Скачать книгу

bei ihm zubringen wollte.

      »Aber was fällt Euch denn ein, Herr Graf,« entgegnete der Bader, »Ihr habt Euch ja heute Morgen vermählt?«

      »Meiner Treu, das ist wahr,« sagte er; »daran dachte ich nicht mehr.«

      Der Vierte endlich war Souscarières und wir wollen vor der Hand weiter nichts von ihm sagen, da sich im Laufe der Erzählung Gelegenheit genug bieten wird, ihn dem Leser so gut als möglich bekannt zu machen. Die Art übrigens, wie er sich bei dem erzählten Vorfalle benahm, wird hoffentlich vorläufig genügen, um sich ein flüchtiges Bild von dieser eigentümlichen Persönlichkeit entwerfen zu können.

      Alle Drei hatten, wie wir erwähnt, triumphierend die Schenke »zum gefärbten Barte« verlassen, hatten, die Einen springend, die Andern kriechend, die Barriere gewonnen, welche Tag und Nacht die beiden Enden der Rue de l'Homme armé absperrte, und waren dem Marquis Pisani gefolgt, welchen sie auf dem Wege nach dem Hotel Rambouillet anzutreffen hofften, das in der Rue St. Thomas du Louvre gelegen, war, an dem Platze, wo sich jetzt das Theater Du Vaudeville erhebt.

      Sie holten ihn auch ein, aber erst an der Ecke der Rue Fromenteau und der Rue des Orties, d. h. nur noch hundert Schritte von dem Hotel entfernt.

      Ihre Schritte hinter sich vernehmend, hatte der Marquis sich nach ihnen umgewandt und sie erkannt; sofort ließ er sich, ganz außer Atem durch den heftigen Lauf, auf dem steinernen Vorsprung eines Portales nieder, lehnte sein Haupt gegen die Mauer und erwartete seine Freunde.

      Diese kamen nicht in einer Gruppe herbei, sondern waren in ziemlicher Entfernung auseinander, welche nicht sowohl durch den Grad der Wunden, die sie erhalten hatten, sondern durch die Länge ihrer Beine bedingt war. Zuerst kam Souscarières, eine Art Athlet in der Höhe von 5 Fuß 9 Zoll; hinter ihm lief der Graf Brancas, der eigentlich schon vergessen hatte, was vorgefallen war und sich vergebens fragte, wodurch er zu solcher Eile gedrängt werde. Zuletzt keuchte der kleine Voiture einher, der trotz seiner dreißig Jahre schon Anlage zur Fettleibigkeit zeigte.

      Souscarières blieb vor Pisani stehen, welcher mit seiner hässlichen Gestalt, mit seiner verzerrten Miene und seinem glühenden Blicke einer jener phantastischen Figuren glich, die von der tollen Einbildungskraft der Architecten des 15. Jahrhunderts au die Portale der damaligen Gebäude hingezaubert wurden.

      »Du bist doch völlig toll, Pisani,« sagte Souscarières, indem er die Arme kreuzte und sich dicht vor seinen Freund hinstellte, »dass Du unaufhörlich Dich und uns mit Dir in solche hässliche Geschichten stürzest. Da wurde nun ein Mann getödtet – es ist das freilich fein großes Unglück; er war ein bekannter Halsabschneider, wir werden bezeugen, dass Du Dich in dem Falle der gesetzlichen Notwehr befandest, und sein Tod wird ohne weitere schlimme Folgen für Dich sein; aber setze den Fall, dass ich nicht zu rechter Zeit gekommen wäre und ihn von hinten gespießt hätte, während Du ihm diesen Liebesdienst von vorne erwiesest – was wäre geschehen? Nichts, als dass Du jetzt selbst an seinem Spieße stockst wie eine Lerche.«

      »Nun,« antwortete Pisani finster, »wo wäre dabei das große Unglück?

      »Wie, wo dabei das Unglück wäre?«

      »Ja! Wer sagt Dir, dass ich nicht den Tod suche? Führe ich etwa ein angenehmes Leben, verspottet von den Männern, verachtet von den Frauen, wie ich es bin? Wäre da der Tod nicht eben so viel wert, oder wäre es nicht besser, wenn ich das Licht dieser Welt gar nicht erblickt hätte?«

      Und mit den Zähnen knirschend, hob er seine Faust gegen den Himmel.

