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einer halben Stunde bedauerte ich es ein wenig, daß diese schöne Summe Dir zukomme, aber nun bedaure ich es nicht mehr, und Du bist ein braver Krämer, Planchet. Doch machen wir nun gute Rechnung, da gute Rechnungen, wie man sagt, gute Freunde machen.«

      »Oh! erzählt mir vor Allem die ganze Geschichte; das muß noch schöner sein, als das Geld.«

      »Meiner Treue,« sprach d’Artagnan, seinen Schnurrbart streichelnd, »ich sage nicht nein, und denkt je ein Geschichtschreiber an mich, um es aufzuzeichnen, so kann er wohl behaupten, er habe an keiner schlechten Quelle geschöpft. Höre also, Planchet, ich will Dir erzählen.«

      »Und ich will Stöße machen, fangt an, mein lieber Herr.«

      »Nun also,« sprach d’Artagnan, Athem holend. »Nun also,«, sagte Planchet, die erste Hand voll Thaler zusammenraffend.

       XXV.

      Das Spiel von Herrn von Mazarin

      In einem großen Zimmer des Palais-Royal, das mit dunkelfarbigem Sammet ausgeschlagen und mit einer großen Anzahl herrlicher Gemälde in goldenen Rahmen geschmückt war, sah man am Abend der Ankunft unserer zwei Franzosen den ganzen Hof vor dem Alkoven des Herrn Cardinal von Mazarin versammelt, der dem König und der Königin eine Spielpartie gab.

      Ein kleiner Windschirm trennte die drei Tische, welche im Zimmer standen. An einem dieser Tische saßen der König und die zwei Königinnen. Ludwig XlV., der seinen Platz der jungen Königin, seiner Gemahlin, gegenüber hatte, lächelte dieser mit einem Ausdruck wahren Glückes zu. Anna von Oesterreich hielt die Karten gegen den Cardinal, und ihre Schwiegertochter half ihr beim Spiel, wenn sie nicht ihrem Gemahl zulächelte. Der Cardinal, der mit einem sehr abgemagerten, sehr angegriffenen Gesicht im Bette lag, ließ sich sein Spiel von der Gräfin Soissons halten und schaute unabläßig mit einem Blick voll Interesse und Habgier darein.

      Der Cardinal hatte sich von Bernouin schminken lassen; doch das Roth, das an den Backenknochen allein glänzte, hob nur um so mehr die Blässe des übrigen Gesichts und das schimmernde Gelb der Stirne hervor. Nur die Augen hatten ein lebhafteres Feuer und auf diese Augen des Kranken hefteten sich von Zeit zu Zeit die unruhigen Blicke des Königs, der Königinnen und der Höflinge.

      Es ist wahr, die zwei Augen von Signor Mazarini waren die mehr oder minder glänzenden Sterne, in welchen Frankreich im siebenzehnten Jahrhundert jeden Abend und jeden Morgen sein Geschick las.

      Monseigneur gewann nicht und verlor nicht, er zeigte sich weder heiter noch traurig. Dies war eine Verdumpfung, in der ihn Anna von Oesterreich, voll Mitleid für seinen Zustand, nicht gern gelassen haben würde: doch um die Aufmerksamkeit des Kranken durch irgend einen Schlag zu erregen, hätte sie gewinnen oder verlieren müssen. Gewinnen war gefährlich, weil Mazarin seine Gleichgültigkeit in eine häßliche Grimasse verwandelt haben würde; verlieren war auch gefährlich, weil sie hätte betrügen müssen, und die Infantin, welche über dem Spiele ihrer Schwiegermutter wachte, ohne Zweifel über ihre Begünstigung des Cardinals geschrieen haben würde.

      Diese Ruhe benützend, plauderten die Höflinge. Hatte Herr von Mazarin nicht gerade eine schlechte Laune, so war er ein gutmüthiger Fürst, und er, der Niemand zu singen hinderte, wenn man nur bezahlte, war nicht genug Tyrann, um Jemand am Sprechen zu hindern, wenn man nur zu verlieren sich entschloß.

      Man plauderte also. Am ersten Tisch beschaute der junge Bruder des Königs, Philipp Herzog von Anjou sein hübsches Gesicht in dem Spiegel eines Kistchens. Sein Günstling, der Chevalier von Lorraine, horchte, auf den Lehnstuhl des Prinzen gestützt, mit geheimem Neid auf den Grafen von Guiche, einen anderen Günstling von Philipp, der in gewählten Worten die verschiedenen Wechselfälle im Schicksal des abenteuerlichen Königs Karl II. erzählte. Er sprach wie von fabelhaften Ereignissen von der Geschichte seiner Wanderungen in Schottland und von seinen Schrecknissen, als die feindlichen Parteien seine Fährte verfolgten, von den Nächten, die er auf Bäumen, von den Tagen, die er im Hunger und im Kampfe zubrachte. Allmälig, interessirte das Geschick des unglücklichen Königs die Zuhörer so sehr, daß das Spiel, selbst am königlichen Tisch, erlahmte, und daß der junge König nachdenkend, mit irrem Blick, ohne daß er der Sache Aufmerksamkeit zu schenken schien, der von dem Grasen von Guiche sehr malerisch vorgetragenen Odyssee in allen ihren Einzelheiten folgte.

