreuzes; aber in dem Augenblick, wo Bazin die Augen zum Himmel aufgeschlagen und demüthig als der Letzte einherschreitend, an ihm vorüberging, faßte ihn d’Artagnan unten an seinem Rocke.

      Bazin schaute nieder und machte einen Sprung rückwärts, als ob er eine Schlange gesehen hätte.«

      »Herr d’Artagnan!« rief er, »vade retro Satanas! …«

      »Wie, mein lieber Bazin,« sagte der Officier lachend, »so nehmt Ihr einen alten Freund auf!«

      »Herr,« antwortete Bazin, »die wahren Freunde des Christen sind diejenigen, welche ihm an seinem Heile arbeiten helfen, und nicht diejenigen, welche ihn davon abwenden.«

      »Ich verstehe Euch nicht, Bazin,« antwortete d’Artagnan, »und sehe nicht ein, wie ich ein Stein des Anstoßes für Euer Heil sein kann.«

      »Ihr vergeßt, gnädiger Herr,« antwortete Bazin, »daß Ihr beinahe für immer das meines armen Gebieters zerstört hättet, und daß Ihr nicht die Ursache waret, wenn er sich nicht verdammte, indem er Musketier geblieben wäre, indeß ihn sein Beruf so mächtig zu der Kirche hinzog.

      »Mein lieber Bazin,« versetzte d’Artagnan, »Ihr müßt an dem Orte, wo Ihr mich findet, erkennen, daß ich mich in allen diesen Dingen bedeutend verändert habe, und da ich nicht daran zweifle, daß Euer Herr auf dem besten Weg ist, sein Heil zu gründen, so komme ich, um Euch zu fragen, wo er sich aufhält, damit er mir durch seinen Rath das meinige machen hilft.«

      »Sagt lieber, um Ihn mit Euch in die Welt zurückzuführen. Zum Glücke,« fügte Bazin bei, »weiß ich nicht, wo er ist, denn da wir an einem heiligen Orte sind, würde ich keine Lüge wagen.«

      »Wie!« rief d’Artagnan sehr ärgerlich, »Ihr wißt nicht, wo Aramis ist?«

      »Einmal ist Aramis sein Name des Verderbens; in Aramis findet man Simara und dies ist ein Teufelsname; zu seiner Ehre hat er diesen Namen für immer aufgegeben.«

      »Ich

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