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geklebt, bei einem allerdings nur die Initialen H und P. Es war ein geprägtes Plastikschild.

      Marek fuhr mit dem Finger über die Vertiefungen der Buchstaben. Dann entdeckte er, dass die Tür nicht verschlossen war. Der Schließzylinder sah allerdings unversehrt aus. Marek tastete die Unterseite der Schranktür ab. Er fand eine Riefe, eine rechteckige Vertiefung. An dieser Stelle hatte jemand ein Brecheisen oder etwas Ähnliches angesetzt. Marek zog die Tür auf. Die Innenverriegelung war aus dem Holz gebrochen. Der Schrank war vollkommen leer, soweit Marek es sehen konnte. Er fasste ins oberste Fach und ertastete ganz hinten einen Pappkarton. Er zog sofort die Finger zurück. Er stellte sich auf die Bank, die sich vor den Schränken befand und konnte den Pappkarton jetzt sehen, ein roter Schuhkarton mit Label der Marke Puma.

      Marek überlegte fast eine ganze Minute lang, starrte dabei den roten Karton einfach nur an, dann griff er mit beiden Händen zu und zog das Ding vor. Er nahm den Karton auf, der nicht so leicht war, als wäre er leer. Dennoch stieg er mit dem Karton in den Händen von der Bank, ging in die Hocke und stellte ihn auf der Sitzfläche ab. Wieder verging eine halbe Minute, in der er unschlüssig war. Er atmete tief ein und nahm den roten Pappdeckel schließlich vom Karton. Eine durchsichtige Plastiktüte, aus der ein Kabel ragte, innen ein schwarzer Kasten.

      »Den habe ich ja ganz vergessen. Prima, dann können Sie den Kram ja gleich mitnehmen.«

      Marek schnellte hoch. In der Tür zur Umkleidekabine stand der Bademeister, der Marek jetzt überrascht ansah.

      »Entschuldigung, Sie sind doch einer von Herrn Dr. Prossmanns Bodyguards. Das hat Ihr Kollege vor zwei Wochen hier liegengelassen. Ich glaube das ist so ein Sprechgerät, wie die das bei Mission Impossible benutzen, nicht wahr. Ich habe es in den defekten Schrank gelegt, weil ich dachte, dass das mal einer von Euch mitnimmt.«

      Er deutete auf den Umkleideschrank mit dem Initialen H und P, vor dem Marek stand.

      »Defekt?«, wiederholte Marek. »Der Schrank wurde doch wohl aufgebrochen?«

      »Ja klar, das haben wir gemacht«, erklärte der Bademeister. »Er hat ihn ja nicht mehr aufschließen können. Das haben wir schon zweimal mit diesen blöden Sicherheitsschlössern gehabt. Muss wohl ein Produktionsfehler sein. Herr Dr. Prossmann benutzt jetzt einen der anderen großen Schränke, wenn der nicht auch irgendwann einmal klemmt.« Er stutzte. »Ich könnte allerdings mal sein Schild darauf schrauben, aber man hat ja auch so genug zu tun.«

      Marek hatte verstanden und erkannte jetzt auch das Headset, das dort in dem Pappkarton lag. Er nahm es heraus, hielt es kurz hoch und steckte es in seine Jackentasche.

      »Danke fürs Aufbewahren.«

      »Keine Ursache.« Der Bademeister zögerte. »Waren Sie gerade mit ihren Drecklatschen im Schwimmbad?«

      Marek sah auf seine Schuhe, die eigentlich frisch geputzt waren und glänzten. Und er dachte an die Duschen, die er vor wenigen Minuten betreten hatte. »Kann sein, ich bin den Gang ...«

      »Haben Sie die rote Linie nicht gesehen, da ist für Straßenschuhe Schluss«, belehrte ihn der Bademeister. »Bitte auch die Duschen nur mit Badeschlappen betreten.«

      Marek nickte. »Entschuldigung, wird nicht wieder vorkommen. Und wo geht es da hin?« Marek zeigte auf eine Tür, die sich auf der Stirnseite zwischen der linken und rechten Schrankreihe befand und die einen Spalt offenstand.

      »Wenn Sie das unbedingt kontrollieren müssen, dann können Sie da meinetwegen mit ihren Straßenklamotten durch, da geht es nämlich ohnehin nach draußen. Aber da ist abgeschlossen.« Dann zeigte der Bademeister in die entgegengesetzte Richtung. »Ich muss jetzt wieder in die Schwimmhalle, bevor da noch jemand absäuft.«

      Genauso plötzlich wie der Mann erschienen war, war er auch wieder verschwinden. Marek ging zur Durchgangstür und fühlte am Türspalt einen leichten Luftzug. Er stieß sie vorsichtig auf. Der Durchzug wurde stärker. Vor ihm lag ein drei bis vier Meter langer, dunkler Flur, an dessen Ende Tageslicht zu sehen war. Der Flur führte offenbar aus dem Gebäude heraus. Auf der linken Seite gab es eine weitere Tür. Ein Lichtstreifen flutete aus dem Türspalt.

