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Der Arzt auf Java. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Der Arzt auf Java
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Eusebius stieß einen Seufzer aus, aber er glaubte, er müsse sich den Launen des Doctors fügen und fragte daher: »Von was würde es Ihnen angenehm sein, zu sprechen?«
»Von Allem, was Sie wollen, mein junger Freund. Ich trinke ohne Unterschied den Arak und unsern vortrefflichen Schidam, Constantia und den Palmenwein. Ich habe Stunden lang mit einem ehrwürdigen Brahminen von Jaggernaut gesprochen und am Tage darauf, als ich alle Weisheit der 36 Seelenwanderungen Brahma’s erschöpft hatte, unterhielt ich mich deshalb nicht minder gut bei dem Geschwätz der Lascaren der Jonke auf welcher wir den heiligen Fluß hinabfuhren.«
»Nun denn, Herr Doctor,« sagte der junge Mann, indem er ungeachtet der instinktmäßig wachsenden Bedrückung seines Herzens ein vertrauensvolles und heiteres Wesen anzunehmen suchte, »dann sagen Sie mir, wie es kommt daß Sie mir so schnell Ihre Theilnahme geschenkt haben – da Sie doch —«
Eusebius sah, daß er auf eine gefährliche Bahn eingelenkt hatte, und zögerte, seinen Satz zu beenden.
»Da ich doch?« wiederholte der Doctor, und als er sah, daß Eusebius in seinem Schweigen beharrte, sagte er: »Da ich doch das Bischen Wissenschaft, welches ich besitze, oder das man mir zutraut, nur um schweres Geld verkaufe, nicht wahr? – Das wollten Sie sagen, oder das war wenigstens Ihr Gedanke.«
»Ach« Herr Doctor —«
»Er beleidigt mich nicht. Zum Henker, der Priester lebt vom Altare und der Arzt vom Tode. Glauben Sie denn, wenn ich mir die Mühe geben wollte, könnte ich Ihnen nicht deutlich und unwiderleglich beweisen« daß eben so, wieder Arzt, auch jeder andere Mensch welchem Stande er immer angehöre, sich von dem Unglück seines Nächsten mästet? Nur wird das Uebel, welches er dem Einen zufügt, ihm durch den Andern vergolten. Bloß das Gute vergilt der Mensch niemals. Aber das würde uns zu weit führen. Kommen wir also auf unsere Frage zurück. Es gibt etwas, das ich dem Golde vorziehe, vielleicht, weil ich von diesem so viel habe« daß ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll.«
Eusebius sah den Doctor verwundert an.
Ach ja,«« sagte dieser, »das ist auch ein Beweis der guten Meinung, welche die Menschen von dem Menschengeschlecht haben. Es wundert Sie, daß ich gestehe, daß ich reich bin? Man sagt dergleichen Dinge aus zwei Ursachen nicht. Erstens, weil der reiche Mensch stets fürchtet, daß man ihn bestehle, und zweitens, weil er noch weit mehr fürchtet, daß man den Quellen seines Reichthums nachforschen werde. Diese Quellen aber, mein Freund, bestehen größtentheils in Bestechung, Wucher, Betrug, Diebstahl, selbst in Mord. Sie begreifen wohl die Mißachtung« welche auf unsere meisten Millionäre fallen würde« wenn man bis zu ihren Quellen zurückginge. Die Reisenden« welche die Ufer des Nil aufgesucht haben und bis zu dem vierten Breitengrade gelangten, haben nichts gefunden, als stinkende Sümpfe, deren Ausdünstungen tödten. Mein junger Freund« ein großes Vermögen stammt meistens aus Sümpfen her, die noch viel stinkender sind, als die des Nils. Athmen Sie die Ausdünstungen nicht zu sehr in der Nähe ein, oder Sie laufen Gefahr, dabei mehr Kohlensäure als Sauerstoff in ihre Lungen einzusaugen. Bei mir ist das etwas Anderes; ich bin ein unverschämter Schuft, und sage ganz laut, woher mein Reichthum stammt. Gleich dem Doctor Fausts habe ich mich dem Satan verschrieben und dieser ließ mich aus dem Becher der Wissenschaft trinken. Ich kämpfe gegen Gott, indem ich die Leute gesund mache; aber ich stelle meinen Preis vor der Genesung, denn wenn ich es erst hinterher thäte« so würde ich fadenscheinige Hosen und Löcher in den Ellenbogen meines Rockes haben.«
»Das ist es eben, was mich die Frage an Sie richten ließ, Doctor, auf die Sie noch nicht geantwortet haben.«
»Nun wohl, so thue ich das jetzt, mein junger Freund. Es geschah, weil es etwas gibt, das ich dem Golde vorziehe, und das ist meine Laune. Deshalb. gebe ich so wenig auf Ihre Dankbarkeit – Rauchen Sie Opium, mein Herr van der Beek?«
»Nein, Doctor.«
»Sie haben Unrecht; das Opium ist etwas ganz Vortreffliche. Man sagt, es mache mager: sehen Sie mich an. Man sagt, es gewähre einen matten Blick: sehen Sie in meine Augen.«
Indem der Doctor so sprach, schlug er sich auf seinen wohlgerundeten Bauch, der einen hohlen Klang gab, wie eine große Kiste, und schoß aus seinen Augen Blitze, welche Eusebius blendeten.
