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und unzumutbar sind. Alle verlieren ihre Kultur, ihre Existenz, ihre Identität, ihren gewohnten Boden unter den Füßen und dieser Wandel verändert sich unaufhaltsam zum Negativen, statt zum Guten. Integrationsmodelle, in denen Deutsche sich ausländischen Mitbewohnern öffneten, bestanden zum Beispiel über 11 Jahre in meiner Praxis in Dortmund, in der ich gemeinsam mit ausländischen und deutschen Diplom-Psychologen zusammen, ausländische Mitbürger psychotherapeutisch betreute: Ich hatte jeden Tag mit sehr unterschiedlichen Nationalitäten im Team und in Form von Patienten Kontakt. Ausländische Patienten stellten sich ihren psychischen und seelischen Problemen und öffneten sich in psychotherapeutischen Behandlungen und man lernte sich kennen und schätzen. Diese Möglichkeit der Betreuung von ausländischen Mitbürgern in größerem Stil wurde durch das Psychotherapeuten Gesetz 1999 unterbunden bzw. absolut geschmälert: In Dortmund und anderswo wird nun in einzelnen Praxen vereinzelt für ausländische Mitbewohner Psychotherapie in Muttersprache angeboten. Könnte mit dem notwendigen Bedarf im psychotherapeutischen und sozialen Bereich reagiert werden, sähe es anders in Deutschland aus: aber so endet jegliche Initiative an Gesetzen, die genau dies verhindern. Seit über 10 Jahren haben Psychologische Psychotherapeuten in Deutschland Wartezeiten. Sie können den Bedarf deutscher Patienten bezüglich Psychotherapie nicht sofort, wenn Probleme und Konflikte auftreten, decken – und schon gar nicht den von ausländischen Patienten. Dieser Zweig der Betreuung von Menschen in Muttersprache wird auch bei Verordnung, Ausländer müssten deutsch sprechen, nicht aufgehoben: Denn emotional ist es etwas völlig anderes in deutscher Sprache oder in der Muttersprache zu arbeiten – zumindest bei denjenigen Patienten, die nicht in Deutschland geboren wurden und folglich in ihrer Muttersprache erzogen wurden und aufwuchsen. Im sozialen und psychotherapeutischen Bereich scheitern Projekte am Geld. Diese gesellschaftlichen Bereiche werden völlig stiefmütterlich finanziell ausgestattet, und daran scheitern Menschen: ob als Behandler oder Patient. Im Grunde genommen wird unausgesprochen erwartet, jeder sollte ehrlich sein, gefälligst nicht klauen, und niemandem was auf den Kopf hauen, und auch ansonsten den Mund halten – und wählen gehen. Man hat sich gefälligst vernünftig zu verhalten und Basta: Aber so kann kein Mensch leben, so werden keine Konflikte gelöst und so geschieht auch keine Integration. Wenn wir eine Kultur wollen, die funktioniert, brauchen wir Geld für viele Bereiche und ein erweitertes Verständnis von „Gesellschaft, Kultur und menschliches Wesen.“ Diese Aussage bezieht sich nicht nur auf das Integrationsmodell Deutschland, sondern generell darauf, wie mit zwei völlig unterschiedlichen Wertesystemen in einer Gesellschaft zu leben ist. Dabei ist ein Integrationsmodell ein Problem von vielen Problemen, über die gesprochen werden muss. (Siehe in Band 1.1, „Abhängigkeit von Personen qua Amt:

      Lebensstrukturierer“ mit dem Verweis auf Kirsten Heisig)

      Eine ähnliche Fragestellung wird im Deutschland der Gegenwart in den Medien diskutiert. Mehr als drei Jahre wurden Manager verteufelt, jetzt formulieren Anne Will und Maybritt Illner sinngemäß Fragen, ob Manager Strolche oder Arbeitsplatzbeschaffer seien und fragen, wie viel Verantwortung sie tragen. (Anne Will 8.Juni 2008, im „Ersten“ des Deutschen Fernsehens; Maybritt Illner im „Zweiten“ im Juni 2008). Sicherlich liegt ihren Sendungen jeweils ein unterschiedliches Motiv zugrunde. Zunächst ist seit langem bekannt, dass die ökonomischen Strukturen zwei Phänomene im Kapitalismus gleichzeitig hervorbringen, die das Ergebnis ökonomischer Spaltung sind: Manager erwirtschaften extrem hohe Gewinne. Deutsche Manager sind Exportweltmeister. Sie sind aber gleichzeitig diejenigen, die eine Zweiklassengesellschaft als Konsequenz ihrer wirtschaftlichen Bestrebungen hervorgebracht haben und die von Politikern mittels gesetzlicher Strukturen weitergeführt wird. Gegenwärtig gibt es Versuche, Manager hinsichtlich ihres beruflichen Handelns und ihres Grades der Identifikation mit ausschließlicher Profitmacherei, die nicht selten in kriminellen Aktivitäten gipfelt, zu differenzieren. Das Thema der Verantwortung des einzelnen Managers rückt ins gesetzliche Blickfeld. Mit dieser Perspektive wird wiederum das System „Kapitalismus“ als generelle Basis, das gleichzeitig ein Anforderungsprofil an Manager mitliefert, ausgeblendet.