      »Aber wenn Du Dich mit Gewalt tödten lassen willst, mein lieber Marquis, wenn der Tod Dir gar so viel wert ist, warum riefst Du uns dann zu Hilfe, als der Degen des ehrenwerten Latil im Begriffe stand, deinen Wunsch zu erfüllen?«

      »Weil ich mich rächen will, bevor ich sterbe.«

      »Was der Teufel! Wenn man sich rächen will und dabei einen Freund hat, der Souscarières heißt, so theilt man ihm hübsch seine kleinen Angelegenheiten mit und rennt nicht blindlings in eine finstere Schenke, um daselbst einen Strolch aufzusuchen, der seine Degenstöße verkauft.«

      »Ich musste diesen Strolch aussuchen, weil nur ein solcher mir den Dienst erweisen kann, den ich begehre. Wenn dieser Dienst deiner würdig gewesen wäre, so hätte ich mich gewiss an keinen Andern gewendet, ja nicht einmal zu Dir wäre ich gekommen; ich selbst hätte meinen Mann herausgefordert und getödtet. Einen verhassten Nebenbuhler zu seinen Füßen im Todeskampfe zu sehen, ist ein zu wollüstiges Gefühl, als dass man es sich entgehen lassen sollte.«

      »Und warum lässt Du es Dir entgehen?«

      »Du willst mich etwas sagen lassen, was ich weder sagen kann noch will.«

      »Heraus mit der Sprache, Mordieu;das Ohr eines ergebenen Freundes ist ein Brunnen, in dem Alles spurlos unter sinkt, was hineingeworfen wird. Du dürstest nach dein Mute eines Mannes – nun wohl, so schlage Dich mit ihm, tödte ihn.«

      »Aber, Unglücklicher,« rief Pisani, den seine Leidenschaft ganz fortriss, »schlägt man sich wohl mit den Prinzen von Geblüt, oder schlagen sich die Prinzen von Geblüt etwa mit uns einfachen Edelleuten? Nein – wenn man sich ihrer entledigen will, so muss man sie ermorden lassen.«

      »Und das Schafott?« fragte Souscarières.

      »Wenn er einmal todt gewesen wäre, so hätte ich auch mir den Tod gegeben; habe ich nicht einen Ekel vor dem Leben?«

      »Oho!« rief plötzlich Souscarières, sich an dir Stirne schlagend. »Sollte ich vielleicht zufällig erraten?«

      »Es ist möglich,« sagte Pisani, sorglos die Achsel zuckend.

      »Sollte der Mann, auf den Du eifersüchtig bist, mein lieber Pisani, etwa gar —«

      »Vollende immerhin.«

      »Aber nein, es kann nicht sein; Der, den ich meine, ist erst vor acht Tagen aus Italien zurückgekehrt.«

      »Es bedarf keiner acht Tage, um sich vom Hotel Montmorency in die Rue Cerisaie zu begeben.«

      »Es ist also —« Souscarières zögerte einen Augenblick und es war, als ob ihm das Wort unabsichtlich entschlüpfte – »es ist also der Graf von Moret

      Ein schrecklicher Fluch aus dem Munde des buckligen Marquis war seine einzige Antwort.

      »So; und wie heißt deine Flamme, mein lieber Pisani

      »Ich liebe Frau von Maugiron

      »Das ist ja eine köstliche Geschichte,« rief Souscarières mit einem schallenden Gelächter herausplatzend.

      »Ist das so lächerlich, was ich Dir erzählt habe?« fragte Pisani stirnrunzelnd.

      »Frau von Maugiron, die Schwester der Marion Delorme

      »Ja, die Schwester der Marion Delorme

      »Welche in demselben Hause wohnt, wie ihre andere Schwester, Frau von Montagne

      »Ja, und hundertmal ja!«

      »Nun, mein teurer Marquis, wenn Du keinen andern Grund hattest, dem armen Grafen nach dem Leben zu trachten, als den, dass er der Geliebte der Frau von Maugiron ist, so danke Gott, das, dein Wunsch nicht in Erfüllung gegangen ist, denn ein braver Edelmann wie Du hätte sein leben lang die schrecklichsten Gewissensbisse über dieses unnöthige Verbrechen gehabt.«

      »Wie das?« fragte Pisani, sich von seinem Steine erhebend.,

      »Weil der Graf von Moret nicht der Geliebte der Frau von Maugiron ist.«

      »Und wessen Geliebter ist er wohl?«

      »Der ihrer Schwester, der Frau von la Montagne

      »Unmöglich!«

      »Marquis, ich schwöre Dir, das, dem so ist.«

      »Der Graf von Moret wäre der Geliebte der Frau von la Montagne? Du schwörst mir das?«

      »Auf das Wort eines Edelmannes.«

      »Aber

Скачать книгу