      Die Gräfin von Soissons unterbrach den Erzähler und sagte:

      »Gesteht, Graf, Ihr schmückt aus.«

      »Madame, ich erzähle wie ein Papagei alle die Geschichten, die mir von verschiedenen Engländern erzählt worden sind. Ich muß sogar zu meiner Schande sagen, daß ich wortgetreu bin wie eine Abschrift.«

      »Karl II. wäre gestorben, wenn er dies Alles hätte aushalten müssen.«

      Ludwig XIV. erhob seinen gescheiten, stolzen Kopf und sprach mit einer Stimme, welche noch vom schüchternen Kinde zeugte:

      »Madame, der Herr Cardinal wird Euch sagen, daß zur Zeit meiner Minderjährigkeit die Sache Frankreichs auf dem Spiel stand, und daß ich, wenn ich größer und das Schwert zu ergreifen genöthigt gewesen wäre, dies zuweilen hätte thun müssen, um ein Abendbrot, zu gewinnen.«

      »Gott sei Dank,« entgegnete der Cardinal, der zum ersten Mal sprach, »Eure Majestät übertreibt, denn, ihr Abendbrod war jedes mal pünktlich mit dem ihrer Bedienten gekocht.«

      Der König erröthete.

      »Oh!« rief Philipp unbesonnener Weise von seinem Platze aus, ohne daß er sich zu spiegeln aufhörte, »ich erinnere mich, daß einmal in Melun dieses Abendbrod für Niemand bereitet war, und daß der König zwei Drittel von einem Stück Brod aß, von dem er mir das andere Drittel überließ.«

      Die ganze Gesellschaft, als sie Mazarin lachen sah, brach in ein Gelächter aus. Man schmeichelt den Königen durch die Erinnerung an ein vergangenes Mißgeschick, wie durch die Hoffnung auf ein zukünftiges Glück.

      »Immerhin ist so viel gewiß, daß die Krone Frankreichs gut auf dem Haupte der Könige gehalten hat, während sie von dem des Königs von England gefallen ist.« fügte Anna von Oesterreich schleunigst bei; »und wenn zufällig diese Krone ein wenig wankte, denn es gibt zuweilen Thronbeben, wie es Erdbeben gibt, so stellte jedesmal, so oft die Empörung drohte, ein guter Sieg die Ruhe wieder her.«

      »Mit einigen Kleinodien mehr bei der Krone,« sagte Mazarin.

      Der Graf von Guiche schwieg; der König gab seinem Gesicht eine gewisse Haltung, und Mazarin wechselte mit Anna von Oesterreich einen Blick, als wollte er ihr für ihre Erfindung danken.

      »Gleichviel,« sagte Philipp, seine Haare glättend, »mein Vetter Karl ist nicht schön, aber er ist sehr tapfer, er hat sich geschlagen wie ein Reitersknecht, und wenn er fortfährt, sich so zu schlagen, so wird er ohne Zweifel am Ende eine Schlacht wie . . . Rocroy gewinnen.«

      »Er hat keine Soldaten,« unterbrach ihn Herr von Lorraine.

      »Der Stadhouder von Holland, sein Verbündeter, wird ihm geben. Ich hätte ihm auch gegeben, wenn ich König von Frankreich gewesen wäre.«

      Ludwig XIV. erröthete über die Maßen.

      Mazarin stellte sich, als schaute er aufmerksamer als je sein Spiel an.

      »Zu dieser Stunde,« sprach der Graf von Guiche, »ist das Geschick des unglücklichen Prinzen schon in Erfüllung gegangen. Hat ihn Monk getäuscht, so ist er verloren. Das Gefängnis, der Tod vielleicht werden beendigen, was die Verbannung, die Schlachten und die Entbehrungen angefangen hatten.«

      Mazarin faltete die Stirne.

      »Ist es ganz sicher, daß Seine Majestät König Karl II. das Haag verlassen hat?« fragte Ludwig XIV.

      »Ganz sicher, Eure Majestät,« antwortete der Graf von Guiche. »Mein Vater hat einen Brief erhalten, in welchem ihm die einzelnen Umstände mitgetheilt werden: man weiß sogar, daß, der König in Dover gelandet ist, Fischer haben ihn in den Hafen einlaufen sehen; das Uebrige ist noch Geheimniß.«

      »Ich möchte das Uebrige wohl wissen,« sprach ungestüm Philipp. »Ihr wißt es, mein Bruder.«

      Ludwig

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