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den ersten und köstlichsten Trost gespendet hatte, den ein Weib einem Manne gewähren kann. In deutlichen Worten, sie hatte gerade Frank einen Kuß gegeben. —

      Gegenüber einem solchen außerordentlichen Falle, wie er ihr jetzt entgegen trat, fühlte Miss Garth instinctmäßig, daß alle gewöhnlichen Tadelsworte hier nicht mehr am Platze wären.

      – Ich glaube, bemerkte sie, zu Magdalenen gewandt, mit der unbarmherzigen Selbstbeherrschung einer Dame in den mittleren Jahren, welche aus eigener Erfahrung vom Küssen durchaus keinen Anhalt für ihr Verhalten in diesem Falle hatte, – ich glaube, Sie werden, welcherlei Entschuldigungen Sie auch in Ihrer schamlosen Dreistigkeit vorbringen mögen, doch nicht in Abrede stellen können, daß meine Pflicht mich nöthigt, Das, was ich eben gesehen habe, Ihrem Vater mitzutheilen?

      – Ich will Ihnen die Mühe ersparen, erwiderte Magdalene mit Fassung. Ich will es ihm selbst mittheilen.

      Mit diesen Worten sah sie sich nach Frank um, welcher in einer Ecke des Lusthäuschens stand, drei Mal so rath- und hilflos als gewöhnlich.

      – Du sollst erfahren, was geschieht, sagte sie mit ihrem hellen Lächeln. Und Sie ebenfalls – setzte sie für Miss Garth noch besonders hinzu, als sie auf dem Rückwege zum Frühstücke vor der Gouvernante vorbei wandelte.

      Die Augen von Miss Garth folgten ihr voll Unwillen. Frank ersah sich seinerseits diese günstige Gelegenheit, um sich flugs hinweg zu schleichen.

      Unter diesen Umständen konnte einer ehrbaren Frau weiter Nichts übrig bleiben als – zu schaudern. Miss Garth legte denn auch in der That solchergestalt ihre Verwahrung ein und ging dann ins Haus zurück.

      Als das Frühstück vorüber war, und nun Mr. Vanstones Hand eben in die Tasche glitt, um die Cigarrentasche zu suchen, erhob sich Magdalene mit einem bedeutsamen Blick auf Miss Garth und folgte ihrem Vater in die Flur.

      – Papa, sagte sie, ich habe diesen Morgen mit Dir V— allein zu sprechen.

      – Ei, ei, erwiderte Mr. Vanstone Worüber denn, liebes Kind?

      – Ueber…, Magdalene zögerte, suchte nach einem passenden Ausdruck und fand ihn. Ueber Geschäfte —, sagte sie.

      Mr. Vanstone nahm seinen Gartenhut von dem Tische in der Flur, schlug seine Augen in stummem Erstaunen auf und suchte in seinem Geiste die beiden ausbündig verschiedenartigen Ideen, Magdalene auf der einen und Geschäft auf der andern Seite, in Verbindung zu bringen, aber vergebens. Er gab es auf und ging in den Garten.

      Seine Tochter nahm ihn beim Arme und wandelte mit ihm nach einem schattigen Sitze in einer entsprechenden Entfernung vom Hause. Sie stäubte die Bank, bevor ihr Vater sich darauf setzte, mit ihrer kleinen seidenen Schürze ab. Mr. Vanstone war an einen solchen außerordentlichen Aufwand von Aufmerksamkeit wie dieser gar nicht gewöhnt. Er setzte sich nieder und sah erstaunter aus, als je. Magdalene nahm sofort ihren Platz auf seinem Knie ein und legte ihr Haupt an seiner Schulter zurecht.

      – Bin ich schwer, Papa? fragte sie.

      – Ja, meine Liebe, das bist Du, aber nicht zu schwer für mich, sagte Mr. Vanstone. Laß meinetwegen Deinen Lockvogel los, wenn Dir's so gefällt. Nun? Was mag das wohl für ein Geschäft sein?

      – Es beginnt mit einer Frage.

      – So, in der That? Das überrascht mich nicht. Ein Geschäft mit Deinem Geschlecht, meine Liebe, beginnt alle Mal mit Fragen. Also nur zu.

      – Papa, hast Du die Absicht mich jemals heirathen zu lassen?

      Mr. Vanstones Augen wurden weiter und weiter. Die Frage hatte nach seinem eigenen Ausdruck ihn förmlich verblüfft.– Das ist ein Geschäft zum Närrisch werden! sagte er. Wie, Magdalene, was hast Du Dir in Deinen wunderlichen Kopf gesetzt?

