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wer kann es genießen! Und werden

       einem Stamme einmal hundert "extra fette" Ochsen zugesprochen, so haben diese sich unterwegs in zwei

       oder drei alte, abgemagerte Kühe verwandelt, von welchen kaum ein Aasgeier einen Bissen

       herunterreißen kann. Oder soll der Rote vom Ackerbaue leben? Kann er auf seine Ernte rechnen, er, der

       Rechtslose, den man immer weiter verdrängt, dem man keine bleibende Stätte läßt?

       Welch eine stolze, schöne Erscheinung war er früher, als er, von der Mähne seines Mustangs umweht,

       über die weite Savanne flog, und wie elend und verkommen sieht er jetzt aus in den Fetzen, welche nicht

       seine Blöße decken können! Er, der in überstrotzender Kraft einst dem schrecklichen grauen Bären mit

       den Fäusten zu Leibe ging, schleicht jetzt wie ein räudiger Hund in den Winkeln umher, um sich,

       hungrig, einen Fetzen Fleisch zu betteln oder zu stehlen!

       Ja, er ist ein kranker Mann geworden, ein sterbender Mann, und wir stehen mitleidig an seinem elenden

       Lager, um ihm die Augen zuzudrücken. An einem Sterbebette zu stehen, ist eine ernste Sache,

       hundertfach ernst aber, wenn dieses Sterbebette dasjenige einer ganzen Rasse ist. Da steigen viele, viele

       Fragen auf, vor allem die: Was hätte diese Rasse leisten können, wenn man ihr Zeit und Raum gegönnt

       hätte, ihre inneren und äußeren Kräfte und Begabungen zu entwickeln? Welche eigenartige Kulturformen

       werden der Menschheit durch den Untergang dieser Nation verloren gehen? Dieser Sterbende ließ sich

       nicht assimilieren, weil er ein Charakter war; mußte er deshalb getötet, kann er nicht gerettet werden?

       Gestattet man dem Bison, damit er nicht aussterbe, ein Asyl da oben im Nationalpark von Montana und

       Wyoming, warum nicht auch dem einstigen, rechtmäßigen Herren des Landes einen Platz, an dem er

       sicher wohnen und geistig wachsen kann?

       Aber was nützen solche Fragen angesichts des Todes, der nicht abzuwenden ist! Was können Vorwürfe

       helfen, wo überhaupt nicht mehr zu helfen ist! Ich kann nur klagen, aber nichts ändern; ich kann nur

       trauern, doch keinen Toten ins Leben zurückrufen. Ich? Ja, ich! Habe ich doch die Roten kennen gelernt

       während einer ganzen Reihe von vielen Jahren und unter ihnen einen, der hell, hoch und herrlich in

       meinem Herzen, in meinen Gedanken wohnt. Er, der beste, treueste und opferwilligste aller meiner

       Freunde, war ein echter Typus der Rasse, welcher er entstammte, und ganz so, wie sie untergeht, ist auch

       er untergegangen, ausgelöscht aus dem Leben durch die mörderische Kugel eines Feindes. Ich habe ihn

       geliebt wie keinen zweiten Menschen und liebe noch heut die hinsterbende Nation, deren edelster Sohn er

       gewesen ist. Ich hätte mein Leben dahingegeben, um ihm das seinige zu erhalten, so wie er dieses

       hundertmal für mich wagte. Dies war mir nicht vergönnt; er ist dahingegangen, indem er, wie immer, ein

       Retter seiner Freunde war; aber er soll nur körperlich gestorben sein und hier in diesen Blättern fortleben,

       wie er in meiner Seele lebt, er, Winnetou, der große Häuptling der Apachen. Ihm will ich hier das

       wohlverdiente Denkmal setzen, und wenn der Leser, welcher es mit seinem geistigen Auge schaut, dann

       ein gerechtes Urteil fällt über das Volk, dessen treues Einzelbild der Häuptling war, so bin ich reich

       belohnt.

       Der Verfasser.

      II. Ein Greenhorn

      Lieber Leser, weißt du, was das Wort Greenhorn bedeutet? eine höchst ärgerliche und despektierliche

       Bezeichnung für denjenigen, auf welchen sie angewendet wird.

