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folgen Sie uns,« sagte der Officier.

      Die beiden Verurtheilten warfen auf ihr Gefängniß jenen letzten Blick der Trauer und der Rührung, welche der Verurtheilte, den man zum Tode führt, stets auf seinen Kerker zu werfen pflegt, und in Folge jenes Wunsches, den der Mensch empfinden etwas zurückzulassen, kratzte André mit einem Nagel seinen Namen und den seines Vaters in die Wand ein, so daß sich diese Namen über dem Bett eines jeden befanden.

      Dann folgte André den Soldaten, in deren Mitte sein Vater bereits Platz genommen.

      Eine schwarz gekleidete Frau erwartete sie in dem Hofe, den sie zu durchschreiten hatten. Mit festem Schritt kam sie ihnen entgegen.

      André stieß einen lauten Schrei aus und begann an allen Gliedern zu zittern.

      »Die Chevalière San Felice!« rief er.

      Luisa sank auf die Knie nieder.

      »Warum knieen Sie, Signora, während Sie doch Niemanden um Verzeihung zu bitten haben?« fragte André.

      »Wir wissen Alles. Der wirklich Schuldige hat sich selbst angegeben. Lassen Sie mir auch die Gerechtigkeit widerfahren, zu erklären, daß, ehe ich Michele’s Brief erhalten, Sie schon den meinigen besaßen.«

      Luisa schluchzte.

      »Mein Bruder!« murmelte sie.

      »Ich danke!« sagte André.

      »Mein Vater, segne deine Tochter.«

      Der alte Mann näherte sich Luisa und legte seine Hand auf ihr Haupt.

      »Möge Gott Dich segnen, wie ich Dich segne, mein Kind, und von deiner Stirn selbst den Schatten des Unglücks fern halten.«

      Luisa ließ den Kopf auf die Knie herabsinken und brach in lautes Schluchzen aus. Der junge Backer ergriff eine lange Locke ihres wallenden blonden Haares und drückte sie begierig an seine Lippen.«

      »Bürger!« murmelte der Officier.

      »Wir sind bereit,« sagte André.

      Bei dem Geräusch der sich entfernenden Tritte richtete Luisa den Kopf empor und folgte knieen bleibend und mit, ausgestreckten Armen den Verurtheilten mit den Augen, bis sie hinter der Ecke des aragonesischen Triumphbogens verschwanden.

      Wenn irgend etwas den unheimlichen Eindruck dieses Trauerzuges noch vermehren konnte, so war es die Einsamkeit und das Schweigen der Straßen, welche die Verurtheilten passierten, obschon diese Straßen die volkreichsten von Neapel waren.

      Von Zeit zu Zeit jedoch öffnete beim Geräusch eines bewaffneten Trupps sich verstohlen eine Thür oder ein Fenster, man sah ein schüchternes Gesicht, welches fast allemal einer Person weiblichen Geschlechts angehörte, durch die Oeffnung lugen und dann schloß die Thür oder das Fenster sich schneller wieder, als sie sich geöffnet hatten.

      Man hatte zwei Waffenlose in der Mitte eines Trupps Bewaffneter gesehen und man errieth, daß diese beiden Männer zum Tode geführt wurden.

      So durchschritten sie Neapel in seiner ganzen Länge und kamen endlich auf den sogenannten Altmarkt, dem gewöhnlichen Hinrichtungsplatz, heraus.

      »Hier ist es,« murmelte André Backer.

      Der alte Backer schaute sich um.

      »Wahrscheinlich,« murmelte er.

      Dennoch aber ging es immer noch weiter über den Markt hinweg.

      »Wo führt man uns hin?« fragte Simon auf deutsch.

      »Wahrscheinlich sucht man einen bequemeren Platz, als dieser hier ist,« antwortete André in derselben Sprache.

      »Man bedarf einer Mauer und hier gibt es nur Häuser.«

      Als sie auf den kleinen Platz der Kirche del Carmine gelangten, berührte André seinen Vater am Ellbogen und zeigte mit den Augen auf eine der Wohnung des Pfarrers gegenüberstehende Verbindungsmauer ohne irgend welche Oeffnung.

      Es war dies dieselbe, an welcher man gegenwärtig ein großes Crucifix angebracht sieht.

