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Schutz und Zuflucht in der Festung suchen konnten und dann zugleich die gewöhnliche Besatzung verstärkten.

      Das war die Hacienda, in die wir vor den Reisenden, die wir auf dem Weg gelassen haben, eintreten wollen.

      Der Eigentümer, Don Agustin Peña, war ein reicher Mann. Außer einer reichen Goldmine, die er gar nicht weit von hier ausbeutete, besaß er noch zahllose Herden großen und kleinen Viehs, Pferde, Maultiere und Stiere, die frei umherliefen, sprangen und brüllten mitten in den ungeheuren Savannen oder den tiefen Wäldern, die die zwanzig Quadratmeilen Land, die zur Hacienda gehörten, bedeckten. Eine gleich ausgedehnte ländliche Besitzung ist nicht selten in einem Land, wo viele Besitzungen so groß sind wie ein Departement in Frankreich.

      Indes sprach man von Guaymas bis an diese Grenzen nur vom Reichtum Don Agustins und von der unermeßlichen Mitgift, die seine Tochter Doña Rosaria, die liebliche Rosarita, demjenigen zubringen würde, den sie zum Gatten wählte. Das junge Mädchen war auch das Ziel gar manchen Ehrgeizes. Übrigens hätte schon seine Schönheit – auch ohne das Vermögen, das es nach dem Tod des Vaters bekommen mußte – vollkommen genügt, um all diese Ansprüche zu rechtfertigen.

      In diesen entfernten Provinzen hat sich gewöhnlich der andalusische Typus schwächer ausgeprägt; aber er hatte bei Rosarita nichts von seiner Charakteristik verloren, und durch einen glücklichen Gegensatz vereinigte sich die Reinheit der Züge mit der Frische der Mädchen des Nordens. Die rosigen Wangen der Tochter Don Agustins gaben ihren schwarzen Augen und dem Kranz schwarzer Haare, der ihr Haupt schmückte, nur noch mehr Glanz; die glühende Sonne hatte ihren weißen Teint nicht berührt. Mit einem Wort, ihre Hände, ihre Füße, ihre Taille und jene Haltung, die, nach dem andalusischen Ausdruck »Derrama sal y perdona vidas«,Eine wörtlich nicht zu übersetzende Redeweise: »Streut Salz aus und spart das Leben.« Es kommt vom Wort »Salero«, das dazu dient, die stolze Haltung der Andalusierinnen beim Gehen auszudrücken. »Salz und Leben ausstreut«, verbanden sich bei ihr mit den Vorzügen des europäischen Blutes. Nach solcher Lobrede würde jede Beschreibung überflüssig sein. Sie war also inmitten dieser Einöden wie die Kaktusblume, die nach einer Sage aufblüht und stirbt von elf Uhr bis Mitternacht, unter den Augen Gottes allein, ohne daß es irgendeinem menschlichen Auge gegeben wäre, ihre Farbenpracht zu bewundern, ohne daß jemand an ihrem Duft sich hätte ergötzen können.

      Die unermeßliche Ebene, in deren Mitte die Hacienda del Venado lag, bot einen doppelten Anblick dar: Derjenige Teil, der an der Vorderseite des Gebäudes lag, zeigte allein Spuren einer hohen Kultur. Unübersehbare Maisfelder und weitläufige Olivenpflanzungen offenbarten die Gegenwart und die Arbeiten des Menschen. Hinter der Hacienda, aber nur einige hundert Schritt von der Ringmauer, hörte der urbar gemachte Boden auf, und noch jungfräuliche Wälder dehnten sich von da in ihrer düsteren und ursprünglichen Majestät aus. Der angebaute Teil war bewässert durch einen ziemlich breiten Bach. Während der trockenen Jahreszeit floß er langsam dahin und schäumte gegen die runden Steine, die sein Bett verstopften. Aber in der Regenzeit verwandelte sich dieser kleine Bach in einen ungestümen Waldstrom, der diese ungeheuren Steine vor sich herrollte, wie die Sturzsee die Strandsteine auf das flache Ufer rollt, auch zuweilen die Ebene überschwemmte und jedes Jahr die steilen Ufer erweiterte, die ihn einengten.

      In dem Augenblick, als der Zug, der sich auf dem Weg nach der Hacienda befand, noch eine ziemliche Strecke davon entfernt war – das heißt, eine Stunde vor Sonnenuntergang —, bot die Ebene in ihren Umgebungen ein prächtiges Schauspiel, besonders für das Auge des Reisenden, der es müde ist, dürre Einöden zu durchziehen.

      Ein Lichtglanz, goldig wie derjenige, der die Wellen des Ozeans liebkost, wenn die Sonne in seine Fluten taucht, spielte auf den wellenförmigen Bewegungen, in die der Abendwind die grünen, biegsamen Halme der Maisfelder versetzte. Die weißen Blüten der Olivenbäume, sanft von diesem erfrischenden Windhauch geschüttelt, fielen wie Schneeflocken auf den Rasen, der sich gleich einem Teppich unter ihnen ausbreitete. Die Arbeiter suchten nach einem mühevollen Tagewerk ihre Hütten; die einen mit den Werkzeugen des Ackerbaus beladen, andere mit einem langen, spitzen Stab bewaffnet, um damit die lässigen Ochsen anzutreiben.

