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Die Vampirschwestern – Ein zahnharter Auftrag. Franziska Gehm
Читать онлайн.Название Die Vampirschwestern – Ein zahnharter Auftrag
Год выпуска 0
isbn 9783732003075
Автор произведения Franziska Gehm
Серия Die Vampirschwestern
Издательство Bookwire
Das Abhörgerät knatterte. Dirk van Kombast stellte es dicht an das kleine Toilettenfenster. Es zeigte zum Nachbarhaus Nummer 23. Er setzte sich die Kopfhörer auf. Dann hockte er sich auf die Toilette und lauschte.
Rauschen – „ich war“ – Rauschen – „rascht wie du“ – Rauschen – „mein Brud…“ – Rauschen – „nicimo!“ – Rauschen – „Elvira, du weißt do…“ – Rauschen.
Dirk van Kombast stand wieder auf. Das Abhörgerät hatte offenbar einen Wackelkontakt. Dabei war es ein originalverpacktes „Vampire-Best-Buy-Bug“ vom Vampirologenkongress. Laut Beipackzettel in Extremsituationen in Transsilvanien von erfahrenen Vampirjägern getestet und für unerlässlich befunden.
Dirk van Kombast wackelte am Kabel. Er schaltete „Switch A“ an und aus. Er klopfte auf die Kopfhörer. Dann hörte er wieder die Stimme von Herrn Tepes. Seinem neuen Nachbarn. Ein sehr seltsamer Mann. Wenn er überhaupt ein Mann war. Damit meinte Dirk van Kombast nicht, dass Herr Tepes eine Frau war.
Seit die Tepes in das Reihenhaus Nummer 23 eingezogen waren, hatte Dirk van Kombast einen unheimlichen Verdacht. Bis jetzt wusste er nur eins ganz sicher: Normale Menschen waren die Tepes nicht. Zu dem Ergebnis war er nach Auswertung seiner im Laptop gesammelten Beobachtungen gekommen.
Hätten die Leute von Dirk van Kombasts Hobby gewusst, hätten sie ihn für einen Spinner gehalten. Doch er war kein Spinner. Er war ein gut aussehender Pharmavertreter Ende dreißig. Manche Frauen fanden ihn unwiderstehlich gut aussehend. Sein Äußeres war tipptopp gepflegt. Nie vergaß er die Zahnseide beim Zähneputzen. Nie hatte er abgeknabberte Fingernägel. Nie lag eine Haarsträhne nicht dort, wo sie hingehörte.
Müsste man raten, was seine Hobbys waren, hätte man auf Golf, Pferderennen oder Austern-Essen getippt. Vielleicht auch auf kulturelle Städtereisen. Gar nicht so verkehrt. Doch wenn Dirk van Kombast nicht gerade Squash spielte, beim Friseur, bei der Maniküre oder im Solarium war, dann ging er auf die Jagd. Er jagte weder Häschen, Wildschweine, noch Löwen. Dirk van Kombast jagte Vampire.
Er hatte sich und seiner Mutter geschworen, den Kampf gegen die blutsaugenden Ungeheuer aufzunehmen. Sie hatten Dirk van Kombasts Mutter in den Wahnsinn getrieben. Sie hatten seine Mutter in die geschlossene psychiatrische Anstalt gebracht. Sie hatten ihm seine Mama weggenommen. Dirk van Kombast wollte Rache.
Er drückte die Kopfhörer fest auf die Ohren. Er horchte. Sollte sich sein unheimlicher Verdacht bestätigen, dann hatte er jetzt eine ganze Vampirfamilie direkt vor der Nase. Beziehungsweise den Ohren.
Das Gespräch zwischen Elvira und Mihai Tepes war hochinteressant. Das Rauschen dazwischen allerdings nicht. Dirk van Kombast wackelte ein paarmal am Kabel. Das Rauschen blieb. Daran war wohl im Moment nichts zu ändern. Er würde das Gerät später zur Reparatur bringen. Jetzt wollte er hören, was die Tepes besprachen. Auch wenn es ab und zu rauschte – immer noch besser, als gar nichts zu hören.
Dirk van Kombast machte es sich auf der Toilette bequem. Wie angenehm, dass der Klodeckel mit flauschigem Stoff bezogen war. Den geblümten Toilettenbezug hatte ihm seine Mutter zu Ostern geschenkt. Dirk van Kombast strich versonnen über die weichen Fusseln, während er dem Gespräch von Herrn und Frau Tepes lauschte.
Auf einmal hörte er weitere Stimmen. Er klopfte auf die Kopfhörer. Er wackelte am Kabel. Er zwickte sich in die Nase. Die Stimmen blieben. Dann erkannte er sie: Das waren die Töchter. Zwei seltsame Mädchen. Die eine, etwas rundere, trug altmodische Hüte und Handschuhe bis zum Ellbogen. Sie blinzelte immer, wenn sie ihn grüßte. Das andere Mädchen sah aus, als hätte es den Kopf in ein rußschwarzes Ofenrohr gesteckt und nach der Explosion wieder herausgezogen. Das wäre eine mögliche Erklärung dafür, dass ihre Haare in alle Richtungen abstanden. Beide Mädchen waren leichenblass. Dirk van Kombast fand auch, sie rochen etwas muffig. Aber oft war er noch nicht in ihre Nähe geraten. Das war sicher auch besser so.
