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      Inhaltsverzeichnis

      Vorwort Rechtsextreme, das sind längst nicht mehr nur Schläger und Altnazis. Sie erobern mit Geschick und Geduld neue Milieus und Regionen. Wie kam das?

      Frauensache Volksgemeinschaft Rechtsextreme Frauen werden vor allem als Mitläuferinnen wahrgenommen. Dabei spielen Frauen eine Schlüsselrolle, um die rechtsextreme Ideologie in die Mitte zu tragen.

      Vati ist ein guter Nazi Die Generation der Nachwende-Neonazis wird zur Elterngeneration – und erzieht ihren Nachwuchs von klein auf nach völkisch-nationalem Programm.

      Spiel nicht mit den Ausländerkindern Kinder aus Neonazi-Familien sollen schon früh die Ideologie ihrer Eltern weitertragen. Was das anrichtet, erklärt die Expertin Heike Radvan im Interview.

      Wie Neonazis ihre Gegner bedrohen Schweineherzen im Briefkasten – Neonazis schüchtern ihre Gegner mal brachial, mal subtil ein. Dabei gehen sie präzise und professionell vor.

      Lieber nicht über Neonazis schreiben Lokaljournalisten haben mehr mit Rechtsextremisten zu tun als andere. Doch Angst, Kostendruck oder Desinteresse können gute Berichterstattung verhindern.

      Flashmobs gegen die Demokratie Sie ziehen mit Fackeln durch Kleinstädte, machen davon professionelle Videos und stoßen auf großen Zuspruch. Wie Neonazis neue Medien und linke Symbole nutzen.

      Warum es Neonazis nach Dortmund zieht Nicht nur im Osten und in ländlichen Regionen gibt es Rechtsextreme. Dortmund ist ein Hot-Spot der Szene. Ein Gespräch über die rechtsextremen Strukturen in Nordrhein-Westfalen.

      No-Go-Area im Landtag Intellektuelle Denkfabrik und Bühne für radikale Hetze: Wie die NPD das sächsische Parlament nutzt. Und wie die anderen Parteien reagieren.

      Der Extreme unter den Rechtsextremen In Mecklenburg-Vorpommern sind die Neonazis auf dem Weg in die Normalität weit gekommen. Im Landtag kämpft NPD-Fraktionschef Pastörs gegen die Verweichlichung der Partei.

      Gute Mitte, böse Nazis Seit der Aufdeckung der NSU befassen sich Medien und Politik wieder verstärkt mit Neonazis. Der Rassismus der Mehrheit bleibt dabei unbeachtet, kommentiert Patrick Gensing.

      Kein Kampf gegen Neonazis ohne die Mitte Strategien der Rechtsextremisten. Eine Bilanz.

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       Impressum

      Vorwort

      Rechtsextreme, das sind längst nicht mehr nur Schläger und Altnazis. Sie erobern mit Geschick und Geduld neue Milieus und Regionen. Wie kam das?

       VON CHRISTIAN BANGEL

      Hat Deutschland ein Neonaziproblem? Nein, werden die meisten auch nach der Aufdeckung der Zwickauer Terrorzelle ein wenig gereizt antworten. Schließlich landen die Rechtsextremisten höchstens im Osten größere Erfolge, die politische Klasse grenzt sich konsequent ab und die NPD zerlegt mittlerweile eher sich selbst als die demokratischen Zustände. Deutschland ist aufgeklärt und tolerant – daran können auch einige Irre nichts ändern.

      So oder ähnlich beruhigen wir uns seit zwanzig Jahren, wenn wieder ein Mensch von Neonazis umgebracht wurde. Und während die Demokraten streiten, ob ein wirkliches Problem, ein Vergangenheitskomplex oder einfach ausufernde Fantasie vorliegt, sind Zonen entstanden, in denen die Rechtsextremen längst das Sagen haben. Parlamentarische Mehrheiten brauchen sie dafür gar nicht.

      Neonazis sind uns näher, als wir denken. Mit wachsendem Erfolg buhlen sie um die Mitte der Gesellschaft. Wissenschaftler warnen schon länger davor, dass rassistische und autoritäre Ideen dort auf wachsendes Wohlwollen stoßen. Immer häufiger verdrängt aggressive Selbstbehauptung den Gemeinwohlgedanken – oft auf Kosten von Ausländern, Schwulen, Muslimen, Armen.

