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      Heidi Hollmann

      An die Rollatoren Mädels

      wir sind auch noch da..

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       An die Rollatoren Mädels

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       Impressum

       An die Rollatoren Mädels

       1

      „Du alte Ziege!“ Welche Frau hätte diese nicht gerade schmeichelhafte Unverschämtheit nicht schon des Öfteren in ihrem Leben gesagt bekommen und natürlich zu ignorieren versucht?

      Bei mir klappte es diesmal nicht, obwohl diese Fistelstimme nicht unbedingt eindringlich war.

      Die Wertung dieses jungen Mannes brachte mich zur Weißglut. Vorgebracht in einer Tonlage die einem Countertenor zu Weltruhm verholfen hätte.

      „Ein Kastrat,“ spottete ich und sein „du alte Ziege“ war ganz sicher nicht als Kompliment gedacht. Ich hatte übrigens schon von je her und in jungen Jahren auf Komplimente seitens der Männer verzichtet, sozusagen schon immer darauf gepfiffen. Nein, darauf geschiss...., hatte ich.

      Ein müdes Lächeln wäre normalerweise über meine Lippen gehuscht. Mich als gestandene und noch einigermaßen flotte Siebzigerin bringt man nicht so schnell in Harnisch, jedenfalls nicht, wenn ich es nicht will. So viel Disziplin muss sein! Was mich bei der ganzen Angelegenheit dann doch noch auf die Palme brachte, war der Hinweis auf mein Alter. Ziege hätte durchaus gereicht!

      Aber „Alte Ziege“, das war ja nun doch die Höhe und ging weit über meine Toleranzgrenze hinaus!

      Ich verstand die Welt nicht mehr. Dieser Eunuch machte mir den Parkplatz streitig und ließ mich unversehens auch noch zu einer alten Ziege mutieren. Bei geschlossenem Autofenster brüllte ich das klassische Wort, das von keiner guten Kinderstube zeugt. Ja, die Vermutung ist richtig. „Arschloch“ hieß das Losungswort, das mich vor dem Platzen bewahrte. Dabei stellte ich mir ein solches bildlich vor.

      Der Kerl jedenfalls kam vergleichsweise schlecht dabei weg. Er wäre eine Beleidigung für jedweden Vergleich dieser Art gewesen. Seine kümmerliche Äußerlichkeit, war nicht im Mindesten mit einem solch pompösen Teil zu vergleichen. Ich kurbelte das Fenster runter, hatte Zeit, diese Gestalt zu fixieren. Seine langen strähnigen Haare zu einem Zopf gebunden, irritierte meine Nasenschleimhaut. Ich roch plötzlich ranziges Öl. Mir wurde übel.

      Zum Glück fehlten diesem Menschen vorne die Haare gänzlich, wer weiß, welche Assoziationen sie sonst bei mir ausgelöst hätten. Sein fast kahler Schädel in einem formvollendeten Oval ließ mich an das Osterfest denken, weswegen ich überhaupt in die Stadt gefahren war.

      Ich fühlte mich genötigt, klar Schiff zu machen und versuchte dem Menschen zu erklären, dass ich die ganze Zeit auf das ewig dauernde Ausparken meiner Vorgängerin gewartet hätte. Verständlich, dass ich immer mehr in Rage kam und ihm zuletzt anstelle eines frommen österlichen Grußes, das Götzzitat entbot.

      „Na, nun halte mal den Ball flach, du alte Ziege,“ (wieder dieses böse Wort) machte er sich Luft. „Mit deinem dicken Schlitten (ich hatte den Wagen von Armin genommen, Automatik und so), kämste sowieso nicht in die enge Lücke rein!“ Ich merkte förmlich, wie der Puls hinter meinen Augen zu hämmern begann und sah zum ersten Mal in meinem langen Leben, das vielzitierte Rot. Ich verbat mir dermaßen aufgebracht, das „Du,“ wobei das „Ei“ hämisch grinste.

      „Als Sie noch in die Windeln geschissen haben,“ fuhr ich ihn an, „bin ich schon in enge Parklücken gefahren!“ Ich schnappte nach Luft. Das Gesicht des Kahlen wurde von einem roten Farbton überzogen, wobei mir „Bluthochdruck“ in den Sinn kam, und auch, dass ich zu allem Überfluss noch Eier zu färben hatte. Er rappelte an meiner Autotür. Vorsorglich hatte ich bereits und in Windeseile die Zentralverriegelung in Betrieb gesetzt. Dermaßen abgesichert zeigte ich ihm den Vogel, hätte ihm gern noch ganz was anderes gezeigt. Ich wollte aber kein öffentliches Ärgernis erregen. Visionär sah ich einen Schriftzug vor mir. „Siebzigjährige zeigte, mitten in der Stadt, Kontrahenten ihren nackten „Arsch!“ Arsch....... fett gedruckt!

      Ich hätte es tun sollen. Im Alter hat man ja nichts mehr zu verlieren. Ich dachte aber an meine Kinder, bzw. an meinen lieben Ehemann Armin und vor allem an meine Enkelkinder, denen ich bisher jedes böse Wort verbot. Ich selbst wollte stetes Vorbild sein, was mein fortschreitendes Alter immer stärker vereitelte.

      „Wie lange soll man das alles eigentlich noch durchhalten, wenn man in die Jahre gekommen ist?“ fragte ich mich.

      Die vielen Attacken, die bisher des lieben Friedens wegen von mir erfolgreich abgeblockt worden sind, haben mir bestenfalls den hohen Blutdruck beschert und mir diese Betablocker, eingebrockt.

      Ich habe das Gefühl, die Posaunen von Jericho zu hören, wenn Armin mal wieder lautstark trompetet: „Unterstütze die Pharmaindustrie nur ja, damit die Aufsichtsräte auch weiterhin ihre Yachten fahren können!“ Damit nicht genug, muss ich mir von ihm, als einem medizinischen Laien anhören:

      „Glaube mir, die Werte werden bewusst manipuliert, damit vor allem die bekloppten Alten diese Pillen fressen!“ Dabei guckte er mir vielsagend in die Augen.

      Dieses Gebrülle zu dem leidigen Thema schluckte ich bisher anstandslos und natürlich auch weiterhin die Pillen, um die es ja ging.

      Seit dem ich Betablocker „konsumiere,“ wie er das nennt, könnte jedenfalls eine Bombe fallen, worauf ich bestenfalls mit einem freundlichen „Herein“ aufwartete. Nun ja, effiziente Medizin hat eben ihren Preis und da kann es mir scheißegal sein, wer mit wem und mit welcher Yacht auch immer, auf welchen Weltmeeren unterwegs ist. Hauptsache ist doch, dass ich das, was man allgemein als Lebensabend bezeichnet, auch als solchen genießen kann. Von hier aus, „ein lieber Dank an die Pharmaindustrie!“

      Zu der Zeit, als ich diesen Parkplatz generiert habe, wie es heute heißt und dieses Ekel eben jenen für sich in Anspruch nahm, war ich noch kein Pillenschlucker.

      Armin selbst schluckt, o nein, so gut wie nichts Pharmazeutisches, kommt aber in regelmäßigen Abständen immer mal wieder ins Krankenhaus, wegen diverser Hörstürze.

      „Jedem Tierchen sein Pläsierchen“ stelle ich zu solchen Gelegenheiten fest. Dieser Spruch ist zu meinem Lebensmotto geworden und ich fahre gut damit. Ich persönlich beuge solchen Dingen lieber vor. Krankenhäuser sind keine Pläsierchen,

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