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in einen Kunststudenten, der zum Koch ausgebildet war. Als wir zusammen in eine WG gezogen waren, nahm er mich zu einem riesigen überdachten Bauernmarkt mit. Mein erster Besuch dort hinterließ einen tiefen Eindruck und veränderte meine Beziehung zum Essen und zu Lebensmitteln von Grund auf. Wir kauften Zutaten für ein einfaches, frisches Gericht, darunter eine meiner damals absoluten Lieblingskombinationen: frische Fettuccine-Nudeln mit frischem Estragon und Jakobsmuscheln in Weißweinsoße. Nach dieser Erleuchtung hörte ich auf, Fleisch und Kartoffeln zu essen, und stürzte mich kopfüber in die vegetarische Küche.

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      Die Fischteiche meines Vaters im Sauerland.

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      Meine Großmutter väterlicherseits beim Salatpflücken, ca. 1950.

      Ich erinnere mich gut an mein erstes vegetarisches Kochbuch, „The Enchanted Broccoli Forest“ von Molly Katzen. Es inspirierte mich, Geschmäcker aus fernen Kulturen zu erforschen, und ich erstellte lange Listen mit Gewürzen, die ich kaufen wollte, und träumte von exotischen Gerichten. Ein weiteres Jahr in Kalifornien war für mich der Beginn eines ganz neuen Kapitels: die Entdeckung der mexikanischen Küche.

      Nach meiner Rückkehr und einem Studium in Berlin zog es mich erneut nach San Francisco, wo ich 13 Jahre blieb. In Kalifornien gab es eine große Auswahl an frischen biologischen Produkten, die ich oft in der Berkeley Bowl, einem berühmten Bauernmarkt, besorgte. Wenn Heimweh gelegentlich Heißhunger auf deutsches Essen auslöste, gab es zum Glück Lehr’s German Specialties in San Franciscos Noe Valley. Dieser kleine Laden hatte fast alles, was man zur Befriedigung dieses Heimweh-Hungers brauchte: Quark, Landjäger, Rollmops, Bahlsen Butterkekse (um Kalten Hund zu machen), Kinder Schokolade, Hanuta und eine große Auswahl an Haribo Gummibärchen.

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      Meine Großmutter mütterlicherseits bereitet Spargel-Schinken-Röllchen vor, ca.1975.

      Schließlich zog ich wieder zurück nach Deutschland und wohnte in der Nähe des Winterfeldtplatzes in Berlin-Schöneberg, wo einer der berühmtesten Bauernmärkte der Stadt, der Winterfeldtmarkt, jeden Mittwoch und Samstag stattfindet. Jahrelang hatte ich alle möglichen Küchen, Lebensmittel und Gewürze kennengelernt, aber ich war erstaunt, wie vielfältig das Angebot an Gemüse und Obst in meinem Heimatland ist. Hatte ich etwas verpasst? Wann hatte sich das deutsche Essen über Bratwurst, Kartoffeln und Sauerkraut hinaus entwickelt?

      Ich begann, mich intensiver mit der traditionellen deutschen Küche zu befassen, erinnerte mich an Rezepte, mit denen ich aufgewachsen war, und lernte Gerichte kennen, die meine Mutter nie gekocht hatte. Mein neuer Fokus waren frische, regionale und saisonale Bio-Produkte anstelle von Fleischgerichten, begleitet von zerkochtem Gemüse und Kartoffeln.

      Das traditionell gekochte deutsche Essen ist schwer und ungesund – nicht wegen der Zutaten, sondern weil das Gemüse meist zuerst zerkocht und dann in zu viel Sahne und Butter ertränkt wird, sodass ein schwerfälliger, beigefarbener Brei entsteht. Das muss nicht so sein!

      Als Resultat meiner anhaltenden Leidenschaft für Kulinarik habe ich ein Business in Berlin gegründet. „Schöne Heimat – a culinary exploration of Berlin & Beyond“. Mit dieser Kombination aus Markttour, Kochkurs und Lunch für englischsprachige Touristen habe ich ein Format gefunden, um meine Leidenschaft und das angelernte Wissen über unsere Esskultur zu teilen. Ich habe mich trotz des Missbrauchs des Wortes „Heimat“ durch die Nazis dafür entschieden, es zu benutzen. Es ist ein wunderbares Wort, das zahlreiche Bedeutungen beinhaltet und besonders geeignet ist, um kulinarische Erinnerungen, Geschmäcker und Gerüche zu beschreiben. Ich hoffe, meine Verwendung von „Heimat“ kann dazu beitragen, diese in ein anderes Licht zu rücken.

      „Schöne Heimat – a culinary exploration of Berlin & Beyond“ richtet sich an alle, die einen authentischen und modernen Einblick in den kulinarischen Lebensstil Berlins suchen und ihre Reiseerfahrungen bereichern wollen, jenseits der unpersönlichen Touren und klassischen Touristenattraktionen.