      »Da,« antwortete Simon.

      In der That lenkte der Officier, welcher den kleinen Trupp commandirte, seine Schritte nach dieser Richtung. Die beiden Verurtheilten beschleunigten ihren Schritt, traten aus den Reihen heraus und stellten sich an die Mauer.

      »Wer wird von den Beiden zuerst sterben?« fragte der Officier.

      »Ich!« rief der alte Backer.

      »Mein Herr,« fragte Andre den Officier, schaben Sie ausdrücklichen Befehl, uns nur Einen nach dem Andern zu erschießen?«

      »Nein, Bürger,« antwortete der Officier; »eine dahin lautende Instruction habe ich nicht erhalten.«

      »Nun dann, wenn es Ihnen gleich wäre, so würden wir Sie um die Gunst bitten, mit einander und gleichzeitig erschossen zu werden.«

      »Ja, ja,« sagten fünf oder sechs Stimmen unter der Escorte, »das können wir Ihnen schon zu Gefallen thun.«

      »Sie hören es, Bürger,« sagte der mit dieser traurigen Mission beauftragte Offieier, »ich werde Alles, was in meinen Kräften steht, thun, um Ihre letzten Augenblicke zu versüßen.«

      »Man gewährt unsere Bitte!« rief der alte Backer hoch erfreut.

      »Ja, mein Vater,« sagte André indem er ihn umschlang »wir wollen diese Herren, die so freundlich gegen uns sind, nicht lange warten lassen.«

      »Haben Sie Sie noch um eine letzte Gunst zu bitten oder irgend einen Auftrag zu ertheilen?« fragte der Officier.

      »Nein,« antworteten die beiden Verurtheilten.

      »Nun denn, da es einmal sein muß,« murmelte der Offieier, »aber so wahr ich lebe, man hat uns da ein häßliches Handwerk aufgenöthigt.«

      Mittlerweile hatten die beiden Verurtheilten während André seinen Vater immer noch umschlungen hielt, sich mit dem Rücken an die Mauer gestellt.

      »Stehen wir so recht, meine Herren?« fragte der junge Backer.

      Der Officier machte eine bejahende Geberde.

      Dann drehte er sich nach seinen Leuten herum und fragte:

      »Sind die Gewehre geladen?«

      »Ja.«

      »Wohlan, dann stellt Euch. Macht schnell und seht zu, daß sie nicht lange leiden. Es ist dies der einzige Dienst, den wir ihnen leisten können.«

      »Ich danke Ihnen, mein Herr,« sagte André.

      Was nun geschah, ging rasch vorüber wie ein Gedanke.

      Man hörte schnell auf einander die Commandoworte:

      »Fertig! – Schlagt an! – Feuer!«

      Dann krachte eine Salve.

      Alles war vorüber.

      Die Republikaner von Neapel hatten, durch das Beispiel derer von Paris verleitet, eine jener blutigen Thaten begangen, zu welchen das Fieber des Bürgerkrieges oft das beste Gemüth und die heiligste Sache verlockt. Unter dem Verwand, den Bürgern jede Hoffnung auf Verzeihung, den Kämpfenden jede Aussicht auf Rettung zu rauben, hatten sie einen Blutstrom zwischen sich und die königlicher Gnade gezogen – eine unnütze Grausamkeit, welche nicht einmal die Entschuldigung der Nothwendigkeit für sich hatte.

      Allerdings waren dies die einzigen Opfer; sie genügten aber, um den bis jetzt makellosen Mantel der Republik mit einem unvertilgbaren Blutflecken zu besudeln.

      In demselben Augenblick, wo die beiden Backer von denselben Kugeln getroffen einer in des andern Armen todt niedersanken, übernahm Bassetti das Cammando der Truppen von Capodichino, Manthonnet das der Truppen von Capodimonte und Writz das der Truppen der Magdalena.

      Die Straßen waren allerdings öde und leer, dafür aber waren alle Mauern der Castelle und alle Terrassen der Häuser mit Zuschauern bedeckt, welche mit bloßen Augen oder mit dem Fernrohr in der Hand zu sehen suchten, was auf jenem unermeßlichen Schlachtfelde vorginge, welches sich von Granatello bis Capodimonte erstreckt.

      Auf dem

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