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unten breiter machten als oben, verliehen seiner Physiognomie einen einfältigen Ausdruck, der nur durch seinen eigenthümlichen Blick beseitigt wurde.

      Wenn in der That irgend eine Verwandtschaft zwischen dem Doctor Basilius und dem Geiste der Finsterniß bestand, so mußte man sie in den Augen des Doctors suchen. Obgleich sie in den Höhlen tief zurücklagen und halb durch dicke Augenbrauen verborgen wurden, waren die Augen des Doctor Basilius dennoch feurig und stechend und dieser Ausdruck stand in Harmonie mit der eigenthümlichen Feinheit feines Mundes, dessen Lippen sich an den Enden mit seinem Lächeln bogen, das vollständig gegen den übrigen Theil dieser höllischen Hülle abstach.

      Seine Stirn war hoch und ganz kahl, so daß man einen doppelten Vorsprung bemerken konnte, welcher sich an der Stelle befand, welche die Mythologie den Hörnern der Satyre und die Magie des Mittelalters denen Satan’s anweist. Der Mangel der Haare war durch eine gewebte rothe Mütze ersetzt, welche sich über die Ohren ziehen ließ, wenn der Doctor sich gegen die Kälte oder den Regen schützen wollte, die er aber in Form einer chinesischen Kappe in die Höhe zog, wenn er glaubte, daß seine Ohren durch die Wirkung der Luft keine Gefahr liefen.

      Seine Kleider glichen durchaus nicht denen, welche gewöhnlich seine Standesgenossen tragen. Ueber die Beinkleider von gestreiftem Baumwollzeuge hatte er, um sich gegen den Regen zuschützen, ein Paar jener gelb getheerten Hosen gezogen, deren die Matrosen sich auf dem Meere bedienen; ein Paletot von blauem Tuch, sehr grob, aber warm und bequem und ein rothes Madrastuch, um den Hals durch eine gewaltige Tuchnadel in Form eines Ankers befestigt, vollendeten eine Kleidung, die an den Ufern des Zuyderzees außerordentlich passend hätte erscheinen können, die aber sich dessen in Juba nicht rühmen durfte.

      Wie wir erwähnten, hatte der Doctor auf einem Bambusschemel Platz genommen, und um den Schemel in einen Stuhl zu verwandeln, denselben in eine Ecke gestellt. Um sich die Langeweile zu vertreiben, rauchte er aus einer Pfeife von versilbertem Kupfer, die er mit einer Opiummischung gestopft hatte.

      »Aber wie sind Sie denn hergekommen, Herr Doctor?« fragte Eusebius van der Beek verwundert.

      »Durch die Luft und auf einem Besenstiel,« sagte der Doctor mit einem kurzen scharfen Lachen, welches ihm eigenthümlich war und so ziemlich dem Zirpen der Grille glich. »Sie begreifen wohl, daß ich bei einem solchen Winde nicht lange brauchte, um den Weg zurückzulegen.«

      »Sie sind gekommen, Doctor,« sagte Eusebius, »und meine Dankbarkeit kümmert es nicht, welche Bewegungsmittel Sie angewendet haben. Ich danke Ihnen, guter Doctor, ich danke Ihnen.«

      Er suchte nach der Hand des Doctors, um sie ihm voll Innigkeit zu drücken.

      »Sehen Sie sich vor,« sagte der Doctor, indem er sie lebhaft zurückzog, »Sie möchten sich an meinen Krallen verbrennen.«

      »Was wollen Sie damit sagen?« fragte Eusebius. »Sollten Sie der Einzige in dieser guten Stadt Batavia sein, welcher nicht weiß, daß Satan und ich ein paar gute Freunde sind; daß der Fürst der Finsterniß jeden Morgen mit mir meinen Milchcaffee und jeden Abend meinen schwarzen Caffee trinkt und daß ich es seinen Rathschlägen verdanke, wenn ich bei drei oder vier Gelegenheiten etwas weniger als ein Esel erschien, wie meine Herren Confratres?«

      »Allerdings, Herr Doctor, habe ich darüber sprechen hören. Aber wie können dergleichen Albernheiten in unserer Zeit Glauben finden?«

      »Ei, ei, mein junger Freund, man muß auf nichts schwören. Ueberdies ist die Dankbarkeit eine Last, die sich schwer bis an das Ende tragen läßt und viele Personen wären sehr froh, sich ihrer entledigen zu können, selbst um den Preis einer Albernheit.«

      »Ach, Herr Doctor, glauben Sie mir, daß ich nicht zu Denen gehöre und ich mich mein ganzes Leben lang der Verpflichtung erinnern werde, welche ich Ihnen für die Schnelligkeit und Uneigennützigkeit schulde, mit der Sie mir zu Hilfe geeilt sind.«

      »He! he! he!« rief der Doctor mit einem so wüthenden Gelächter, daß es in einen heftigen Husten überging. – »Er unterhält mich, der junge Mensch; er unterhält mich ganz gewaltig. – Fahren Sie fort, mein kleiner Freund;ich liebe es, die Aeußerungen des Herzens sich in einem Wasserfalle von Worten ergießen zusehen; sie beweisen eine schöne Seele bei Dem, welcher sich ihnen hingibt und ich bewundere die schönen Seelen. – Sie sagten also —?«

