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s (père)

      Abenteuer und Drangsale eines Schauspielers

      Vorwort

      An einem Tage des Monats Oktober 1882 trat mein Bedienter in mein Zimmer ein und debutirte, da es noch ziemlich frühzeitig war, mit den herkömmlichen Worten:

      »Will der Herr empfangen?«

      Ich schaute ihn an.

      »Je nachdem,« erwiederte ich.

      »Das habe ich mir auch gesagt.

      »Wer ist da?«

      »Ein hübscher Junge, mein Herr.«

      »Das ist schon Etwas: ich liebe die hübschen Gesichter; doch es ist nicht genug.«

      »Das habe ich mir auch gesagt.«

      Die Worte: Das habe ich mit auch gesagt. waren eine sprichwörtliche Redensart eines neuen Bedienten, Namens Louis, den ich angenommen.

      »Wenn Sie sich das gesagt haben, Louis, haben Sie ihn auch nach seinem Namen gefragt?« versetzte ich.

      »Gewiß, mein Herr.«

      »Nun! wie heißt er?«

      »Ah! mein Herr, er heißt nicht.«

      »Wie, er heißt nicht?«

      »Ei! das ist kein Name, Herr Gustave.«

      »Herr Gustave, wer?«

      »Das habe ich mir auch gesagt, mein Herr.«

      »Sie hätten besser daran gethan. es ihm zu sagen.«

      »Ich habe es ihm auch gesagt. Ah! ich habe mir kein Blatt vor den Mund genommen.«

      »Und was hat er geantwortet?«

      »Er hat geantwortet: »»Sagen Sie Herrn Dumas, ich komme von Rouen, und ich bringe ihm einen Brief von Madame Dorval.««

      »Einen Brief von Dorval! Einfältiger! das hätten Sie mir zuerst sagen müssen.«

      Und ich lief selbst an die Thüre.

      »Entschuldigen Sie, mein Herr!« rief ich in die Coulissen, »ich habe einen neuen Kammerdiener, und er kennt meine alten Freunde noch nicht; ich hoffe, Sie werden eines Tages zu diesen gehören, da Sie von meiner guten Dorval zu mir kommen.«

      Und ich reichte meine Hand dem jungen Mann, den ich im Schatten nur schlecht unterscheiden konnte.

      Der junge Mann nahm sie und drückte sie treuherzig.

      »Wahrlich, mein Herr,« sagte er, »Ihr Empfang setzt mich nicht in Erstaunen. so wohlwollend er auch ist. Madame Dorval versicherte mich, Sie werden mich so empfangen.«

      »Sie ist immer noch in Rouen?«

      »Ja, mein Herr.«

      »Macht sie Geld?«

      »Sie hat viel Succeß.«

      »Das ist es nicht gerade, was ich Sie frage.«

      »Die Zeit ist nicht sehr günstig für die Theater.«

      »Ah!« Sie sind ihr Freund . . . Sie hat mir geschrieben?«

      »Hier ist der Brief.«

      Der junge Mann reichte mir einen Brief, den er nicht zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger, wie es ein Postbote oder ein Handlungsdiener gethan hätte, sondern zwischen dem Zeigefinger und dem Mittelfinger hielt.

      Wenn ich einen Menschen zum ersten Male sehe, bemerke ich Alles, und das Geringste fällt mir auf.

      Die Hand, die mir den Brief reichte, war schön, zart, länglich; sie hatte einen etwas langen Daumen, künstlerisches Merkmal, feine Fingerglieder, Kennzeichen der Distinction in der Kunst.

      Diese Hand kam aus einem Mantel hervor, der in Falten denen der Draperie einer Bildsäule ähnlich fiel.

      Der junge Mann hatte seinen Mantel im Vorzimmer nicht abgelegt; bei einem Anscheine des Sichgehenlassens, war er also schüchtern, an sich zweifelnd, wenig auf sich vertrauend, da er, trotz des Briefes von Dorval, nur einen Augenblick zu bleiben erwartete.

      Er sah, daß ich ihn anschaute, und richtete mit einer Schulterbewegung zwei gebrochene Falten seines Mantels zurecht.

      Der junge Mann glich einem Bildhauer.

