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und wie Mephistopheles den Faust ins Verderben stürzt, war Talleyrand Napoleons böser Genius. Eben so wie sich Faust in seinen Momenten des Abscheues von Mephistopheles loszumachen sucht, suchte sich Napoleon in seinen Stunden des Zweifels von Talleyrand loszumachen. Aber sie schienen durch einen Höllenpact aneinander gekettet zu seyn, und wurden erst getrennt, als die Seele des Denkers, des Poeten, des Eroberers in den Abgrund fiel.

      Unter den Dreien war Talleyrand vielleicht am bangsten zu Muth, aber er erschien gewiß mit dem heitersten Antlitz.

      Napoleon konnte sich eines unheimlichen Gefühls nicht erwehren, als er ihn erblickte, und ohne seine Anrede abzuwarten, streckte er die Hand aus, um ihn weiter vortreten zu lassen, und sagte:

      »Fürst von Benevent, ich habe Ihnen nur ein paar Worte zu sagen. Wer mich verläugnet, ist mein Gegner, und ich achte ihn als solchen, aber wer sich, um mich zu verläugnen, sich selbst verläugnet, ist der Gegenstand meines größten Abscheues. Sie behaupten überall, daß Sie an dem Tode des Herzogs von Enghien keinen Theil gehabt; Sie versichern, daß Sie dem spanischen Kriege fremd seyen. Sie haben mir den Tod des Herzogs von Enghien schriftlich gerathen, und ich habe Briefe, in denen Sie mir die Politik Ludwigs XVI. dringend anempfehlen. Herr von Talleyrand,wer ein so kurzes Gedächtniß hat, kann mein Freund nicht seyn; schicken Sie mir morgen Ihren Kammerherrnschlüssel zurück, der dem Herrn von Montesguiou nicht nur bestimmt sondern bereits zugesichert worden ist.«

      Ohne den Fürsten von Benevent zu entlassen, ohne ein Wort hinzuzusetzen entfernte sich Napoleon durch die in Josephinens Gemächer führende Thür.

      Talleyrand wankte wie an dem Tage, wo ihn Maubreuil auf den Stufen der Kirche St. Denis mit einer Ohrfeige zu Boden warf. Aber dieses Mal traf der Schlag nur seine äußeren Verhältnisse, und der Oberkämmerer zählte, wie Mephistopheles, auf Satans Beistand, um mehr wieder zu bekommen, als er verloren hatte.

      Die Leser erinnern sich, daß Napoleon in derselben Nacht zu Cambacérès gesagt hatte, er werde im April mit 400,000 Mann an der Donau stehen. Er hielt Wort: die Bevölkerung von Donauwörth, die am 17 April 1809 auf den Straßen und Plätzen des Städtchens wogte, erwartete den Kaiser der Franzosen.

      III.

      Die Zwillinge

      Gegen neun Uhr Morgens entstand eine große Bewegung unter der Volksmenge, und ein lautes Gemurmel, das sich wie ein Lauffeuer vom äußersten Ende der Dillinger-Straße bis in den Mittelpunkt der Stadt verbreitete, war der Verbote eines ungewöhnlichen Ereignisses.

      Dieses Ereigniß war die Ankunft eines Couriers in grüner, goldbetreßter Uniform, der dem Wagen des Kaisers um eine halbe Stunde voraus eilte.

      Er sprengte im Galopp durch die auf beiden Seiten zurückweichende Menge der oberen Stadt zu, und hielt am Thore des vormaligen Klosters zum heiligen Kreuz an, wo Gemächer für den Kaiser eingerichtet worden waren.

      Der Generalmajor Berthier, der den Kaiser in dem alterthümlichen stattlichen Gebäude erwartete, wurde durch die Ankunft des Couriers keineswegs überrascht Der Prinz von Neuchâtel, der auf der Plattform des Schlosses durch ein Fernrohr schaute, hatte schon seit zehn Minuten den kaiserlichen Wagenzug auf der Landstraße bemerkt.

      Am 9. April hatte Erzherzog Carl ein Schreiben »an den Obergeneral der französischen Armee« nach München abgehen lassen. Mit einer andern Adresse war das Schreiben nicht versehen. Meinte der Erzherzog den Kaiser Napoleon damit und war für ihn, wie für den Abbé Loriquet, der Marquis von Bonaparte damals nur noch der Obergeneral Seiner Majestät Ludwig XVIII. Wenn dies der Fall war, so zeigte Erzherzog Carl überaus viel Starrsinn.

