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      Susanna Egli

      Sexualkunde im Mädcheninternat!

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       Impressum neobooks

      1

       München, Januar 1900

      Aus mehr als einem Grund war mein heutiger Geburtstag ein besonderer Tag. Nicht nur, dass ich nicht länger ein dummes Mädchen war, von dem die Erwachsenen keine Notiz nahmen, sondern weil dieser Tag zugleich ein Wendepunkt in dem großen Kalender der Geschichte bedeutete. Als ich eine Frau wurde, wurde die Welt ein Jahrhundert älter, und keiner von uns hatte zu Beginn des Jahres 1900 eine Vorstellung, was uns noch bevorstand. Keiner ahnte von den beiden Weltkriegen, die Deutschland erschüttern würde.

      Bayern wurde damals von dem Prinzregenten Luitpold, dem dritten Sohn Ludwig I. und Bruder von Max II. regiert, da der eigentliche König Otto aufgrund einer Geisteskrankheit nicht regierungsfähig war. Diese Krankheit hätte uns denken geben sollen: Es begann ein Jahrhundert des Wahnsinn. Aber wir waren glücklich und ahnungslos.

      Ich lebte im beschaulichen München, das unter Prinzregent Luitpold einen gewaltigen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung nahm. So entstanden unter anderem die Prinzregentenstraße und das Prinzregententheater. Das Deutsche Theater wurde in der Schwanthaler Straße eröffnet. Ach ja, in diesem Jahr wurde der Verein FC Bayern München gegründet, aber das interessierte damals niemanden.

      Im Jahr 1900 war München, mit knapp 500.000 Einwohnern, die drittgrößte Stadt im Deutschen Reich.

      In gewisser Hinsicht waren die Welt und ich Begleiterinnen voller Unschuld, die nicht die Gefahren und Aufregungen kannten, die vor uns lagen. Natürlich kann ich nicht für die Welt sprechen, aber für mich – und ich war mehr als bereit, dem 20. Jahrhundert mit offenen Armen entgegenzutreten.

      Viel zu lange war ich von Hausmädchen, Gouvernanten und älteren Begleiterinnen, die meine Mutter beschäftigte, damit sie mich „groß zogen“, verhätschelt worden und sicherlich nur, damit sie tun und lassen konnte, was sie wollte. Meiner Mutter ging es vor allem um sexuelle Vergnügungen mit einer Reihe von Männern, die mit ihrem wachsenden Alter immer jünger wurden.

      Ich wohnte in der Abgeschiedenheit unseres Familienbesitzes in einer großen Villa im Münchner Stadtteil Nymphenburg, nur etwa dreihundert Meter vom gleichnamigen Schloss der Bayern Könige entfernt. Aber ich durfte unser riesiges Haus nur selten verlassen. Mein einziger Kontakt mit der Außenwelt waren meine Bücher und Geschichten, die mir meine Gouvernanten erzählten. Ich hungerte danach, selbst die Welt zu entdecken; all das, was meine Mutter erlebte, auch zu erleben, aber bis ich eine junge Dame von sechzehn wurde, existierten solche Dinge nicht für mich.

      Am Morgen dieses ganz besonderen Tages, als das Kalenderblatt für mich und das Jahrhundert umgedreht wurde, sollten diese Welt und ich intimere Freunde werden, als ich je zu träumen gewagt hätte!

      An meinem Geburtstag weckte mich Emma, das Dienstmädchen, das mir gewöhnlich Kakao und Butterbrötchen brachte.

      „Fräulein Helene“, rief sie, kam schnell an mein Bett und griff nach den Decken, „aufwachen, Fräulein! Aufwachen!“

      Ich stöhnte im Halbschlaf und kuschelte mich noch tiefer in die Bettdecken. „Stell das Tablett auf den Tisch, Emma“, murmelte ich. „Ich frühstücke später. Ich will ein bisschen länger schlafen.“

      „Nicht heute, Fräulein!“, rief sie, während sie nach meinen Schultern griff und mich rüttelte. „Aber doch nicht heute!“

      „Heute habe ich Geburtstag“, erklärte ich. „Und an einem solchen Tag darf man doch wohl ein bisschen länger schlafen, nicht wahr?“

      „O ja, Fräulein“, keuchte sie. „Es ist wirklich ein besonderer Tag. Ihre Mutter ist angekommen und möchte Sie sehen! Sofort!“

      „Mutter?“ Ich schoss im Bett hoch und war sofort hellwach.

      „Ja, Fräulein! Die Gräfin persönlich!“, rief Emma begeistert.

      „Aber Mutter ist doch in Wien, Emma!“

      „Nein, Fräulein! Sie ist nach Hause gekommen. Hermann hat sie mit der Kutsche vor zehn Minuten vom Bahnhof abgeholt, und sie möchte Sie sofort sehen! Schnell! Sie müssen aufstehen und Ihr schönstes Kleid anziehen! Wir dürfen doch Ihre Mutter nicht warten lassen.“

      Wie betäubt sprang ich aus dem Bett. Emma flitzte im Zimmer herum und brachte mir alles, was ich anziehen sollte. Ich fragte mich, ob ich nun schlief und nur träumte, dass Mama gekommen wäre und mich sehen wollte. Wäre es möglich, fragte ich mich, dass sie mich so sehr liebt, dass sie zu meinem sechzehnten Geburtstag bei sein will, dass sie den ganzen Weg von Wien bis hierher gemacht hat, um mich zu sehen und mir zu gratulieren?

      Nun, ich muss gleich hinzufügen, dass sie nur meine Stiefmutter war. Und ich hatte nie viel Zuneigung von Mama erlebt, bis zu diesem Morgen, und trotz der Kälte des frühen Januartages wurde mir warm ums Herz.

      „Beeile dich, Emma!“, befahl ich, als die Aufregung mich zu überwältigen begann. „Kannst du mich nicht ein bisschen schneller ankleiden?“

      „Aber ich beeile mich doch schon, Fräulein Helene!“ Sie fummelte an den Knöpfen auf dem Rücken meines Kleides herum. „Ich bin so nervös, dass meine Hände zittern. Sie müssen mir vergeben!“

      „Lass doch!“, zischte ich. „Ich mach das schon selbst. Hol meine Schuhe!“

      „Ja, Fräulein.“

      Während ich mein Kleid zuknöpfte, musste ich daran denken, welche Wirkung Mama auf alle Leute hatte, selbst wenn sie nichts anderes tat, als einfach da zu sein. Seit Jahren hatte Emma nicht mit solchem Eifer gearbeitet, und sei Jahren hatte ich eine solche Erregung nicht mehr in mir gespürt. Würde ich auch einmal eine solche Wirkung auf andere Menschen haben? fragte ich mich. Würde ich die Selbstsicherheit meiner Stiefmutter haben, würde ich so schön sein wie sie? Denn meine Mutter war vor allem eine bemerkenswert schöne Frau.

      Oft, in den einsamen Jahren meiner Kindheit, stellte ich mich mit ihrem Bild in der Hand vor den Spiegel, um uns zu vergleichen. Ich war ein so hässliches Entlein, wenn ich Mamas strahlende Erscheinung sah. Wo ich linkisch und ungraziös war, da war sie perfekt. Es gab überhaupt keinen Vergleich zwischen uns, denn Mama war himmlisch.

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