Vermutlich waren die Zwillinge gerade aus der Schule nach Hause gekommen. Familie Tepes war vollständig. Dirk van Kombast riss ein Stück vom fünflagigen Klopapier ab, putzte sich die Nase und atmete tief durch. Von jetzt an wollte er kein Wort mehr verpassen.
In der Finsternis
Im Keller des Reihenhauses Nummer 23 war es finster wie im Schlund eines Wals. Bis auf ein unregelmäßiges Atmen links neben ihm und ein leises Aufstoßen rechts neben ihm war es totenstill. Der Raum war kalt. Das lilafarbene Polster im Sarg war weich und roch modrig. Die Heimaterde war feucht und klebrig.
Der Sarg war etwas zu klein für ihn. Seine spitzen Lackschuhe stießen ans Sargende. Seine Lockenpracht wurde vom oberen Sargende zusammengedrückt. Wer in fremden Särgen schlief, durfte nicht wählerisch sein. Das war nur eins der kleineren Opfer. Weit größere Qualen standen bevor.
Er starrte in die Finsternis. Das Monokel klemmte wie immer vor dem grünen Auge. Seit er einen Spritzer Tzaziki ins Auge bekommen hatte, musste er es tragen. Es machte ihm nichts aus. Seiner Frau auch nicht. Sie fand ihn mit Monokel noch attraktiver. Sie hatte Geschmack.
Sein Magen knurrte. Wie gut, dass er immer etwas Trockengetier zum Knabbern dabeihatte. Geschickt fingerte er aus der Westentasche eine Spinne. Sie war schwarz, behaart und platt gedrückt. Er steckte sie in den Mund. Es knackte, als er zubiss. Sie schmeckte köstlich.
Er fuhr sich mit der langen, spitzen Zunge über die Lippen und die beiden Eckzähne. Dann atmete er tief ein. Es roch ungewohnt, fremd, aber nicht unangenehm. Ein Hauch von Mensch lag in der Luft. Er schloss die Augen. Er musste Kräfte sammeln. Übermenschliche Kräfte. Was ihnen bevorstand, würde jeden Schweiß- und Blutstropfen fordern. Um sein Ziel zu erreichen, würde er bis ans Äußerste gehen. Er war ein Kämpfer.
Er war nicht allein. Sie waren zu dritt. Noch schlummerten sie im Dunkeln. Bald würden sie hervorkommen. Aus den Tiefen des Kellers vom Reihenhaus Nummer 23. Dann würden sie handeln müssen. Sofort. Rückhaltlos. Es ging um Leben und Tod.
Virus im Wohnzimmer
Elvira und Mihai Tepes saßen auf der blutroten Couch im Wohnzimmer. Mihai Tepes hatte die Strümpfe ausgezogen. Seine Füße steckten in einem Katzenklo, das mit transsilvanischer Heimaterde gefüllt war. Er wackelte mit den Zehen, zwischen die ein paar Erdkrümel gerutscht waren. Er schüttelte sich vor Wohlbefinden. Herrlich! Am liebsten würde er sich jetzt noch ein Gläschen Karpovka einschenken und „Transsilvania, rodna inima moi“ singen. Aber das wäre wohl zu viel für seine Töchter und ihre neuen Freunde. Und für seine Frau.
Elvira Tepes trank Kaffee aus ihrer Lieblingstasse, die wie ein Klo mit Deckel geformt war. Ihr Vermieter hatte ihr die Tasse zur Ladeneröffnung geschenkt. Herr Tepes stellte die Tasse nach dem Abwaschen immer ganz hinten in den Schrank. Frau Tepes holte sie immer wieder hervor.
Elvira Tepes lächelte ihren Töchtern zu. Wie schön, dass sie so schnell Freunde gefunden hatten. Sie musterte den neuen Besucher. Dieser Ludo sah wirklich nett aus. Nur einen etwas merkwürdigen Blick hatte er. Vielleicht saß er zu lange vor dem Computer.
„Und, wie sieht’s aus, Lumbo? Irgendwelche spannenden Hobbys? Schon mal mit Rennzecken versucht?“, fragte Herr Tepes. Mihai Tepes hatte im Keller eine Rennzeckenzucht. Er war sehr stolz darauf. Leider hatte er bis jetzt in Bindburg trotz intensiver Suche noch keine Interessenten für Rennzeckenwetten gefunden. In Bistrien waren Rennzeckenwetten das Freizeitvergnügen überhaupt. Herr Tepes konnte sich nicht vorstellen, dass Fußball spannender sein konnte. Das behauptete sein Schwiegervater hartnäckig.
„Ähm … ich heiße Ludo. Was soll ich mit Zecken versucht haben?“
„Rennzecken. Feinste Zucht! Wir lassen sie gegeneinander antreten. Magst du wetten?“ Herr Tepes hatte sich aufgerichtet und sah Ludo hoffnungsvoll an.
Ludo schüttelte schnell den Kopf.
Herr