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      LUNATA

Der Dieb in der Nacht

      Der Dieb in der Nacht

      Drei Kriminalerzählungen

      © 1928 by Edgar Wallace

      Originaltitel The Thief in the Night

      Aus dem Englischen von Ravi Ravendro

      © Lunata Berlin 2020

      Inhalt

       Der Dieb in der Nacht

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Kapitel 13

       Kapitel 14

       Kapitel 15

       Kapitel 16

       Kapitel 17

       Kapitel 18

       Harry mit den Handschuhen

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Der unbekannte Boxer

Der Dieb in der Nacht

      1

      Fragen Sie nur Ihre Frau, wo sie am Sonnabend, dem 23. war! Jeder nahm an, daß sie aufs Land gefahren sei, aber ich kann Ihnen verraten, daß sie allein mit einem jungen Gardeoffizier in dessen Wohnung zu Abend speiste.

      Mit besten Empfehlungen Ein aufrichtiger Freund‹

      Lord Widdicombe legte den Brief auf den Tisch und lächelte verächtlich. Im ersten Augenblick wollte er das Schreiben mit diesen niederträchtigen Beschuldigungen zerreißen und ins Feuer werfen, aber dann überlegte er es sich anders und klingelte seinem Kammerdiener.

      »Frank, sagen Sie bitte meiner Frau, sie möchte so liebenswürdig sein, einen Moment zu mir zu kommen.«

      Ein paar Minuten später trat Lady Widdicombe ins Zimmer. Sein Gesicht hellte sich auf, als er ihr entgegenging. Sie mochte wohl zwanzig Jahre jünger sein als ihr Mann, aber trotzdem führten die beiden eine harmonische Ehe.

      »Liebling«, sagte der Graf und zwinkerte ihr verschmitzt zu, »jemand hat den Versuch gemacht, unser Glück zu stören.« Er reichte ihr den Brief und beobachtete schmunzelnd, wie sie vor Ärger rot wurde, während sie das Schreiben las.

      »Was für eine Gemeinheit«, sagte sie zornig. »Am dreiundzwanzigsten! Natürlich habe ich an dem Abend mit Ronnie gegessen!«

      »Der Mann hat also recht, siehst du! Ronnie ist ein junger Gardeoffizier – und außerdem mein Stiefsohn«, erwiderte Lord Widdicombe und lachte vergnügt. Dann trat er zu ihr und fuhr ihr zärtlich übers Haar.

      »Du bist wirklich eine böse Frau, und ich bin dir nun auf die Schliche gekommen«, scherzte er. »Aber, zum Kuckuck, wer mag diesen verleumderischen Brief geschrieben haben?«

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Ach, es ist abscheulich – entsetzlich!« entgegnete sie heftig. »Natürlich kann so etwas bei uns kein Unheil anrichten; aber welchen Schaden kann es stiften, wenn solch ein Brief in die Hände von Ehegatten kommt, die bereits auf einander eifersüchtig sind! – Übrigens ist der Einbrecher wieder an der Arbeit gewesen, Willie: Mrs. Crewe-Sanders ist eine wertvolle Brillantnadel gestohlen worden.«

      Der Lord sah seine Frau erstaunt an und zog die Augenbrauen hoch.

      »Wieder eine Nadel? Wie merkwürdig! Schon die vierte in diesem Monat! Der Mann ist konsequent! Aber verglichen mit diesem ›aufrichtigen Freund‹ ist er noch ein anständiger Kerl. Sag nur Diana nichts von dem Diebstahl, sie macht sich sonst nur unnötige Sorgen.«

      Lady Widdicombe starrte durch die hohen Glastüren in den Park hinaus, auf den immer neue Regenschauer niedergingen. Aber ihr Mann sah, daß ihre Gedanken nicht mit der trostlosen Landschaft beschäftigt waren.

      »Ich möchte nur wissen, warum Diana eigentlich Barbara May so wenig leiden kann?« fragte sie nachdenklich.

      Er grinste.

      »Es ist so erfreulich, daß sie wenigstens einmal bei einer Ansicht bleibt, daß man ihr in diesem Fall sogar verzeiht, wenn sie Barbara nicht mag. Aber, wie gesagt, erzähle ihr nichts von dem Brief – ich werde ihn heute noch Scotland Yard schicken. Und da wir gerade bei der Polizei sind, möchte ich dir noch sagen, daß ich Jack Danton eingeladen habe, während der Kricketwoche unser Gast zu sein. – Sonderbar, daß ein solcher Mann bei der Polizei ist.«

      Aber Lady Widdicombe dachte bereits an andere Dinge, als sie die Bibliothek verließ. Sie ging in eines der kleinen Wohnzimmer und traf dort Diana Wold, die in einem Sessel am Fenster saß und in den Rosengarten schaute. Im Regen sah auch er traurig aus, obwohl es sonst dort so schön war. Diana trug ein duftiges weißes Kleid, und auf ihren Knien lag ein offener Gedichtband.

      Sie schaute auf, als ihre Kusine ins Zimmer trat, und legte das Buch beiseite.

      Diana war schön, aber sie besaß die zerbrechliche Schönheit einer feinen Porzellanfigur, und in ihrem Lächeln lag eine leise Melancholie.

      Sie erhob sich und ging Lady Widdicombe entgegen. Fast schien es, als fürchte sie sich ein wenig vor ihrer Kusine, die so selbstbewußt und formvollendet auftrat.

      »Was hast du eigentlich an Barbara auszusetzen?« fragte Elsie Widdicombe unvermittelt.

      Diana lachte. In solchen Augenblicken sah sie bezaubernd aus.

      »Das ist aber eine sonderbare Frage, Elsie. Habe ich denn überhaupt etwas an Barbara auszusetzen? – Vielleicht

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