       Green heißt grün, und unter horn ist Fühlhorn gemeint. Ein Greenhorn ist demnach ein Mensch, welcher

       noch grün, also neu und unerfahren im Lande ist und seine Fühlhörner behutsam ausstrecken muß, wenn

       er sich nicht der Gefahr aussetzen will, ausgelacht zu werden.

       Ein Greenhorn ist ein Mensch, welcher nicht von seinem Stuhle aufsteht, wenn eine Lady sich auf

       denselben setzen will; welcher den Herrn des Hauses grüßt, ehe er der Mistreß und Miß seine

       Verbeugungen gemacht hat; welcher beim Laden des Gewehres die Patrone verkehrt in den Lauf schiebt

       oder erst den Propfen, dann die Kugel und zuletzt das Pulver in den Vorderlader stößt. Ein Greenhorn

       spricht entweder gar kein oder ein sehr reines und geziertes Englisch; ihm ist das Yankee-Englisch oder

       gar das Hinterwälder-Idiom ein Greuel; es will ihm nicht in den Kopf und noch viel weniger über die

       Zunge. Ein Greenhorn hält ein Racoon für ein Opossum und eine leidlich hübsche Mulattin für eine

       Quadroone. Ein Greenhorn raucht Cigaretten und verabscheut den tabakssaftspeienden Sir. Ein

       Greenhorn läuft, wenn er von Paddy Irländer eine Ohrfeige erhalten hat, mit seiner Klage zum

       Friedensrichter, anstatt, wie ein richtiger Yankee tun soll, den Kerl einfach und auf der Stelle

       niederzuschießen. Ein Greenhorn hält die Stapfen eines Turkey für eine Bärenfährte und eine schlanke

       Sportjacht für einen Mississippisteamer. Ein Greenhorn geniert sich, seine schmutzigen Stiefel auf die

       Kniee seines Mitpassagiers zu legen und seine Suppe mit dem Schnaufen eines verendenden Büffels

       hinabzuschlürfen. Ein Greenhorn schleppt der Reinlichkeit wegen einen Waschschwamm von der Größe

       eines Riesenkürbis und zehn Pfund Seife mit in die Prairie und steckt sich dazu einen Kompaß bei,

       welcher schon am dritten oder vierten Tag nach allen möglichen andern Richtungen, aber nie mehr nach

       Norden zeigt. Ein Greenhorn notiert sich achthundert Indianerausdrücke, und wenn er dem ersten Roten

       begegnet, so bemerkt er, daß er diese Notizen im letzten Couvert nach Hause geschickt und dafür den

       Brief aufgehoben hat. Ein Greenhorn kauft Schießpulver, und wenn er den ersten Schuß tun will, erkennt

       er, daß man ihm gemahlene Holzkohle gegeben hat. Ein Greenhorn hat zehn Jahre lang Astronomie

       studiert, kann aber ebenso lang den gestirnten Himmel angucken, ohne zu wissen, wie viel Uhr es ist. Ein

       Greenhorn steckt das Bowiemesser so in den Gürtel, daß er, wenn er sich bückt, sich die Klinge in den

       Schenkel sticht. Ein Greenhorn macht im wilden Westen ein so starkes Lagerfeuer, daß es baumhoch

       emporlodert, und wundert sich dann, wenn er von den Indianern entdeckt und erschossen worden ist,

       darüber, daß sie ihn haben finden können. Ein Greenhorn ist eben ein Greenhorn und ein solches

       Greenhorn war damals auch ich.

       Aber man denke ja nicht etwa, daß ich die Überzeugung oder auch nur die Ahnung gehabt hätte, daß

       diese kränkende Bezeichnung auf mich passe! O nein, denn es ist ja eben die hervorragendste

       Eigentümlichkeit jedes Greenhorns, eher alle andern Menschen, aber nur nicht sich selbst für "grün" zu

       halten.

       Ich glaubte ganz im Gegenteile, ein außerordentlich kluger und erfahrener Mensch zu

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