      »Daß Sie zur Vergeltung des Dienstes, den Sie mir leisten werden, Doctor, wenn Sie meine Esther heilen, über mich verfügen dürfen, wie es Ihnen gut dünkt, und daß ich, welchen Preis Sie auch von meiner Dankbarkeit fordern werden, stets bereit sein will, Ihnen mein Leben zu opfern, weil Sie mir mehr als das Leben gegeben haben, indem Sie das meiner Frau erhielten, die ich mehr liebe, als mich selbst.« »Mein Gott, das ist ja ein förmlicher Vertrag, den Sie mir da vorschlagen, mein lieber junger Mann. Ganz gewiß nehmen Sie die Schilderung, welche die guten Seelen Ihnen von mir gemacht haben, buchstäblich. Doch die Dankbarkeit führt Sie zu weit. – Die Dankbarkeit – Pest! sehen Sie sich wohl vor, denn das ist ein Gefühl, dem man mißtrauen muß.«

      »Doctor, sagte der arme Eusebius, welcher über die spöttische Weise, mit welcher Basilius seine Danksagungen aufnahm, so gekränkt war, daß ihm die Thränen über die Wangen liefen – »Doctor, verspotten Sie mich?«

      »O, ich werde mich wohl davor hüten,« sagte der Doctor mit lautem Gelächter; »habe ich jemals an irgend Etwas gezweifelt? Ich glaube an Alle Versprechungen; man meint es stets aufrichtig, wenn man sie leistet, aber wenn man sie halten soll, dann ist es freilich etwas anderes und die redlichen Leute bedauern es, sie gemacht zu haben, selbst wenn sie sie erfüllen.«

      »Doctor, ich schwöre Ihnen —«

      »Ich glaube von Ihnen, mein junger Freund, genau das, was ich von allen anderen Menschen glaube, das heißt, daß Sie es ehrlich meinen bei einem Versprechen und daß sie eben so ehrlich beim Vergessen sein werden.«

      »Doctor, ich schwöre Ihnen —«

      »Hören Sie,« sagte der Doctor, indem er Eusebius unterbrach, »Sie haben dort rechts von der Kommode ein Stückchen Spiegel. Nehmen Sie es vor das Gesicht und sagen Sie mir dann, was Sie sehen.«

      »Mein eigenes Bild-«

      »Nun wohl, ebenso gut können Sie schwören, daß Sie in zwanzig Jahren noch an Ihren Eid denken werden, wie Sie hoffen dürfen, daß in zwanzig Jahren Ihr Spiegelbild ebenso aussehen wird, wie heute. Aber gleichviel; fahren Sie nur fort, mein junger Freund. Ich habe zehnmal so viel Vergnügen daran, die Leute von ihrer Dankbarkeit sprechen zu hören, als es mir machen würde, die Wirkungen derselben zu unterzeichnen. Immer weiter also, immer weiter;legen Sie sich keinen Zwang auf.«

      »Doctor,« sagte der unglückliche Eusebius, der seinen sonderbaren Gast überzeugen wollte, daß er nicht ein Undankbarer sei, wie die Mehrzahl der Menschen, »ich hoffe, daß mir das Glück vorbehalten sein wird, Ihnen zu beweisen, daß Sie eine zu schlechte Meinung von der Menschheit haben. Aber jetzt scheint es mir, verlieren wir zu viel Zeit. Soll ich die Kranke wecken?«

      »Wozu?«

      »Ei, Herr Doctor, damit Sie ihr geben, was ihr Zustand erheischt.«

      »Ihr Zustand erheischt für den Augenblick nichts,« erwiederte der Doctor mit schneidendem Gelächter. »Sie schläft, wie Sie noch nie geschlafen hat. Sie werden keinen ihrer Athemzüge hören können.«

      »Das ist wahr,« sagte der junge Mann besorgt und that einen Schritt gegen das Bett. Der Doctor zog ihn an dem Rockschoße zurück.»Lassen Sie sie noch schlafen,« sagte er. »Indem Schlafe schöpft die Natur neue Kräfte Wer sagte Ihnen denn, ob nicht der Tod sogar, den man so sehr fürchtet, weiter nichts ist, als eine lange Ruhe, die uns zu einem neuen Leben vorbereitet? Hören Sie, ich glaube meiner Treu, ich habe da eben ein System aufgestellt. He he he he! Es ist vielleicht nicht so ganz abgeschmackt.«

      »Soll ich Ihnen nicht wenigstens, damit Sie Ihre Zeit nicht verlieren, die Krankheit Esther’s näher beschreiben?«

      »Zuerst, mein junger Freund, müssen Sie wissen, daß wir unsere Zeit nicht verlieren. Wir philosophiren, und das ist im Gegentheil die beste Verwendung, welche der Mensch den Stunden seines Lebens geben kann. Was die Auseinandersetzung der Krankheit Ihrer Frau betrifft, so kenne ich alle Symptome, die Sie mir angeben möchten,

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