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auf den Bürzeln? — Geht das?«

      Höhö; so hatten sie‘s doch in alten Zeiten immer gemacht! — Aber da mußte der Vater lachen, und damit war der Glaube an das alte Volksmittel zerstört. Der Per Hansen war fast noch froher als sein Büblein über all das Gevögel. Freilich gebe es da einen Rat, wenn er nur erst Zeit gewann, sich recht zu bedenken! Im Märchen stehe nichts davon geschrieben, daß der König eine Schrotflinte gehabt; trotzdem habe er Enten verspeist. Und was einstens getan worden war, könnt‘ einstens wieder getan werden! —

      Auf dem Heimweg von diesem Ausflug machte der Per Hansen seine große Entdeckung.

      Der Große-Hans ging den nächsten Weg nach Haus, um dem Bruder brühwarm zu erzählen, was er und der Vater heute gesehen.

      Der Per Hansen aber liebte es nicht, den Weg, den er gekommen, zurückzugehen, solange soviel Land noch unbefahren war. Er machte also einen großen Bogen. Schon oft hatte er sich gefragt, wie weit ihre Landteile sich wohl nach Westen erstreckten, niemals aber Zeit gehabt, die Grenze abzuschreiten. Jetzt kam er gerade des Wegs und konnte bequem die Westgrenze aller ihrer Reiche abgehen!

      Tönset‘ns Südlinie war ihm gut bekannt, ebenso alle Grenzen nach Ost und Nord. Jetzt ging er ins Fahrwasser der Südlinie, auf ihr zunächst ein Stück nach Osten, fand aber, bis ganz zum Ende werde es zu weit und drehte wieder nach Westen ab. Er müsse es heute bei einem Überblick bewenden lassen. — — Hier ungefähr müßte es sein, dachte er, blieb stehen und nahm Gissung auf Nord. Er mochte wohl an die hundert Schritt gegangen sein, als sein Fuß gegen einen Pflock stieß, der sich da schlafend im Grase duckte. Der Per Hansen sah hin, bemerkte den Pflock und blieb mit einem gewaltigen Ruck stehen. — — — War der Syvert auch hier gewesen, und hatte sein Merkzeichen eingerammt? Er war vorbedacht, der Syvert!

      Der Per Hansen bückte sich und besah sich den Pflock. Ganz richtig! Da stand die Zuweisung sowohl mit Sektions- wie mit Quartnummer. Aber der Name darunter — der Name? Er kniete hin und starrte, bis ihm schwarz vor den Augen wurde: Da stand keineswegs ›S. H. Tönset‘n‹, nein, da stand ›O‘Hara‹, — nichts andres. Alles eingeschnitzt. Und das Zeichen wies nach Osten! — Als der Per Hansen wieder aufgestanden war, richtete er das zerdrückte Gras sorgfältig mit der Hand wieder auf.

      »Jah,« sagte er laut und setzte sich in Bewegung; machte dann aber nochmals kehrt, ging zurück und las den Namen wieder. Um sich ganz zu versichern, daß er richtig sehe, ließ er den Zeigefinger über die geschnitzten Buchstaben gleiten und buchstabierte. Ja, ein Zweifel war nicht möglich!

      Der Per Hansen legte den Kurs geradeaus nach Nord und schritt langsam weiter. Das Frohgemute, Freundliche war wie ausgelöscht; er sah müde aus. Plötzlich sputete er sich. Er ging bis zu Hans Olsens Südgrenze; hier machte er sich ans Suchen, zuerst ostwärts, sodann westwärts und ein Stück in den angrenzenden Quart hinein.

      Und wieder stand da dieses Merkzeichen! — Er schaute sich nach allen Seiten um. Nein, nirgends war wer zu erblicken; er kniete hin, untersuchte das Zeichen. Die Landzuweisungsziffer machte ihm weniger Sorge; aber der Name, der Name! ›Joe Gill‹ stand auf diesem Pflock, — ›Joe Gill‹. Und es hätte stehen müssen: ›H. P. Olsen‹! — — Er stand auf.

      Mechanisch ging er nach Norden weiter bis zur Grenze zwischen seinem und Hans Olsens Landstück; hier kreuzte er lange nach Ost und West hin und her. Aber hier konnte er den Pflock nicht finden; von seinem Vorhandensein war er ganz überzeugt. Sollte sich das Unheil etwa an Tönset‘n und den Hans Olsen herangeschlichen und sich dann nicht weiter nach Norden zu ihm hingetraut haben? Undenkbar! — Schließlich gab er doch sein Suchen auf; er schritt jetzt die gleiche Strecke nach Norden ab, bis zur Scheide zwischen seinem und Henrys Gebiet und stöberte auch auf diesem Quart nach dem Zeichen. — Nein, auch hier nichts zu finden!

