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Hansens Hütte, — die war achtzehn Fuß breit und dreißig Fuß lang! Und sie hatte zwei Räume — einen achtzehn zu achtzehn, den anderen zwölf zu achtzehn — durch eine Wand getrennt; des einen Tür ging nach Süden, des andern nach Osten. Zwei Türen in einer Rasenhütte, — du großer Gott, welcher Wahnsinn! Und in dem kleineren Raum hatte er die Erde ausgestochen, so daß hier der Fußboden einen Fuß tiefer lag als in dem andern! — — — Du erlebst es noch, dachte Tönset‘n bei sich, daß der Mann in seiner Verdrehtheit gleich auch einen Turm anbaut!

      Tönset‘n mißbilligte! Erstlich war das von dem Per Hansen schiere Großmannssucht — denn es handelte sich doch nur um eine vorläufige Rasenhütte. Sodann aber war es unmöglich! Denn wenn der auch bei Tag mit der Laterne suchte, fand er nie im Leben genug Weidengerten für das Dach; das brauchte ja fast ein ganzes Himmelsgewölbe über sich! Tönset‘n trabte schnurstracks zum Hans Olsen und bat ihn, sofort mit dem Manne ein Wörtlein Vernunft zu reden. — Nein, meinte der, damit wolle er nichts zu tun haben. Der Per Hansen brauche für seine stattliche Familie, die sich vielleicht noch vergrößerte, wohl auch ein stattliches Haus; — übrigens wisse der Mann, was er tue.

      »Nein, schau, das tut er eben nicht!« Und damit begab sich Tönset‘n zu den Solumbuben, die in Amerika sowohl geboren wie erzogen waren und wußten, was sich gehörte und sich nicht gehörte. Sie müßten also mit dem Per Hansen reden! Aber auch die wollten nicht heran: es sei des Per Hansen Sache, wie er sich sein Haus bauen wolle. — Da mußte Tönset‘n es aufgeben. Aber es war doch gar zu ärgerlich mit anzusehen, wie ein braver Mann es so dumm anfing! — —

      Der Per Hansen hatte schon, seit er die ersten Rasenhütten gesehen, hin und her überlegt, wie er sich mit dem Haus einrichten solle. Auf dem Wege heim von Sioux Falls war ihm ein Einfall gekommen, der ihm zuerst recht merkwürdig vorkam, dann aber immer mehr einleuchtete: Wie wäre es, wenn er Haus und Stall unter ein gemeinsames Dach stellte? Es war ja nur für den Übergang — nur so zum Spaß —, bis er sich einen großen Hof bauen konnte. Er sparte Zeit wie Arbeit, — und Haus und Stall würden wärmer! Und jetzt fiel ihm ein, daß er davon gehört, wie die Menschen der alten Zeiten das oft so gehalten hätten, sogar die Herrenleut! Es war nicht gerade schön, aber es war auch nicht gerade dumm.

      Am übelsten werde es der Beret gefallen, dachte er, nahm allen Mut zusammen und erwähnte den Plan vor ihr.

      »Stube und Stall im selben Haus?« — Mehr sagte sie nicht, blieb stehen und überlegte. Volk und Vieh unter einem Dach? Es war wohl unratsam, sich so einzurichten? Dann aber fiel ihr ein, wie öde und einsam es hier war, und was für ein lieber Kamerad Buntscheck an dunklen Abenden und in langen, langen Winternächten werden könne. Ihr graute, und sie sagte dem Manne, sie finde es allright, wie er auch baue, wenn es nur dicht und warm sei; aber sie äußerte nichts von dem, was sie dachte.

      Da war der Per Hansen froh: »Du bist das verständigste Weib, von dem ich weiß, du Beretmutterl Freilich ist es das beste, auf die Weise zu bauen!«

      Jetzt überholte er weiß Gott den Hans Olsen wie auch die Solumbuben; von denen konnte keiner vorläufig an den Stall auch nur denken, und er baute sich beides auf einen Schlag!

      IX

      Eines Abends kam der Per Hansen mit den Ochsen zum Hans Olsen und wollte dessen neuen Wagen geliehen haben; er wolle weg und Holzwerk zu Dachsparren holen.

      Der Per Hansen hatte seine Pläne.

      An einem Bach, zehn Meilen weiter südlich, hatten die andern kümmerliches Krummholz gefunden, gerade zum Notbehelf, mehr nicht. Und ihre Dächer taugten nicht viel; fraglich, ob sie bis zum Frühling hielten. Nein, er hatte Besseres vor. Die Frühlingsbestellung hatte er hinter sich; jetzt wollte er verschnaufen und die Prärien rundum ein wenig befahren. Wie er gehört hatte, war Sioux River nur fünfundzwanzig bis dreißig Meilen weit entfernt; da sollten guter Wald und schon seit mehreren Jahren ganze Siedlungen von Tröndern Bewohner des Amtes Trondhjem (Drontheim). sein; und da war gewiß so manches andere noch, was er sich jetzt anschauen wollte. —

      Er erzählte dem Hans Olsen von seinen Absichten: »Das wollen wir aber für uns behalten; du weißt ja, wir müssen auf einen Ausweg sinnen, wie wir ausreichend Brennwerk für den Winter bekommen.« —

      Er kam mit dem Wagen heim und sagte nur, daß er und der Große-Hans ins Holz fahren wollten. Der Ole habe währenddessen die Farm zu betreuen und gut auf Volk und Vieh zu achten.