      Marek hörte Geräusche, dann verdunkelte etwas den Ausgang am Ende des Flurs. Im selben Moment wurde es aber wieder heller. Jemand hatte die seitliche Tür ganz geöffnet und trat in den Flur. Marek erkannte den SLK-Fahrer, dessen Haar noch feucht glänzte. Der Mann sah Marek nicht, sondern ging sofort Richtung Ausgang. Dort tauchte ein zweiter Mann auf. Er öffnete gerade die Ladetüren eines blauen Transporters, den er von hinten an den Ausgang gefahren hatte.

      Marek ging weiter bis er ins Licht trat, das einen Abschnitt des Flures erhellte. Er sah in den Raum, aus dem das Licht kam. Der zweite Wettschwimmer, noch im Bademantel, machte sich dort an einem Karton zu schaffen, der in einem der Regale stand. Dann kam der SLK-Fahrer auf Marek zu. Er hielt einen Karton in der Hand. Ihm folgte der Fahrer des Transporters, der einen blauen Arbeitsoverall trug und ebenfalls mit einem Karton beladen war. Marek holte sein Smartphone hervor, öffnete die HIKE-App und hielt dem SLK-Fahrer das Telefon mit dem Display nach vorne hin. Der Mann blieb stehen, schien im ersten Moment überrascht zu sein, fasste sich dann aber wieder und schüttelte den Kopf.

      »That funktioniert here not very gut, but draußen auf dem parking area it is much better«, sagte er mit amerikanischem Akzent und nickte mit dem Kopf hinter sich Richtung Ausgang.

      Der SLK-Fahrer lächelte und zwängte sich an Marek vorbei in den Lagerraum. Der Transporter-Fahrer nickte nur und folgte seinem Kollegen. Marek bedankte sich und ging zum Ausgang. Draußen warf er einen Blick in den Transporter. An der linken Seitenwand hing ein Netz mit Wasserbällen daneben standen Kartons in denen sich gelbe und weiße Stoffkappen befanden, die seitlich aufgesetzte Ohrenschützer aus Plastik besaßen. Rechts zogen sich Kleiderstangen über die Wand des Transporters, auf denen trikotähnliche Frauenbadeanzüge aufgefädelt waren. Hinten im Transporter erkannte Marek noch zwei Wasserballtore und mehrere Rollen mit Bahntrennleinen, die abwechselnd rote und weiße Schwimmkörper besaßen.

      Marek war sich sofort klar, dass er sich auf der falschen Spur befand. Er zögerte dennoch und überlegte, ob er es bei den Männern, die offenbar eine Frauenwasserballmannschaft betreuten, noch einmal versuchen sollte. Vielleicht handelte es sich nur um eine Tarnung und Kowalskis Mörder wollte sich nicht so schnell zu erkennen geben. Marek trat hinaus auf den Parkplatz. Er betrachtete sein Telefon und war sich unschlüssig, ob er eine weitere Nachricht absetzen sollte. Er hatte seine Anweisung, man würde ihn ansprechen, wenn es so weit war.

      Die beiden Männer kehrten zum Transporter zurück. Der SLK-Fahrer lächelte Marek noch einmal nickend zu und stieg dann hinter seinem Kollegen auf die Ladefläche. Marek wandte sich ab und ging über den Parkplatz um die Schwimmhalle herum, zurück zum Haupteingang. Die junge Frau mit dem Namen Nadine saß gelangweilt am Schalter der Kasse und blickte nur kurz auf, als er die kleine Halle betrat. Er lächelte sie an und ging dann zurück zu dem Stuhl, der noch immer direkt vor der Panoramascheibe stand. Harald Prossmann und Kai Bokel zogen weiterhin ihre Bahnen. Prossmann hatte jetzt aber das Tempo herausgenommen und vom Kraulen auf Brustschwimmen umgestellt.

      Marek drehte sich um und sah schräg nach oben zur Zuschauertribüne. Der Tisch der Frühstücksrentner schien jetzt komplett besetzt zu sein. Ein Mann mit grauem Haarkranz gestikulierte. Es wurde offenbar gelacht, die Stimmung war gut. Marek sah sich weiter in der Schwimmhalle um. Im Durchgang zu den Umkleidekabinen ließ sich der SLK-Fahrer kurz blicken. Er trug eine Rolle der Bahntrennleinen, legte sie neben der Glastür ab und verschwand wieder. Zehn Minuten später stiegen Harald Prossmann und Kai aus dem Wasser und verschwanden ebenfalls in Richtung Umkleidekabinen.

      In Mareks Jackentasche begann plötzlich das Telefon zu vibrieren. Als er es herausnahm, zeigte die HIKE-App eine neue Nachricht an. Er überflog den Text. Kowalskis Mörder beglückwünschte ihn dafür, dass er es bislang ganz gut machte und auf seinem Posten war.

      »... die Regeln ändern sich jetzt ...«, las Marek weiter. »... du weisSt, wo es heute noch hingeht. Halte die Augen offen. Melde dich, wenn sich für uns eine Gelegenheit bietet. Melde alles, von dem du glaubst, dass es uns nützen kann ...«

      »... melde alles, das uns nützen

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