      Ich hoffe, dass ich dich mit diesem Buch zu einer Wieder- oder Neuentdeckung unserer Esskultur inspirieren kann, denn: Essen ist mehr, als unseren Hunger oder unsere Gelüste zu stillen. Essen ist eng verwoben mit Geschichte, Kultur, dem Land, Jahreszeiten, Wetter, Politik, der Gesundheit unseres Körpers und unserer Agrarkultur. Die moderne deutsche Küche umfasst Ideen und Praktiken, die ein breites gesundheits- und umweltbewusstes Publikum ansprechen. Bio-Diversität, nachhaltige Landwirtschaft, Ernährung, Tierschutz und die wirtschaftlichen Interessen von Unternehmen und ländlichen Gemeinden sind in Deutschland, wie auch an vielen anderen Orten der Welt, Teil eines wichtigen aktuellen Dialogs.

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       WAS IST ÜBERHAUPT DEUTSCHES ESSEN?

       Einflüsse aus den Nachbarländern und Regionen im kulinarischen Deutschland

      Bevor Deutschland das Land war, das wir heute kennen, war es ein Landstrich, bewohnt von deutschsprachigen Menschen, Mitteleuropäern nördlich der Alpen. Im 19. Jahrhundert vereinigte Otto von Bismarck die zahlreichen Grafschaften deutschsprachiger Königreiche, Herzogtümer, Fürstentümer, Städte und Bistümer zu einer Nation. Kulinarische Spuren hinterließen nicht nur die römischen und die französischen Besatzungsarmeen oder spanischen Herzöge, die in regionale Adelshäuser einheirateten, sondern auch Kaufleute und andere Reisende, die auf alten Handelsrouten unterwegs waren.

      Innerhalb Europas ist Deutschland zentral gelegen, umgeben von den nordischen Ländern sowie Polen, Tschechien, Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Die geopolitischen Faktoren haben die deutsche Küche in Vergangenheit und Gegenwart beeinflusst und spiegeln die einzigartigen kulinarischen Kulturen wider, die durch die Geschichte Europas selbst entstanden sind.

      Deutsche Küche beinhaltet eine Palette regionaler Rezepte und kulinarischer Traditionen, die das Land je nach Jahreszeit und Region zu bieten hat. Gleichzeitig prägt der Einfluss der Nachbarländer viele Gerichte: Kaufleute, Einwanderer, Besucher und Zeitarbeiter machten sich deutsche Rezepte zu eigen und teilten fremde Esskulturen mit ihren deutschen Nachbarn.

      Zahlreiche traditionelle regionale Gericht ähneln sich, tragen aber häufig abweichende Namen und sind vielleicht etwas unterschiedlich in Zutaten und Beilagen. Oft beinhalten die Namen der Gerichte die Namen der Städte oder Landschaftszüge; somit ist auf einmal ein Gericht, welches eigentlich überall in Deutschland gegessen wird, eine regionale Spezialität. Die Bibbelschesbohnesupp im Saarland etwa ist der Schnippelbohnensuppe aus Westfalen sehr ähnlich, beide Eintöpfe benutzen grüne Stangenbohnen, Kartoffeln, wahlweise Möhren sowie Fleisch oder Wurst.

      In gewisser Weise wurde die kulinarische Kultur Deutschlands auch von der Politik bestimmt. Während der deutschen Teilung (1949–1990) zum Beispiel haben sich die westdeutsche und die ostdeutsche Küche ebenso wie die verwendeten Lebensmittel unterschiedlich entwickelt. So wurde allein wegen des Angebotsmangels im Osten anders gekocht; kulinarische Einflüsse aus Russland, Polen, Bulgarien und anderen Ländern des Sowjetblocks taten ein Übriges. Dies bedeutete, dass bestimmte Geschmacksrichtungen, Rezepte und kulinarische Traditionen, die in den westdeutschen Bundesländern unbekannt waren, in Ostdeutschland zu Klassikern wurden.

      Ebenso brachten türkische Einwanderer in Westdeutschland ihre Lebensmittel mit in die kulinarische Landschaft ein, vor allem den Döner Kebab, ein Gericht, das heute mit zum deutschen Essen zählt und ein beliebtes Streetfood ist. Und was wäre Deutschland ohne die vielen italienischen Restaurants und Eisdielen?

      Bis in die 1990er-Jahre waren die Gourmetgerichte in deutschen Restaurants französischen Ursprungs. Der Trend, raffinierte deutsche Gerichte zu servieren, ist eine sehr junge und spannende Entwicklung.

      Heute gibt es in Deutschland einige der weltbesten Restaurants mit

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