      Wieder landet das Thema Verantwortung bei einzelnen Menschen. In diesem Falle bei Managern. Zu fragen bliebe: Sollen Manager sich jetzt gegen ihre Auftraggeber stellen oder sie bloßstellen, die doch genau die Ergebnisse wünschten, die die deutsche Wirtschaft international in die oberen Ränge bringt? Sollen zukünftig die Manager den Part der Revoluzzer in der Gesellschaft übernehmen und sagen: „Wir machen das nicht mehr mit, was uns der Prozess der Identifizierung mit dem Kapital auferlegt? Das macht mich krank, das macht mich schizophren?“ Die Frage, was wer mitmacht oder nicht mitmacht ist doch eine Frage, die sich an alle richtet. Diese Frage scheitert aber generell daran, dass alle Menschen nicht den gleichen Einfluss haben. Denn Einfluss hängt in dieser Welt wiederum mit Geld zusammen. Bei Menschen, die kein Geld haben, unterstellt man die (menschliche) Möglichkeit, dass sie irgendwann sehr ärgerlich und böse aufgrund dieser politökonomischen Szenarien werden und sich entsprechend äußern. Diesbezüglich wird Vorsorge mittels unterschiedlicher Gesetze, Strukturen und Kontrollen geschaffen. Um Macht und Gewinn nicht zu verlieren, wird überall herum gespitzelt. Wie sich zeigt, auch in der Telekom und nicht nur bei Lidl oder sonst wo. Wie peinlich. Mit dem Chef der Telekom wurde Blinde Kuh gespielt? Wie gemein! Ein Einzelfall? Der einzelne Manager ist der Bösewicht, der Strolch, der Kriminelle? Wie auf der anderen Seite unserer Gesellschaft, der mittellose Bürger und Mensch für sich selbst verantwortlich ist und sich gefälligst wieder aus dem existenziellen Sumpf schweigend befreien soll, obwohl die Gesetzeslage gegen ihn steht und ihn überhaupt erst einmal festgesetzt hat? Der Bürger, der seine Arbeit verlor, erst einmal sämtliche Werte, die er hat, aufbrauchen soll, bevor er staatliche Hilfe überhaupt erwarten kann? Und bekommt er dann staatliche Unterstützung, kann er, wenn er noch Geld dazu verdient, es an den Staat gleich weiterleiten und bleibt somit im Prinzip da, wo er laut Konzeption der Zweiklassengesellschaft hingedacht und existenziell festgesetzt worden ist? Egal, welche Nationalität Bürger oder Migranten in Deutschland haben? Wie blind ist das?

      Festzuhalten gilt aus meiner Sicht: Manager sind in erster Linie auch Menschen. Die Frage ist doch, was das ökonomische System Kapitalismus in Menschen bewirkt, und inwiefern sie sich mit diesen Prinzipien identifizieren und in die Tat umsetzen. Wird diese Diskussion nur verhalten geführt, kommt es immer wieder zu Fokussen, die von vornherein ein Sowohl-als-auch initiieren, die an Lösungen und Grenzwerten von Moral und Ethik, und damit am KERN des menschlichen Wesen, vorbeisteuern und damit gleichzeitig Ungleichheit legitimieren und zementieren. Die Manager, die auffällig mit eiskalten Strategien wurden, die Millionen von Menschen den Arbeitsplatz kosteten, müssen doch als menschliches Wesen gleichfalls an ihre Grenzen geraten, wie auf der anderen Seite, die Menschen, die von diesen Strategien betroffen sind! Oder etwa nicht? Und ist Zurückrudern oder anders formuliert, die Erweiterung bezüglich der Perspektive der Managermentalität im direkten Zusammenhang mit dem Telekom-Skandal zu verstehen? Will man sich in Deutschland nicht noch einen Manager neben Zumwinkel vom wirtschaftlichen Podest holen? Sind Manager plötzlich doch besser, als man dachte? Da ist es doch angebracht tiefer zu schauen: Was ist dem menschlichen Wesen, ob Manager oder abhängig arbeitender Mensch, zumutbar? Schließlich ist die Ordnung, die wir haben, durch Menschen überlegt und ausgebaut worden: insofern muss Reflektion der Grundlagen gestattet sein. Was muten Menschen sich unter Ausblendung der menschlichen Grundlagen ihres Wesens zu – oder besser: noch zu? Es scheint, Logik, Vernunft und Wissen gehen stramm unter der Fahne der Ökonomie in die falsche Richtung: Statt das menschliche Wesen zu erhalten, soll Kapital erhalten werden. Seele und Leib müssen dafür geopfert werden.

      Globalisierungsstrategien, die mittels großer Kapitalzusammenschlüsse weltweit marktbeherrschend Preis-Produkt-Beziehungen festlegen und damit Konkurrenten ausschalten, führen weltweit dazu, Menschenleben in unvorhersehbare Gefahren, Not, Krankheit und Tod geraten zu lassen. Zusätzlich wirkt die völlig unterschiedliche qualitative Versorgung Kranker neben den direkten Nebenwirkungen durch Grenzüberschreitungen im Rahmen globalen, kapitalistischen Wirtschaftslebens.

      Die Polarität, Kultur und Natur einerseits erhalten zu wollen und andererseits unwiederbringlich zu zerstören, dominiert international das Leben von Menschen, die auf Kultur und Natur angewiesen sind, um zu leben. Außer Natur und Kultur haben Menschen nichts, um Lebensräume zu gestalten. Beide treten unverblümt jeden Tag in den Nachrichten und Zeitungen zutage: Konsequenzen werden aus diesen misslichen Entwicklungen

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