      An den Rand des Baches, der sanft die langen Halme der Pflanzen umrieselte, die von seinem klaren Wasser Nahrung empfingen, kamen Tausende von Tieren, um nacheinander ihren Durst zu löschen. Bald waren es lange Reihen von Stieren und Färsen, die beim Anblick ihrer Tränke brüllten. Bald waren es lange Züge frei umherlaufender Pferde, die wiehernd in großen Sätzen nach dem Fluß liefen oder auf der Ebene einander verfolgten. Der Boden zitterte unter dem Galopp dieser edlen Tiere, die, wenn auch schon vertraut mit dem Anblick des Menschen, doch noch den scheuen Stolz und die prächtige Haltung der wilden Pferde bewahrten und eine Flut von Köpfen mit blitzenden Augen, weit geöffneten Nüstern und flatterndem Mähnenhaar zeigten. Je nachdem ihr Durst befriedigt war, eilten unzählbare Züge mit der Schnelligkeit des Blitzes hinweg, wie toll hinter sich ausschlagend, schüttelten stolz den stattlichen Busch ihres Schweifes und verloren sich bald inmitten des Staubes, der unter ihren Hufen emporwirbelte.

      Der mächtigste arabische Chef, der reichste Patriarch der alten Zeit zählte niemals herrlichere und zahlreichere Herden als Don Agustin Peña auf seinen unermeßlichen Weideplätzen.

      Zur Stunde, von der wir sprechen, durchzogen zwei Männer die Ebene nach der Hacienda hin; der eine auf einem Pferd, der andere auf einer Mauleselin. Pferd und Maulesel gehörten gewiß, jedes in seiner Art, zu den schönsten Exemplaren ihrer Rasse. Das erstere mit seiner stolzen Haltung, seiner breiten Brust und seinem Schwanenhals war kaum schöner als der Maulesel, der an seiner Seite mit den feingebauten Füßen, den runden Weichen und dem glänzenden Rücken dahinschritt.

      Der erste Reiter war der Herr der Hacienda; sein Anzug bestand in einem Guayaquilstrohhut, einem feinen und weißen Batisthemd ohne Weste und einem samtenen Beinkleid mit goldenen Knöpfen, das an den Hüften zusammengeschnürt war. Der andere auf der Mauleselin war der Kaplan der Hacienda, ein verehrungswürdiger Franziskanermönch in blauer Kutte, mit einem Gürtel von seidenen Schnüren; sein Oberkleid war kavaliersmäßig oberhalb der langen Reiterstiefel, die mit langen klirrenden Sporen bewaffnet waren, zurückgeschlagen. Ein breiter grüner Filzhut, der ziemlich keck auf einer Seite saß, gab dem Franziskaner ein mehr kriegerisches als mönchisches Aussehen.

      Der Hacendero, der Herr der Hacienda, schien einen stolzen Blick auf die unermeßlichen Reichtümer zu werfen, die ihn umgaben und die nach seiner eigenen Meinung – die wir übrigens vollständig teilen – viel höher anzuschlagen waren als in der Geldkiste angehäufte Goldbarren.

      Was den Mönch anlangt, so schien er durch einen zu mächtigen Gedankengang in Anspruch genommen, um auf das Schauspiel großartigen Reichtums zu achten, das sich in der Ebene vor ihm ausbreitete.

      »Beim heiligen Julian, dem Schutzpatron der Reisenden«, sagte Don Agustin, »in den vierundzwanzig Stunden, da Ihr abwesend wart, fürchtete ich, ehrwürdiger Vater, daß ein Jaguar Euch zerrissen oder irgendein Sumpf Euch samt Eurem Maultier verschlungen hätte.«

      »Der Mensch denkt und Gott lenkt«, antwortete der Mönch. »Es ist wahr – ich war auf einige Stunden abgereist, um dem armen Joaquin, dem ein Stier den Leib aufgerissen hatte, ein christliches Begräbnis zu geben, und hatte eben die Erde, wo er eingescharrt werden sollte, gesegnet, als ein junger Mann zu Pferd schnell wie der Blitz mit bestürzter Haltung und aufgeregtem Gesicht erschien, um mich zu bitten, nach seiner Wohnung zu kommen und die Beichte seiner sterbenden Mutter zu hören; ich mußte zehn Meilen wieder zurücklegen. Ich mochte dringende Geschäfte vorschützen, soviel ich wollte, um den jungen Mann loszuwerden – ich mußte doch endlich seinen inständigen Bitten weichen. Wißt Ihr, wer es war?«

      »Wie sollte ich?« antwortete der Hacendero.

      »Tiburcio, der Adoptivsohn des Gambusinos Marcos Arellanos, war es.«

      »Wie? Seine Mutter ist tot? Das tut mir sehr leid; er ist ein braver junger Mann. Ich habe nicht vergessen, daß wir ohne ihn vielleicht vor Durst gestorben wären, meine Tochter, meine Leute und ich. Habt Ihr ihm auch gesagt, daß, wenn er ohne Hilfsquellen wäre, er willkommen sei auf der Hacienda del Venado?«

      »Nein, denn dieser Bursche hegt eine unsinnige Leidenschaft für Eure Tochter, wenn man es Euch sagen darf!«

      »Und was liegt

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