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gut begriffen ward.

      »Wohlan, sei unbesorgt, mein Freund,« sagte Salvato in heiterem Tone zu dem Lazzarone. Ich selbst werde Dir deinen Officierssäbel geben – nicht den, womit ich die Schurken, die mich anfielen, tractirt habe, denn sie haben mir denselben genommen, wohl aber einen andern, der eben so viel Werth besitzen wird.«

      »Nun, die Sache läßt sieh immer besser an,« sagte Michele; » es fehlt mir nun weiter nichts mehr als das Patent, die Epauletten, die Uniform und das Pferd.«

      Dann wendete er sich zu der Zofe und sagte:

      »Aber hörst Du denn nicht, Nina? Man läutet ja, daß der Klingeldraht reißen möchte!«

      Nina schien wie aus einem Schlafe zu erwachen.

      »Man läutet?« sagte sie. »Wo denn?«

      »An der Thür, wie es scheint.«

      »Ja, an der Hausthür,« setzte Luisa hinzu und sagte dann rasch und leise zu Salvato: »Mein Gemahl ist es nicht, denn dieser kommt stets durch die Gartenthür zurück. Geh!« fuhr sie zu Nina gewendet fort, »lauf! Eile! ich bin nicht zu Hause, hörst Du?«

      »Schwesterchen ist nicht zu Hause, hörst Du wohl, Nina?« wiederholte Michele.

      Nina verließ das Zimmer, ohne zu antworten.

      Luisa näherte sich dem Verwundeten. Sie fühlte sich, ohne zu wissen warum, bei dem Geschwätz des redseligen Michele wohler und ungezwungener als unter dem Blick der schweigenden Nina.

      Es geschah dies aber, wie gesagt, instinktartig und ohne daß sie über die guten Gesinnungen ihres Milchbruders oder die bösen Triebe ihrer Zofe weiter nachgedacht hätte.

      Nach Verlauf von etwa fünf Minuten trat Nina wieder ein, näherte sich ihrer Gebieterin geheimnißvoll und sagte leise zu ihr:

      »Signora, Signor Andreas Backer ist da und wünscht Sie zu sprechen.«

      »Nun, hast Du ihm nicht gesagt, daß ich nicht zu Hause sei?« entgegnete Luisa so laut, daß Salvato, wenn er auch die Frage nicht gehört, wenigstens die Antwort hören konnte.

      »Ich wußte nicht, ob ich das dürfte, Signora,« antwortete Nina immer noch leise; »erstens weil ich weiß, daß er Ihr Bankier ist, und zweitens, weil er sagte, es handle sich um eine wichtige Angelegenheit.«

      »Wichtige Angelegenheiten werden mit meinem Gemahl abgemacht, aber nicht mit mir.«

      »Sehr richtig, Signora,« fuhr Giovannina immer noch in demselben Tone fort; »ich fürchtete aber, er könne wiederkommen, wenn der Herr Chevalier da wäre und diesem dann sagen, er habe Signora nicht zu Hause angetroffen, und da Sie nicht zu lügen verstehen, Signora, so glaube ich, es wäre vielleicht besser, wenn Sie ihn empfingen.«

      »Also dies hast Du für gut gefunden?« sagte Luisa, indem sie ihre Dienerin ansah.

      Nina schlug die Augen nieder.

      »Wenn ich unrecht gehandelt habe, Signora, so ist es noch Zeit die Sache zu ändern; es wird ihn aber sehr kränken, den armen jungen Mann.«

      »Nein,« sagte Luisa, nachdem sie einen Augenblick nachgedacht; »es ist in der That besser, wenn ich ihn empfange, und Du hast recht gethan, mein Kind.«

      Dann sagte sie zu Salvato, welcher sich abgewendet hatte, als er sah, daß Giovannina leise mit ihrer Herrin sprach:

      »Ich komme sogleich wieder. Bleiben Sie mittlerweile ruhig. Die Audienz wird nicht lange dauern.«

      Dann wechselte sie mit ihm noch einen Händedruck und ein Lächeln, erhob sich und verließ das Zimmer.

      Kaum hatte die Thür sich hinter ihr geschlossen, so machte Salvato die Augen zu, wie er allemal zu thun pflegte, wenn Luisa nicht mehr im Zimmer war.

      Michele glaubte, er wolle schlafen und näherte sich daher Giovannina.

      »Wer kam denn?« fragte er in gedämpftem Tone mit der Neugier eines Halbwilden, dessen Instinkt nicht den gesellschaftlichen Convenienzen unterworfen ist.

      Nina, welche mit ihrer Herrin sehr leise gesprochen, erhob die Stimme ein wenig, so daß Salvato, welcher das, was sie zu ihrer Herrin gesagt, nicht gehört, hören konnte, was sie zu Michele sagte.