»Man sagt, es verkürze das Leben,« fuhr der Doctor fort. »Irrthum, Lüge, Verleumdung! Es verdoppelt es, denn es macht aus unserm Schlafe ein zweites Leben.«
»Doctor,« sagte Eusebius ängstlich, »was den Schlaf betrifft – finden Sie nicht, daß der meiner Frau sich auf eine beunruhigende Weise verlängert?«
»Wissen Sie, daß die Orientalen, die Türken, die Araber, selbst die Chinesen, welche wir als Anfänge der Schöpfung, als mißlungene Werke der Menschheit betrachten, das Leben viel logischer aufzufassen verstehen, wie wir Menschen des Occidents? Was ist denn unsere einfältige und lärmende Trunkenheit, die Trunkenheit des Weins, oder des Biers, die materielle Anfüllung, die den Menschen unter das Thier herabsetzt, neben dieser Begeisterung durch einen wohlriechenden Dunst, der bei dem beständigen Streben nach Oben in den Kopf steigt, statt sich in den Magen hinabzusenken, neben dieser feenhaften Betäubung, die unsere Seele von ihrer irdischen Hülle loslöst und ihr gestattet, von Paradies zu Paradies zu fliegen?«
»Doctor, lieber Doctor, lassen Sie uns von Esther sprechen, ich beschwöre Sie!«
»Nun wohl, wenn Sie es durchaus wollen,« sagte der Doctor Basilius, ohne sich Mühe zu geben, seine üble Laune zu verbergen.
»Sie müssen also wissen« Doctor, daß sie schon, ehe wir Harlem verließen, einen hartnäckigen Husten hatte, der mich beunruhigte.«
»So, Sie sind von Harlem?« sagte der Doctor Basilius, scheinbar ohne die Ungeduld zu bemerken, welche Eusebius über diese Unterbrechung empfand. – »Ein hübsches kleines Städtchen, meiner Treu!«
»Eine reizende Stadt, Doctor; nur gestatten Sie —«
»Aber,« fuhr er fort, »wenn Sie wirklich aus Harlem sind, so vermuthe ich, daß Sie auch die berühmte nächtliche Runde von Rembrandt kennen, die sich gegenwärtig in der Gallerie des Herrn van Tomme befindet?«
»Ja, Doctor,« erwiederte Eusebius, »aber ich wollte Ihnen sagen —«
»Mein Lieber, ich will Ihnen etwas sagen, was viel interessanter ist, als Alles, was Sie mir mittheilen können. Ich spreche von dem Meisterwerk eines Menschen, welches leben wird so lange die Leinwand, auf welche dieses Meisterwerk aufgetragen ist, und die Farben, mit denen es gemalt wurde, halten, das heißt, Jahrhunderte, während der Mensch, dieses Meisterwerk Gottes, aus Fleisch und Bein bestehend, 30, 40, 50, 60 Jahre lebt, dann aber in Fäulniß untergeht! – Puh! wie Hamlet sagt!«
»Doctor,« sagte Eusebius, indem er unwillkürlich erbebte, »ich schwöre Ihnen, daß Sie mir Furcht einflößen.«
»Nun wohl,« fuhr Basilius fort, als hätte er Eusebius Worte nicht gehört, »dieses berühmte Bild ist nur eine Copie, mein lieber Herr van der Beek. Wenn Sie das Original kennen lernen wollen, so brauchen Sie nur zu mir zukommen, und Sie werden dort nicht nur die nächtliche Runde sehen, sondern auch meine ganze Gallerie; denn Sie müssen wissen, daß ich eine sehr schöne Gemäldegallerie in meinem elenden Häuschen am Quai von Batavia besitze. Wie ich Ihnen eben sagen wollte, habe ich dort, Dank meinem Reichthume, um mich alle positiven Genüsse der Orientalen und alle intellectuellen der Europäer vereinigt. Sie werden daher auch bei mir Alles finden, die Meisterwerke der Kunst und der Natur, Rembrandt, Tizian, Rubens; die besten Weine Ungarns, Frankreichs und Spaniens, und endlich die schönsten Proben der drei Stämme, welche die Welt bevölkern, des schwarzen Stammes, des weißen und des gelben.«
»Mein Gott, mein Gott,« murmelte der junge Mann halblaut, indem er in heftiger Aufregung in dem Gemach umher ging und dabei einen Blick auf die junge Frau warf, die noch immer regungslos und stumm dalag, »mein Gott, ist es denn möglich, daß dieser unbarmherzige Schwätzer eben der Doctor Basilius sei, von dem man so wunderbare Curen erzählt hat?«
Dann blieb er endlich vor dem Doctor stehen, wie ein Mensch, der einen Entschluß gefaßt hat, und sagte: »Herr Doctor, besichtigen Sie