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Volksrepublik China hat das CISG am 30.9.1981 unterzeichnet, die Bundesrepublik Deutschland am 26.5.1981. Am 11.12.1986 hat China das CISG genehmigt. Am selben Tag erfolgte dessen Ratifikation durch Italien und die USA. Damit waren die Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Übereinkommens selbst i.S.d. Art. 99 I CISG sowie für dessen Inkrafttreten in China i.S.d. Art. 99 II CISG zum 1.1.1988 erfüllt. Die Bundesrepublik Deutschland ratifizierte das CISG am 21.12.1989. In Kraft getreten ist es dort i.S.d. Art. 99 II CISG am 1.1.1991.

      China und Deutschland sind folglich Vertragsstaaten des Übereinkommens, womit der räumliche Anwendungsbereich i.S.d. Art. 1 I lit. a CISG gegeben ist. Im Rahmen seines sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereichs ist das CISG damit unmittelbar und ohne Vorschaltung des Kollisionsrechtes anwendbar.34 Beim Warenkauf einer in Deutschland niedergelassene Vertragspartei bei einer in China niedergelassenen Vertragspartei bestimmen sich die nicht durch das CISG geregelte Fragen, vorbehaltlich des Art. 7 II Var. 1 CISG, i.S.d. Art. 7 II Var. 2 CISG i.V.m Art. 4 I lit. a Rom I-VO ebenso wie i.S.d. chinesischen IPR35 nach dem am 29.12.1999 in Kraft getretenen Vertragsgesetz der Volksrepublik China. Die bewusste Wahl des subsidiär eingreifenden Rechts ist zu empfehlen.

      In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob die Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macau als Gebietseinheiten der Volksrepublik China auch als Teile des Vertragsstaates China und damit dem CISG unterliegend zu betrachten sind.36 China hat in Bezug auf die beiden 1997 und 1999 übernommenen Gebietseinheiten Hongkong und Macau bisher keine Erklärung i.S.d. Art. 93 I, II CISG abgegeben.37 Nach einer verbreiteten Ansicht erstreckt sich das CISG folglich i.S.d. Art. 93 IV auch auf diese Gebietseinheiten.38 Die Gegenmeinung beruft sich auf die gemeinsamen Erklärungen der Regierungen Chinas und des Vereinigten Königreichs vom 20.06.1997 sowie Chinas und Portugals vom 13.12.1999 über die Fortsetzung der Anwendung von Verträgen auf die jeweiligen Sonderverwaltungsregionen39, worin das CISG nicht aufgeführt ist.40 Somit besteht hinsichtlich der unmittelbaren Geltung des CISG in Hongkong und Macau keine hinreichende Rechtssicherheit. Die Vertragsparteien sollten diese durch eine wirksame und eindeutige Rechtswahl insoweit sicherstellen.

      C. Allgemeine Bestimmungen des Übereinkommens

      Die Art. 7-13 CISG (Teil I, Kapitel II) regeln allgemeine Bestimmungen bezüglich der Anwendung des CISG, welche insbesondere die Auslegung und Lückenfüllung, die Bindung an Gebräuche und Gepflogenheiten sowie die Form betreffen.

      I. Auslegung und Lückenfüllung

      Art. 7 I CISG normiert für die Auslegung des CISG drei Grundsätze. Mit der Berücksichtigung seines internationalen Charakters sowie der Förderung seiner einheitlichen Anwendung wird, ungeachtet nationaler Vorschriften und Hintergründe, seine autonome und einheitliche Auslegung bestimmt.41 Der dritte Grundsatz besteht in der Wahrung des guten Glaubens im internationalen Handel.42 Keine einheitliche Auffassung besteht in der Frage, wie umfassend dieser Grundsatz zu sehen ist.43 Trotz seiner Verortung in den allgemeinen Bestimmungen und der teilweise entsprechend vertretenen Ansicht, der Grundsatz gelte nur für die Auslegung des CISG,44 betrifft er nach verbreiteter Meinung auch das Verhältnis der Parteien untereinander.45 Vor dem Hintergrund international unterschiedlicher Auffassungen zum Grundsatz von Treu und Glauben und dem Ziel einer einheitlichen Anwendung des CISG, sollte dieser Grundsatz nicht überdehnt werden.46 Nach einer Ansicht sind das Verständnis und die durchschnittlichen Kenntnisse eines mit dem internationalen Handel vertrauten Teilnehmers an demselben maßgeblich.47 Nach verbreiteter Ansicht schließt der Grundsatz zumindest das Verbot des Rechtsmissbrauchs sowie widersprüchlichen Verhaltens ein.48

      Im unvereinheitlichten deutschen Recht hat der i.S.d. § 242 BGB als Generalklausel normierte Grundsatz von Treu und Glauben den Stellenwert eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, der über das Schuldrecht hinaus für das Privatrecht insgesamt und teilweise weitergehend anwendbar ist.49 § 157 BGB verweist hierauf hinsichtlich der Auslegung von Verträgen. Im Ergebnis sollten sich zwischen BGB und CISG diesbezüglich keine wesentlichen Unterschiede ergeben.50

      Hinsichtlich der im CISG nicht entschiedenen Fragen bezüglich im CISG geregelter Gegenstände verweist Art. 7 II CISG vorrangig auf die dem CISG zugrunde liegenden allgemeinen Grundsätze, welche sich unter anderem aus Art. 6, 7 I, 11 CISG ergeben.51 Mangels entsprechender Grundsätze verweist Art. 7 II Var. 2 CISG als ultima ratio auf das nach dem IPR anzuwendende nationale Recht.52 Die bewusste Wahl des subsidiär wirkenden Rechts ist daher zu empfehlen.