      »Es ist jener reiche, elegante junge Bankier,« sagte sie. »Du kennst ihn doch?«

      »Nicht übel!« entgegnete Michele, »nun soll ich gar noch die Bankiers kennen.«

      »Wie, Du kennst Signor Andreas Backer nicht?«

      »Wer ist Signor Andreas Backer?«

      »Wie, Du entsinnst Dich nicht? Es ist ja jener hübsche, blonde junge Mann – ein Deutscher oder ein Engländer, ich weiß es selbst nicht recht, der aber unserer Herrin, ehe sie den Chevalier heiratete, den Hof machte.«

      »Ah, ganz recht. Ist es nicht derselbe, bei dem Luisa ihr ganzes Vermögen stehen hat?«

      »Ja wohl, derselbe.«

      »Schön, schön. Wenn ich Oberst sein werde, wenn ich die Epauletten und den mir von Signor Salvato versprochenen Säbel habe, wird es mir, um vollständig equipirt zu sein, nur noch an einem Pferde fehlen wie das, auf welchem dieser Signor Backer spazieren reitet«

      Nina gab keine Antwort; sie hatte, während sie sprach, ihren Blick auf den Verwundeten geheftet und an dem beinahe unbemerkbaren Zucken seiner Gesichtsmuskeln bemerkt, daß der vermeinte Schläfer von dem, was sie zu Michele gesagt, kein Wort verloren.

      Luisa hatte sich mittlerweile in den Salon begeben, wo der angemeldete Besuch wartete.

      Im ersten Augenblick kostete es ihr Mühe Andreas Backer zu erkennen. Er war im Hofkostüm gekleidet und hatte seinen langen englischen Backenbart – eine Zierde, welche, beiläufig gesagt, König Ferdinand verabscheute – abgeschnitten; er trug das Comthurkreuz des Ordens vom heiligen Georg am Halse, den dazugehörigen Stern auf dem Frack, kurze Beinkleider und den Degen an der Seite.

      Ein leichtes Lächeln umspielte Luisa’s Lippen. In welcher Absicht machte der junge Bankier ihr in diesem Kostüm einen solchen Besuch um halb zwölf Uhr Morgens?

      Ohne Zweifel stand sie im Begriff es zu erfahren.

      Uebrigens müssen wir uns beeilen zu sagen, daß Andreas Backer von angelsächsischer Abstammung und ein sehr hübscher junger Mann war. Er zählte sechs- bis achtundzwanzig Jahre, war blond, frisch, rosig und hatte den viereckigen Kopf der Rechnungsmenschen, das hervorragende Kinn des hartnäckigen Speculanten und die spatelförmige Hand des Geldzählers.

      In der Regel anmuthig und ungezwungen, schien er in diesem Kostbar, welches er nicht gewöhnlich trug, sich ein wenig befangen zu fühlen.

      Gleichwohl aber schien er auch stolz darauf zu sein, denn er hatte sich, wie rein zufällig, vor einen Spiegel gestellt, um die Wirkung zu sehen, welche das St. Georgs Kreuz an seinem Halse und der Stern desselben Ordens auf seiner Brust machte.

      »Mein Gott, Signor Andreas»e sagte Luisa. nachdem sie ihn einen Augenblick betrachtet und ihm Zeit gelassen, sich ehrerbietig zu verneigen. »Sie nehmen sich ja heute ganz prachtvoll aus! Nun wundere ich mich nicht mehr, daß Sie mich heute besuchen. Ohne Zweifel wünschen Sie, daß ich das Vergnügen habe, Sie in Ihrer ganzen Glorie zu sehen. Was haben Sie denn vor? Denn um mir einen Geschäftsbesuch zu machen, haben Sie dieses Hofkostüm doch ganz gewiß nicht angelegt.«

      »Wenn ich geglaubt hätte, Signora, daß es Ihnen mehr Vergnügen machte, mich in diesem Kostüm als in meinen gewöhnlichen Kleidern zu sehen, so hätte ich nicht erst den heutigen Tag abgewartet, um es anzulegen. Ich weiß aber, Signora, daß Sie zur Zahl jener intelligenten Frauen gehören, welche, stets die Kleidung wählend, welche ihnen am besten zusagt, sehr wenig die Art und Weise betrachten, auf welche Andere gekleidet sind. Mein Besuch ist eine Wirkung meines Willens, das Kostüm aber, in welchem ich bei Ihnen erscheine, ist das Ergebniß der Umstände. Der König hat vor drei Tagen geruht wich zum Comthur des St. Georg-Ordens zu ernennen und auf heute nach Caserta zur Tafel einzuladen.«

      »Sie sind heute zur königlichen Tafel in Caserta eingeladen?« sagte Luisa mit einem Ausdruck von Ueberraschung, welcher einen eben nicht schmeichelhaften Grad von

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