      – Ich weiß es noch nicht genau, Papa. Willst Du mir auf meine Frage antworten?

      v— Ich will, wenn ich es kann, meine Liebe; Du setzt mich da schön in Verwirrung. Gut, ich weiß nicht. .. Ja, ich glaube, ich muß Dich wohl eines Tages heirathen lassen, wenn wir einen guten Ehemann für Dich finden können. Wie heiß Dein Gesicht ist! Heb es doch auf und laß die Luft es anwehen. Du willst nicht? Gut – mache es wie Du willst. Wenn über Geschäfte sprechen so viel ist, als Deine Wangen an meinem Bart reiben, so habe ich Nichts dagegen zu sagen. Nur zu, liebes Kind. Was ist die nächste Frage? Komm zum Hauptpunkte!

      Sie war ein zu gescheidtes Mädchen, als daß sie etwas der Art gethan hätte. Sie ging um den entscheidenden Punct herum und berechnete dabei ihre Entfernung aus die Breite eines Haares.

      – Wir waren gestern Alle samt und sonders sehr überrascht, nicht wahr, Papa? Frank ist wunderbar glücklich, nicht wahr?

      – Er ist das glücklichste Thier, das mir jemals im Leben vorgekommen ist, meinte Mr. Vanstone: allein, was hat Das mit Deinem Geschäft zu thun? Ich muß sagen, Du machst Deinen eigenen Weg, Magdalene. Ich will des Teufels sein, wenn ich mich daraus zurecht finde!

      Sie ging dem Punkte ein wenig näher.

      – Wird er wohl in China sein Glück machen? sagte sie. Es ist aber doch ein sehr weiter Weg, nicht wahr? Bemerktest Du, Papa, wie Frank gestern traurig und muthlos aussah?

      – Ich war von der Nachricht so überrascht, sagte Mr. Vanstone, und so verwundert über den Anblick von meines alten Clares scharfer Nase innerhalb meines Hauses, daß ich nicht sehr Acht gab. Jetzt bringst Du mich wieder darauf, ja. Ich glaube nicht, daß Frank sein eigenes Glück mit günstigen Augen ansah, durchaus nicht mit günstigen Augen.

      – Wunderst Du Dich darüber, Papa?

      – Ja wohl, meine Liebe, in der That, so ist es.

      – Hältst Du es nicht für hart, fortgeschickt zu werden aus fünf Jahre, um unter verhaßten Wilden Dein Glück zu machen und Deine Freunde daheim auf diese ganze lange Zeit aus den Augen zu verlieren? Denkst Du nicht, daß Frank uns schmerzlich vermissen wird? Hörst Du, Papa, denkst Du nicht?

      – Sachte, Magdalene! Ich bin ein wenig zu alt, daß mich diese Deine langen Arme zum Spaß erdrosseln . . . . . Du hast Recht, mein Herz. Nichts in der Welt ist ohne Schattenseite Frank wird allerdings seine Freunde in England vermissen, das läßt sich nicht leugnen.

      – Du hast Frank immer geliebt. Und Frank liebte Dich auch immer.

      – Ja, ja ein guter Kerl; ein ruhiger guter Junge. Frank und ich sind immer gut mit einander ausgekommen.

      – Ihr seid immer wie Vater und Sohn zusammen gewesen, ist Das nicht wahr?

      – Ja wohl, meine Liebe.

      – Vielleicht wirst Du es noch härter empfinden, wenn er fort ist, als jetzt?

      – Wahrscheinlich ich will es nicht verreden.

      – Vielleicht wirst Du dann wünschen, wäre er doch lieber in England zurück geblieben. Warum sollte er auch nicht eben so gut in England zurück bleiben und gut thun, als wenn er nach China ginge?

      – Mein Kind, er hat keine Aussichten in England. Ich wollte es ihm wohl zu seinem Besten wünschen. Ich wünsche dem Jungen alles Gute und von ganzem Herzen.

      – Darf ich ihm auch von ganzem Herzen Gutes wünschen, Papa?

      – Gewiß, meine Liebe, Deinem alten Spielkameraden, warum nicht? … Was soll Das? Der Herr behüte mich, warum weint das Mädchen auf einmal? Man könnte denken, Frank würde auf Lebenszeit transportiert Du Gänschen! Du weißt doch so gut als ich selber, daß er nur nach China geht, um sein Glück zu machen.

      – Er braucht ja aber gar nicht sein Glück zu machen er kann was Besseres thun.

      – Den Teufel kann er! Wie denn, ich wäre doch begierig zu wissen wie?

      – Ich fürchte mich, es Dir zusagen. Ich fürchte, Du wirst mich auslachen. Willst Du mir versprechen, nicht zu lachen?

      – Alles was Du willst, meine Liebe. Ja, ich verspreche es Dir. Nun gut, heraus damit! Was soll Frank Besseres thun?

      – Er soll mich heirathen…

      Wenn die Sommerlandschaft, welche

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