      Inzwischen war es spät geworden, und er mußte an die Heimkehr denken. — — Vor kaum einer Stunde noch war er frohen und leichten Sinnes gewesen wie ein Kind; als er nach Hause kam, schien ihm, er sei noch nie in seinem Leben so müd gewesen.

      III

      Das mußten die Trolle sein, die jetzt nach ihm aus waren! — Und es war nur billig, daß er ihnen auf den Widden unversehens begegnete. Aber daß sie darauf verfielen, akkurat in der Form aufzutauchen! Doch Troll bleibt Troll, in jedweder Gestalt! —

      Er hätte gern der Frau davon erzählt, um ihre Meinung zu hören; aber sie war schon ohnehin furchtsam genug. — Er ging über den Hof, setzte sich auf den Holzstoß und starrte vor sich hin.

      Mit den Trollen war nicht gut streiten, — gewiß nicht! — —

      Daß er aber ihre Spur an der Westgrenze seines eigenen Quarts nicht hatte finden können, das war doch das allerseltsamste dabei! —

      Die Buben wollten sich mit dem Vater durchaus wegen der Vögel bereden; erst versuchte der eine, dann der andere, und dann versuchten sie gemeinsam; aber sie erhielten nicht Antwort. Die Mutter kam heraus und sagte etwas, aber auch das beachtete der Vater nicht. Er war von einem Ernst umgeben, der so dick war wie eine Mauer.

      Er überlegt gewiß wegen der Enten, dachte sich der Große-Hans erfreut. Er konnte sich nicht bändigen; er scharwenzelte so lange um den Vater herum, bis er plötzlich neben ihm stand, ihm die Hände auf den Oberschenkel legte und in stiller Wonne sagte:

      »Es waren entsetzlich viele!«

      »Was?«

      »Hast du schon je so viel Enten gesehen?«

      »Enten? — — Nein.« —

      »Glaubst du — glaubst du, daß wir sie kriegen?« wisperte der Bub geheimnisvoll.

      Aber der Vater war mit den Gedanken schon wieder woanders. — Jetzt kam die Mutter mit dem Melkeimer heraus und lockte Buntscheck. Das hörte er aber doch, stand auf, ging hin und nahm ihr den Eimer ab. »Das kann ich doch gern tun, wenn ich ohnehin nichts anderes schaffe.« Aber er sagte es so geistesabwesend, daß sie ihn anschauen mußte; wie er zum Melken ging, hingen ihm Kopf und Schultern, und er sah klein aus.

      Am nächsten Morgen stand er früher auf als sonst in letzter Zeit, ging fort, ohne zu sagen wohin.

      Sie sah ihm durchs Fenster nach. — Es dämmerte kaum erst; er ging nach Westen; bald verbarg ihn der Hügelzug. — — Vielleicht geht er nach den Enten? dachte sie. Oh, da hätten doch wenigstens er und die Buben ihre Freude! — Übrigens hätte es damit noch Weile gehabt; mit derlei brauchte er sich nicht abzuäschern. — — Beret wandte sich vom Fenster; das Gesicht war kummerbeschwert.

      Als er zurückkam, waren die Buben bereits auf, und das Morgenessen stand auf dem Tisch. Er mußte sehr schnell gegangen sein, denn ihm war heiß, konnte sie sehen. Aber — sie mußte noch einmal und schärfer hinsehen, es lag etwas Besonderes auf dem Gesicht — es war so verschlossen; und obwohl es schwitzig war, hatte es nicht Farbe. Sie fragte unwillkürlich:

      »Ist dir nicht gut?«

      »Doch.« Aber er sah nicht auf.

      IV

      Die Beret merkte deutlich an seinem Wesen, daß er sich jetzt mit einer Sorge trug, an die er sie nicht heranließ. Er hörte nur halb, wenn sie ihn einmal unversehens ansprach. Selbst, wenn er sich dann Mühe gab, natürlich mit ihr zu sprechen, so fühlte sie doch kein Nahsein heraus. Es fehlte die Wärme und die kindliche Freude, die ihn sonst immer beseelte. Und von dem frohen, lichten Geplauder vom Märchen, vom Königshof, von dem König und der Königin hörte sie nichts mehr. In den Nächten wachte er viel, warf sich und schlief unruhig. Was war es nur? — Und was gab es hier draußen denn zu verbergen? —

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