       Brücken zu Studenten und Bildungsbürgern

      Noch immer hält sich die Vorstellung, Neonazis seien nicht fähig, diese soziale Erosion für sich zu nutzen – ein Trugschluss. Längst ist ein intellektuelles Milieu entstanden, in dem rege über einen zukunftsfähigen Rassismus diskutiert wird. Politikphilosophische Zeitschriften bauen an Brücken zu Studenten und Bildungsbürgern. Die NPD hat ihre Landtagseinzüge in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern dazu genutzt, Abgeordnete in der Auseinandersetzung mit den Demokraten weiterzubilden.

      Hinzu kommt: Die Grenze zwischen Demokraten und Rechtsextremisten ist nicht überall dicht. Mancherorts schweigen Presse und Politik noch immer lieber, als sich den Vorwurf einzuholen, die eigene Region madig zu machen. Bündnisse aller Demokraten scheitern viel zu oft daran, dass Konservative sich weigern, mit Linken auf einer Straßenseite zu stehen. In Dresden und anderen Städten machten sich Nazis zunutze, dass manche Behörden und Politiker in langhaarigen Alternativen das größere Problem sahen als in diszipliniert auftretenden Rassisten.

      Wie weit die Neonazis auf ihrem Weg in die Mitte schon gelangt sind, zeigt sich am stärksten in strukturschwachen Gegenden des Ostens, wo nur mehr eine Minderheit die gesellschaftlichen Zustände für verteidigenswert hält. "Angst-Räume" nannte Wolfgang Thierse das, was die Neonazis mancherorts geschaffen haben – Zonen, vor denen inzwischen auch Reiseführer warnen. Orte, in denen Neonazis das feindselige Ruhebedürfnis der Wendeverlierer verteidigen. Gebiete, in denen auch die Zwickauer Terroristen zu ihren brutalen Entschlüssen gelangten.

      Diese Entwicklungen sind kein Zufall. Schon im Jahr 1997 veränderte die NPD unter ihrem damals neuen Vorsitzenden Udo Voigt ihre Strategie. Waren die deutschen rechtsextremen Parteien bis dahin vorrangig auf das Ziel ausgerichtet, in möglichst viele Landtage einzuziehen, begann die Partei nun, sich in eine schwer zu fassende Sammlungsbewegung mit Apo-Anspruch umzuwandeln. Der rechtsextreme Kampf sollte von nun an um die Straße, um die Köpfe, um die Parlamente geführt werden. Dieser folgenreiche Strategiewechsel ist bis heute eines ihrer wichtigsten Erfolgsrezepte.

      Zunächst band die Partei die Neonazi-Schläger aus den Freien Kameradschaften in ihr Gefüge ein. Damit wurde die NPD von einer muffigen Altherrenpartei zu einer dynamischen, jungen Bewegung – begleitet und beschützt von Straßenkämpfern, die im Zweifelsfall auch zuschlagen.

      No-Go-Areas waren von Anfang Teil der rechtsextremen Strategie. Schon 1991 veröffentlichte der Nationaldemokratische Hochschulbund ein Papier, das bis heute als Leitbild dient: "Wir müssen Freiräume schaffen, in denen wir faktisch die Macht ausüben", schrieb der anonyme Verfasser. "In einer befreiten Zone befinden wir uns, wenn wir nicht nur ungestört demonstrieren und Infostände abhalten können, sondern die Konterrevolutionäre dies genau nicht tun können." Zwanzig Jahre später ist kaum zu bestreiten, dass es in einigen Gebieten Deutschlands genau so gekommen ist.

       Symbole aus Punk- und Hip-Hop-Bewegung

      Die Neonazis haben sich nicht nur geographisch neue Räume erkämpft. Sie dringen auch in soziale Milieus ein, die ihnen früher kaum zugänglich waren. Mit wachsendem Erfolg buhlen sie um die Jugend. Subversive Attitüde und die Übernahme von Symbolen aus Punk-, Hardcore- und Hip-Hop-Bewegung verschaffen ihnen dort immer häufiger Glaubwürdigkeit und Anerkennung.

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