      Neben den in Art. 7 I CISG geregelten allgemeinen Auslegungsgrundsätzen normiert Art. 8 CISG die Auslegung des Parteiwillens. I.S.d. Art. 8 I CISG bestimmt sich die Auslegung entsprechender Erklärungen oder sonstigen Verhaltens einer Partei nach deren Willen, soweit die andere Partei diesen kannte oder darüber nicht in Unkenntnis sein konnte. Kriterium für die Auslegung ist der subjektive Erklärungswille.53 Maßstab für das Kennenmüssen dieses Willens auf Seite des Erklärungsempfängers ist grobe Fahrlässigkeit.54 Hat dieser den wirklichen Willen der äußernden Partei insoweit nicht gekannt, sind deren Erklärungen oder Verhalten i.S.d. Art. 8 II CISG gemäß der Auffassung einer entsprechenden vernünftigen Person unter gleichen Umständen objektiv auszulegen. Maßgeblich ist der Horizont eines verständigen Erklärungsempfängers55 unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte.56 Zur Feststellung des Willens sowie der Auffassung i.S.d. Art. 8 II CISG sind i.S.d. Art. 8 III CISG alle erheblichen Umstände des konkreten Sachverhalts zu berücksichtigen.

      Die bei Geltung des BGB i.S.d. § 133 BGB geregelte Auslegung von Willenserklärungen stellt auf die Erforschung des wirklichen Willens ab. Dem entspricht insoweit Art. 8 I Hs. 1 CISG. Auf Basis dieses Grundsatzes hat die Rechtsprechung ergänzende Auslegungsregeln entwickelt. So ist der wirkliche Wille dann für die Auslegung maßgeblich, wenn er von den Beteiligten übereinstimmend verstanden wurde.57 Dies entspricht im Grundsatz der Bedeutung des Art. 8 I CISG.

      Ist von einem übereinstimmenden Verständnis hinsichtlich des wirklichen Willens nicht auszugehen, ist in Bezug auf die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen nach gefestigter Rechtsprechung auf den objektiv erklärten Willen, unbeachtlich des unerklärt gebliebenen Willens, in dem Maße abzustellen, in dem er für den Erklärungsempfänger erkennbar war und wie dieser ihn nach Treu und Glauben sowie der Verkehrsanschauung verstehen musste.58 Dies deckt sich im Grundsatz mit Art. 8 II CISG. Die i.S.d. Art. 8 III CISG normierte Berücksichtigung erheblicher Umstände entspricht höchstrichterlicher deutscher Rechtsprechung.59

      Ein Inhalts- oder Erklärungsirrtum unterliegt i.S.d. Art. 4 S. 2 lit. a CISG dem gemäß IPR anzuwendenden nationalen Recht.60 Ist das unvereinheitlichte deutsche Recht anzuwenden, ergibt sich ein Anfechtungsanspruch i.S.d. § 119 I BGB.

      II. Handelsbräuche und Gepflogenheiten

      Art. 9 I Var. 1 CISG bestimmt die Bindung der Parteien an ihre individuell vereinbarten Gebräuche. Abzustellen ist hierbei auf den ausdrücklichen oder stillschweigenden Willen der Parteien zur Geltung eines Gebrauchs,61 worin sich die Nähe zu Art. 8 CISG widerspiegelt.62 Dem Prinzip der Privatautonomie i.S.d. Art. 6 CISG folgend, haben entsprechende Gebräuche Vorrang vor den Vorschriften des CISG.63 Darüber hinaus statuiert Art. 9 II CISG unter dem Vorbehalt einer anderslautenden Vereinbarung die Vermutung, dass vertrags- und branchenspezifisch weithin bekannte und regelmäßig beachtete Gebräuche unabhängig vom konkreten Parteiwillen stillschweigend in den Vertrag einbezogen werden. Eingeschränkt wird dies insoweit, dass die Parteien die jeweiligen Gebräuche kannten oder kennen mussten. Abzustellen ist hierbei auf einen direkten Bezug der jeweiligen Partei zum Verbreitungsgebiet des betreffenden Brauchs.64

      Bei Geltung des unvereinheitlichten deutschen Rechts normiert § 346 HGB obligatorisch die Rücksichtnahme auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche. Auf ein Kennenmüssen kommt es nicht an.65 Ähnlich Art. 9 II CISG setzt das Bestehen eines Handelsbrauchs auch hier die tatsächliche Übung im entsprechenden Verkehrskreis voraus, welcher branchenbezogen oder örtlich begrenzt sein kann.66 Rechtsverbindlichkeit erlangen Handelsbräuche allerdings nur bei vertraglicher Vereinbarung.67

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