      Wir wollen dahingestellt seyn lassen, wer der Obergeneral, Marschall, Prinz, König oder Kaiser war, den der Erzherzog meinte; das kurze Schreiben lautete folgendermaßen:

      »Nach der Erklärung Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich zeige ich dein Herrn Obergeneral der französischen Armee an, daß ich die Weisung habe, mit den unter meinem Befehle stehenden Truppen vorzurücken und Jedermann, der mir Widerstand leisten wird, als Feind zu behandeln.«

      Dieser Brief war vom 9. April. Am 12. Abends hatte der Kaiser Napoleon in den Tuilerien durch eine telegraphische Depesche die Nachricht von diesem Beginne der Feindseligkeiten erhalten. Er war am 13. Morgens abgereist, und am 16. hatte er zu Dillingen den König von Baiern angetroffen, der seine Hauptstadt verlassen und sich gegen zwanzig Stunden zurückgezogen hatte.

      Durch die dreitägige ununterbrochene Reife ermüdet,verweilte Napoleon zu Dillingen, um daselbst zu übernachten, und gab dem Könige sein Wort, ihn binnen vierzehn Tagen in seine Hauptstadt zurückzuführen.

      Am andern Morgen um sieben Uhr setzte er seine Reisefort, und um den Zeitverlust wieder einzudringen, legte er dennoch übrigen Weg in der größten Eile zurück. Er fuhr im sausenden Galopp durch die engen Gassen von Donauwörth, und selbst die Anhöhe hinauf ging’s im Galopp, bis er endlich im Hofe des vormaligen Klosters anhielt und von dem Generalstabschef Berthier empfangen wurde.

      Die Förmlichkeiten waren kurz mit Napoleon. Er begrüßte den Fürsten von Neuchâtel mit einem kurzen: »Guten Tag, Berthier,« und dieser erwiederte den Gruß, wie gewöhnlich, murrend und an den Nägeln kauend. Dann winkte er dem übrigen Generalstabe mit der Hand zu und eilte, von einem Dutzend Diener geleitet, in die für ihn eingerichteten Gemächer.

      Auf einem großen Tische lag eine Specialkarte von Baiern ausgebreitet, auf welcher jeder Baum, jeder Bach, jedes Thal, jedes Dorf, sogar jedes Haus angegeben war.

      Napoleon trat sogleich an den Tisch, während ein Adjutant das Reiseportefeuille offen auf einen Säulentisch legte und der Kammerdiener das Bett auf dem ledernen Sack zog und in einem Winkel des Salons bereitete.

      »Gut,« sagte er, den Finger auf Donauwörth haltend, »sind Sie mit Davoust in Verbindung?«

      »Ja, Sire,« antwortete Berthier.

      »Mit Massena?«

      »Ja, Sire.«

      »Mit Oudinot?«

      »Ja, Sire.«

      »Dann geht Alles gut. Wo stehen die Generale?«

      »Der Marschall Davoust ist in Regensburg, der Marschall Massena und der General Oudinot sind in Augsburg;einige von ihnen abgeschickte Offiziere erwarten Ew. Majestät, um Bericht abzustatten.«

      »Haben Sie Spione ausgeschickt?«

      »Zwei sind schon zurückgekommen, ich erwarte den dritten und gewandtesten.«

      »Was haben Sie gethan?«

      »Ich habe mich so viel als möglich an den Plan Ew. Majestät gehalten, nemlich auf der großen Heerstraße gerade nach Regensburg zu marschiren und von da gegen Wien vorzurücken, zu Wasser aber nur die Kranken und Verwundeten sammt einem Theil der Munition und des Gepäcks der Armee fortzuschaffen.«

      »Gut, an Fahrzeugen wird es uns nicht fehlen; ich habe auf allen Nebenflüssen der Donau Alles ankaufen lassen, was zu finden war, und zwölfhundert meiner besten Seeleute von Boulogne genommen, falls wir auf den Inseln Widerstand finden. Sie haben Hacken und Schaufeln ankaufen lassen?«

      »Fünfzigtausend, ist das genug?«

      »Es ist gerade nicht zu viel . . . Sie sind am 13. Abends hier angekommen; was haben Sie seitdem angeordnet?«

      »Ich ertheilte zuerst Befehl, alle Truppen gegen Regensburg ausrücken zu lassen«

      »Haben Sie denn meinen Brief nicht erhalten, der Ihnen befahl, alle in Augsburg zusammenzuziehen?«

      »Ja wohl, und ich schickte sogleich Gegenbefehl an Oudinot, der mit seinem Armeecorps schon auf dem Marsche war; aber ich glaubte Davoust in Regensburg lassen zu müssen.«

      »Dann ist aber die Armee in zwei Massen getheilt: die eine steht in Regensburg, die andere in Augsburg . . .«

      »Und die Baiern stehen dazwischen.«

      »Hat irgendwo schon ein Zusammenstoß stattgefunden?«

      »Ja, Sire, bei Landshut, zwischen den Oesterreichern und Baiern.«

      »Welche Division?«

      »Die

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