      Der Große-Hans geriet fast aus dem Häuschen vor Wonne; der Bruder aber hätte am liebsten laut losgeheult über diese unerhörte Ungerechtigkeit. Daß der Vater auch so unverständig war, den Kleinen mitzunehmen und den Erwachsenen untätig daheimzulassen! — Und das schlimmste war, daß der Ole alle Vorbereitungen zur Reise mitansehen mußte; das war ja eine Umständlichkeit, als bereiteten sie sich darauf vor, weiter nach Westen auszuwandern. Ein Kessel wurde mitgenommen, Mehl und Salz, Kaffee und Milch und andere Eßwaren eingepackt. Als er dann aber das Riflegewehr, die Lange Marie, aus der großen Lade herauskommen sah, da flennte er vor Wut. Und Äxte und Taue und Säcke kamen mit, — und dieses Dreckbüblein tat sich obendrein so wichtig, wollt‘ nicht mehr mit ihm reden, schwänzelte bloß um den Vater herum, tuschelte geheimnisvoll und war doch zu nichts nütze und überall im Weg. Die Fragen troffen ja förmlich von dem herab. Sollte dies mit und jenes und das dort? Als er aber auch mit einer langen Ankerkette angezogen kam und behauptete, die sei unentbehrlich, da lachte der Vater auf: »Nein, du Großer-Hans, du Großer-Hans; da wäre ich fast ohne Ankerkette abgesegelt, hättest du es nicht rechtzeitig gemerkt! Und was hätten wir im Forst ohne Ankerkette angefangen?«

      Die Beret machte den Mundvorrat zurecht. Das ernste Antlitz war traurig. — Freilich mußte das Haus unter Dach kommen, das sah sie ein; wie hätten sie in einer Hütte ohne Dach wohnen sollen? Aber jetzt blieb er zwei Tage weg, zwei ganze Tage und eine Nacht! — Mit den Tagen ging es zur Not, aber die Nacht!

      »Nun gehst du mit den Kindern morgen abend zur Sörrina hinüber,« riet der Per Hansen unbekümmert, »bleibst da den Abend und plauderst mit ihr; dann wird dir die Zeit nicht lang, Sollst du sehen, Beretmutter.«

      Sie antwortete darauf weder ja noch nein. Sie wußte zu gut, sie werde es nicht tun. Sie dachte an den Abend, als er in Sioux Falls war und sie mit den Kindern von der Kuppe zu den Wagen kam: wie unheimlich war es damals um sie her gewesen. Die Wagen so grau im Schummerlicht! Und es war gewesen, als sammle sich alle Verlassenheit und lege einen Ring um sie. Sie hatte geradezu sehen können, wo der Ring lag, hatte sich Gewalt antun müssen, über ihn hinwegzusteigen.

      Es wurde eine folgenreiche Fahrt sowohl für die, welche sie unternahmen, wie für die Daheimgebliebenen. Diese lebten in tödlicher Angst, weil die beiden gar nicht wiederkehrten. Der erste Tag verging und der nächste; und die Nacht dazwischen und die Nacht darauf; der dritte Tag kam heran, — es wurde Mittag, und noch immer waren sie nicht zu erblicken.

      Die Beret war darauf vorbereitet, daß sie nicht so bald zurückkommen würden; der Per Hansen hatte sie geheißen, ihn nicht eher zu erwarten, als bis sie seiner ansichtig werde; gleichwohl begann sie den Himmelsrand nach ihnen abzusuchen, als kaum der Mittag des ersten Tages verstrichen war! Sie sagte sich selber, daß es töricht sei, konnte es aber nicht lassen. — An dem Abend legten sie und die Kinder sich frühzeitig schlafen.

      Am nächsten Abend spähten sie alle drei von der Hügelkuppe aus über die östliche Ebene. Im Osten erhob sich der Abenddunst, er ging in schwarzblaues Dämmern über; das barg so vielerlei Seltsamkeit in sich, kroch ihr und den Kindern immer näher. Aber kein Wagen und keine Ochsen kamen daraus hervor. — — Der Ole fand es weit kurzweiliger, nach Steinen zu suchen, als in die Ferne zu starren!

      Der Tag war fast hinabgesunken; da fühlte die Beret, sie müsse heute Menschensprache hören von andern als den beiden Kindern, und so ging sie trotz allem zum Hans Olsen.

      War der Per Hansen immer noch nicht heimgekommen?

      Nein, sie könne auch nicht begreifen, was aus ihm geworden sei; er hätte um diese Zeit schon zu Hause sein müssen, antwortete sie versonnen.

      Nun ja, sie dürfe sich seinetwegen keine Sorgen machen, er habe diesmal

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