      Da er einen Augenblick im Vorzimmer hatte warten müssen, so hatte er wartend eine Cigarette zwischen seinen Fingern gerollt; diese Cigarette hielt er, wie er einen Bleistift gehalten hätte.

      Ich öffnete den Brief, überzeugt, es sei dies das beste Mittel, sein Gewerbe kennen zu lernen.

      Und ich las.

      Es versteht sich von selbst, daß ich ihn, während ich las, über das Papier anschaute.

      Dorval schrieb mir, wie folgt:

      »»Mein lieber Dumas,

      »Ich adressiere an Dich Herrn Gustave, der in »»Rouen mit mir gespielt hat . . .««

      Es war ein Komödienspieler oder vielmehr ein Tragödienspieler denn aufgestellt und drapirt, wie er war, schien er nach einer Statue modellirt zu sein.

      Und dennoch war in diesem jungen Mann viel mehr vom Mittelalter, als vom Alterthum viel mehr vom Jahrhundert von Leo X., als von dem von Perikles.

      Ich las weiter:

      »Es ist, wie Du siehst, ein schöner Charakterspieler, voll Unerfahrenheit und vom besten Willen, dem sein Platz zum Voraus bei der Porte Saint-Martin bezeichnet ist.««

      Es war in der That ein stattlicher Cavalier, in dem Sinne, den man unter Ludwig XIII. diesem Worte gab, mit herrlichen Augen, einer geraden Nase von schönem Verhältniß, langen schwarzen Haaren und anmuthigem blassem Teint.

      Der einzige Fehler des sehr schönen Gesichtes war vielleicht eine zu starke Verlängerung des unteren Kinnbackens; doch dieser Fehler verlor sich in einem schönen schwarzen, mit röthlichen Tönen, wie man sie bei den Bärten von Titian findet, gemischten Barte.

      Er war übrigens groß, trug den Kopf hoch und war sichtbar gewandt in seinem ganzen Körper.

      Indem ich ihn anschaute, in seiner Hand einen spitzigem breitkrämpigen Filzhut erblickte, vorn Filzhute zu seinem Gesichte zurückkam, vom Gesichte auf die Tournure überging, war ich ganz erstaunt, daß ich nicht den Korb eines Schwertes aus den so zierlichen Falten seines Mantels hervorkommen sah.

      »»Was Du auch für ihn thun magst, er ist der Mann, es Dir dadurch zu erwiedern, daß er Dir eines Tages Deine Rollen spielt, wie sie Dir Niemand spielen wird.««

      »Teufel!« murmelte ich, »es ist wahr, mit diesem Kopfe und dieser Tournure kann er es, wenn in diesem Menschen ein Körnchen Talent ist, weit bringen.«

      »»Sprich übrigens mit ihm; sage ihm, er soll Dir sein Leben erzählen, und Du wirst sehen, daß Du es mit einem wahren Künstler zu thun hast.

      »»Deine sehr gute Freundin

»»Marie Dorval.««

      »»NS. Gäbe es für ihn in diesem Augenblicke einen Platz beim Theater der Porte Saint-Martin, so suche ihm dadurch nützlich zu sein, daß Du ihm eine Arbeit als Bildhauer oder als Maler verschaffst.««

      »Ah! Herr Gustave,« sagte ich lächelnd, »Sie sind also Universalkünstler?«

      »Es ist wahr, man hat Alles ein wenig versucht,« erwiederte er mit jener Bewegung der Schultern, welche dem Menschen eigenthümlich ist, der das Leben unter einem gewissen philosophischen Gesichtspunkte zu betrachten pflegt, »Alles, sogar ein wenig das Seiltanzen.«

      »Sie sind Gaukler gewesen!«

      »Warum nicht? Kean war es wohl.«

      »Sie haben Kean gesehen?«

      »Ach! Nein; doch mit Gottes Hilfe werde ich ihn wohl früher oder später sehen: der Canal ist nicht so breit als das Atlantische Meer, und London nicht so weit als Guadeloupe.«

      »Sie sind auf den Antillen gewesen?«

      »Ich komme in aller Eile von dort an.«

      »Ich fange an zu glauben, Dorval hat Recht, wenn sie mir sagt, ich soll Sie bitten, mir Ihr Leben zu erzählen.«

      »Oh!

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