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langen Zug that. Mit augenscheinlichem Widerwillen mußte er zuletzt absetzen, um Athem zu holen und Sechingen schob sie wieder in den Ranzen zurück. Der Thee war indessen etwas kühl geworden, – aber welch entsetzliches Gebräu.

      »Pfui Teufel!« rief der junge Deutsche aus, indem er den Becher zurückschob und aufsprang. »Bob, das können Sie allein trinken, das schmeckt ja abscheulich.«

      »Indianer trinkt nur Thee, wenn krank ist.«

      »Ich bin aber nicht krank,« rief Sechingen.

      »Ich auch nicht,« sagte Bob und begann mit großer Ruhe die Lederriemen aufzubinden, die seine Decke zusammenhielten.

      »Daß mich auch der Böse plagen mußte, mit keiner Sylbe an Lebensmittel zu denken,« murmelte Sechingen ärgerlich vor sich hin, – »ich glaubte aber sicher, noch vor Dunkelwerden irgend ein Stück Wild erlegen zu können.«

      »Bob kann warten,« brummte dieser und rollte die jetzt gelöste Decke auf.

      »Nun so erzählen Sie mir wenigstens etwas,« bat ihn der Deutsche, »ich möchte gar so gerne einige Skizzen aus dem Leben der Indianer, von den Lippen eines Indianers hören, und da wir doch nun einmal im Wald sind, so lassen Sie mich auch einige Anekdoten von Ihren Jagden mit Büffeln oder Bären, von den Kämpfen mit anderen Stämmen, dem nächtlichen Überfall, dem Schlachtschrei und den genommenen Scalpen hören – was hilft mir denn der Wald und der Indianer, wenn wir schlafen wollen?«

      »Weiß Nichts zu erzählen,« sagte Bob, indem er seine Decke nahe zum Feuer ausbreitete und dieses dann wieder von Frischem aufschürte – »habe nie einen Büffel gesehen und noch keinen Bären geschossen; – kam vor sechs Jahren von Georgien mit ganzem Stamm.«

      »Und was haben Sie in den sechs Jahren getrieben? – Jagd?«

      »Nein – Schuhmachen!«

      »Schuhmachen?« frug Sechingen entsetzt – »Schuhmachen? ein Indianer – in Arkansas? aber Ihr Vater war doch ein Jäger und Krieger? fiel vielleicht in der Schlacht – in einem nächtlichen Überfall.«

      »Mein Vater starb in Georgien an den Blattern – war ein Korbmacher.«

      Bob schien jetzt zu glauben, daß er über sich und seine Familienangelegenheiten hinlängliche Auskunft gegeben habe, denn er rollte sich in die Decke, und war wenige Minuten später, wie sein lautes, regelmäßiges Athmen bewies, sanft eingeschlafen. Sechingen aber spießte, auf den linken Ellbogen gelehnt, mit seinem Genickfänger höchst mißvergnügt die vor ihm liegenden, gelben Blätter auf.

      Er hatte sich Alles so romantisch gedacht – das Heulen der Wölfe, das Geschrei des Panthers, die Erzählungen eines rothhäutigen Kriegers von Jagden und Kriegszügen, und dazu das Rauschen des mächtigen Urwaldes – Ja! Der Urwald umgab ihn, in all seiner Pracht und Herrlichkeit, mit seinen Riesenstämmen und wild durchwachsenen Dickichten, mit den gigantischen Weinreben, die sich von Stamm zu Stamm schlangen, und im unzerreißbaren Netze die gewaltigen verbanden, den einzigen Laut aber, den er vernehmen konnte, war das Summen der Mosquitos, die, von der kühlen Nacht nicht eingeschüchtert, nach dem warmen Blute des Fremdlings lüstern, dessen Lager umschwirrten.

      Höchst verdrießlich schob er sich endlich die Jagdtasche unter den Kopf, und wollte ebenfalls schlafen, als er, wie von einer Natter gestochen, wieder emporsprang, und nach der Büchse griff, denn dicht neben ihm – es konnte kaum zwanzig Schritte entfernt sein – vernahm er den sonderbarsten, wildesten Laut, den sich seine Phantasie nur je gedacht, nur je geträumt hatte.

      »Huhu, huhu – huhu, huhu – a – h!« tönte es so klagend, so schauerlich, daß er, sprachlos vor Jagdeifer und innerem Entsetzen, den Arm seines schläfrigen Gefährten ergriff, und den Ruhenden mit aller Macht schüttelte, während er dabei in der Rechten die schnell gespannte Büchse fertig zum Schuß hielt.

      »Bob, – Bob, – Bob!« – flüsterte er dabei mit unterdrückter Stimme – »ein Panther – Bob!«

      »Ein was?« rief dieser, und sprang schnell auf die Füße, ergriff seine Büchse und sah den Fremden groß an. »Wo? wo Panther?«

      »Pst!« winkte Sechingen – »dort war's – gleich in dem Busch da – er muß auf einen Baum geklettert sein, mir kam es hoch vor.«

      »Huhu, huhu – huhu, huhu – a – h!« riefen die schauerlichen Töne auf's Neue, diesmal aber auf der entgegengesetzten Seite.

      »Horch – horch – er hat uns umschlichen – erst war er hier.«

      »Das der Panther?« frug Bob.

      »Nun? was soll es sonst sein? ein Wolf steigt doch nicht auf die Bäume?«

      »Eule!« sagte Bob, und legte sich wieder, ohne ein Wort zu verlieren, nieder.

      »Teufel!« murmelte Sechingen ärgerlich vor sich hin, indem er den Hahn seiner Büchse in Ruhe setzte, »das nur eine Eule, und hat eine Stimme wie das stärkste, gewaltigste Thier.« Bob hatte aber ganz recht, es war wirklich eine Eule, die ihr einsames Nachtlied krächzte, und unwillig warf sich der in seinen schönsten Erwartungen Getäuschte in das gelbe Laub zurück.

      Durch die ungewohnten Anstrengungen ermattet, schlief er lang und fest, sein Erwachen war aber ein sehr trauriges, unbehagliches, denn, als er von kalten Schauern durchschüttelt die Augen aufschlug, strömte von dem dunkelen, nur dann und wann durch einzelne grelle Blitze erhellten Nachthimmel der Regen in Fluthen hernieder, und fern grollender Donner murmelte seinen gewaltigen Segen dazu. Das Feuer war niedergebrannt und ausgelöscht, und tiefe Nacht umgab ihn.

      »Bob?« rief er – »Bob! – Bob!« wiederholte er stärker und ängstlicher, als ihn auf einmal der Gedanke durchzuckte, sein rother Führer könne ihn im Stiche gelassen haben – »Bob!« – kein Bob antwortete und »Bob« schrie er jetzt in die Höhe springend aus Leibeskräften, daß er selbst vor dem dumpfverhallenden Nothruf zurückbebte, der gar so schauerlich in dem öden Walde wiederklang.

      »Ja!« sagte der Wilde, der, nur wenige Schritte von ihm entfernt und in seine Decke gewickelt, unter demselben Baume mit ihm stand – »wir werden nassen Morgen bekommen.«

      »Warum antworten Sie denn gar nicht? ich glaubte Sie wären fort. –«

      »Und wohin!« frug Bob, »ein Baum so gut wie der andere – ich schlief!«

      »Im Stehen?«

      »Bob kann überall schlafen.«

      »Was fangen wir denn jetzt um Gotteswillen an? ich bin durch und durch naß, und muß mich erkälten – wenn ich nur wenigstens eine Decke hätte.«

      »Wenn der Weiße Bob's Decke haben will,« sagte gutmüthig der Indianer, – »so mag er sie nehmen, Bob kann ohne Decke naß werden.«

      Sechingen schämte sich im Anfang, den armen Burschen seines fast einzigen Schutzes zu berauben, da der dünne Kattunlappen, den jener noch darunter trug, sicherlich als kein wärmendes Kleidungsstück angesehen werden konnte, doch überwog bald die Sorge um die eigene Gesundheit jede andere Bedenklichkeit, und fest in die, wenn auch etwas feuchte doch warme Umhüllung eingeschlagen, warf er sich wieder, die Waidtasche unter dem Kopf, an der Wurzel der alten Eiche nieder, deren Blätter ihnen, wenigstens jetzt noch, einigen Schutz gegen die immer stärker und stürmischer niedertobenden Schauer gewährten.

      Bob kauerte sich dicht daneben, einen möglichst kleinen Raum einnehmend, zusammen und ließ den Kopf auf die Brust hinuntersinken, wachte aber, denn dann und wann lauschte er aufmerksam den Athemzügen des Weißen, ob dieser schlafe oder nicht, bis er sich endlich von dessen Bewußtlosigkeit hinlänglich überzeugt zu haben schien, und nun leise an ihn hinkroch.

      Immer tobender raste indessen der Sturm, darum aber ganz unbekümmert, befühlte Bob mit vorsichtiger Hand und geräuschlosen Bewegungen die Waidtasche, und nach und nach, fast unmerklich seine Finger unter des Schlummernden Kopf bringend, gelang es ihm nach mehreren Minuten, die Flasche der Ledertasche zu entrücken.

      Wäre es Tageshelle gewesen, so hätte man des Indianers Gesicht wohl ein triumphirendes Lächeln überfliegen sehen können, als er geräuschlos und mit geübter Hand den Kork abzog, so aber ward nur gleich darauf der leise, gluckende Laut gehört,

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