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      Karoline Harthun

      Die Gregoriuslegende Arnolds von Lübeck

      Dieses ebook wurde erstellt bei

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       I. Einleitung

       II. Die beiden Textzeugen

       III. Forschungsbericht

       IV. Der Gregorius-Stoff

       V. Der Vergleich

       VI. Das Material

       VII. Vergleichsbeispiele

       VIII. Der Legendencharakter

       IX. Die Motivation

       X. Zusammenfassung

       XI. Literatur

       Impressum neobooks

      I. Einleitung

      Die vorliegende Arbeit wurde am 22. September 1995 an der FU Berlin als Magisterarbeit im Fach Mittellateinische Philologie eingereicht. Betreut wurde sie von Prof. Dr. Fritz Wagner. Für die digitale Veröffentlichung habe ich sie weder aktualisiert noch der neuen Rechtschreibung angepaßt.

      Die Untersuchung setzt sich zum Ziel, die mittellateinische Bearbeitung der mittelhochdeutschen Gregoriuslegende durch Arnold von Lübeck in ihrer Systematik zu erforschen. Mit Hilfe von sechs Untersuchungskriterien, die die stilistischen, narrativen und inhaltlich-wertenden Eingriffen Arnolds in die Gregoriuslegende Hartmanns von Aue beschreiben, sollen die Charakteristika seiner eigenständigen Interpretation analysiert werden. Diese sollen aber auch den Schlüssel liefern zu einem besseren Verständnis der Erzählstruktur der Legende. Voraussetzung dafür ist die bereits in der Sekundärliteratur geäußerte Annahme, daß es sich bei Hartmanns Text um eine literarische Mischform1 handelt, die sich narrativer Konventionen aus Roman und Legende bedient, und daß Arnold von Lübeck in seiner Bearbeitung die romanhaften Züge zugunsten einer traditionsgebundeneren legendenhaften Erzählweise unterdrückt.2

      Ob Arnolds Methode als repräsentativ für die mittellateinische Legende gelten kann, soll überprüft werden, wenn sich die Arbeit zwei weiteren Texten zuwendet, um darin legendenspezifische Erzählstrategien nachzuweisen. Diese beiden Texte sind die Bernhardsvita Wilhelms von St. Thierry und die Julianlegende Jakobs von Voragine, die hier stellvertretend für die gesamte hochmittelalterliche Hagiographie behandelt werden. Dabei interessieren sowohl die narrativen Strategien der Oberflächenstruktur als auch die der Tiefenstruktur. Zu diesem Zweck wird ein linguistisches Modell William Labovs herangezogen, welches den Zusammenhang zwischen der narrativen Intention eines Textes in seiner Tiefenstruktur und ihrer konkreten sprachlichen Realisation an der Oberfläche des Textes klärt.

      Im folgenden widmet sich die Arbeit dem historischen Rahmen der lateinischen Gregoriuslegende. Auf Arnolds Standort in der Tradition der Übersetzungstheorie wird an dieser Stelle nicht eingegangen. Dafür soll in allgemeineren Ausführungen das Verhältnis von volkssprachlicher und mittellateinischer sowie weltlicher und geistlicher Literatur im Deutschland des hohen Mittelalters zur Sprache kommen. Die hierzu angestellten Überlegungen, vor dem Hintergrund der Bearbeitungsmethode Arnolds von Lübeck betrachtet, dienen als Hinweis auf die Funktion der Gesta Gregorii Peccatoris und auf die Motivation von Auftraggeber und Bearbeiter, mit der sie einen volkssprachlichen Text ins Lateinische übertragen haben. Inwieweit sich Funktion und Intention der Gesta Gregorii Peccatoris in anderen mittellateinischen Texten wiederfinden lassen, die aus dem Mittelhochdeutschen übersetzt wurden, soll hier nur angedeutet werden.

      II. Die beiden Textzeugen

      II.1 Entstehung

      Der Gregorius Hartmanns von Aue nimmt im Gesamtwerk des Autors zeitlich eine mittlere Stellung ein. Stilanalysen ergaben, daß der Text höchstwahrscheinlich nach der Klage und nach dem Erec-Roman, aber vor dem Armen Heinrich und dem Iwein-Roman verfaßt wurde.3 Wenn Hartmann tatsächlich an einem Kreuzzug teilgenommen hat, wie man aus der Liedstrophe MF 218, 5 schließen könnte, so dürfte es sich eher um den Kreuzzug von 1189 / 90 als um den von 1197 / 98 gehandelt haben.4 Da der Erec vor dem fraglichen Kreuzzug entstanden zu sein scheint,5 ist es naheliegend, in der Phase nach dem Kreuzzug die Entstehungszeit des Gregorius zu vermuten. Für den Iwein, das letzte große Werk Hartmanns, und somit auch für den Gregorius läßt sich hingegen ein eindeutiger Terminus ante quem bestimmen, weil Wolfram von Eschenbach den Iwein in Teilen seines Parzival (253, 10 - 14; 436, 4 - 10) erwähnt, die nicht nach 1205 entstanden sind. Demnach schrieb Hartmann seinen Gregorius zwischen 1190 und 1205, vielleicht sogar zwischen 1198 und 1205.

      Die Übersetzung Arnolds von Lübeck läßt sich leichter datieren. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Arnold sie erst begonnen, nachdem seine Slawenchronik zumindest in großen Teilen vorlag, weil diese Chronik6 dem Auftraggeber vielleicht als Empfehlung für den relativ unbekannten Autor Arnold von Lübeck diente. Außerdem erwähnt er die Gesta Gregorii Peccatoris im autobiographischen Abschnitt ihres Prologes nicht. Sie endet im Jahre 1209. Die Übersetzung des Gregorius dürfte Arnold vor dem Tode seines Auftraggebers, des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg, abgeschlossen haben, weil er im Widmungsprolog als lebende Person begrüßt wird. Wilhelm von Lüneburg schied am 12. 12. 1213 aus dem Leben, Arnold zwischen 1211 und 1214, als seine Testate in Lübecker Urkunden abreißen.7 Sein Nachfolger wird 1214 erstmals als Abt erwähnt.8 Arnold hat also, wenn er denn die Chronik vorher abgeschlossen hat, recht konzentriert und nicht länger als höchstens vier Jahre an der Übersetzung gearbeitet, etwa von 1210 bis 1213.

      II.1.1 Auftrag

      Wilhelm von Lüneburg trat außer durch den Auftrag für die Übersetzung des Gregorius durch kein weiteres Mäzenatenverhalten hervor, starb aber auch im Alter von nur 29 Jahren. Warum er gerade Arnold als Übersetzer auswählte, ist nicht zu beantworten. Der Abt könnte ihm durch seine Slawenchronik bekannt geworden sein. Dennoch ist zu bedenken, warum Wilhelm nicht einen gelehrteren, berühmteren Mann aufforderte, der bereits Erfahrung mit literarischen, gar metrischen Texten hatte. Im Fürstentum Braunschweig-Lüneburg wären zum Beispiel Mönche des Braunschweiger Ägidienklosters,9 an dem Arnold von dessen weitgereistem Abt Heinrich10 erzogen wurde, oder des Lüneburger Michaelisklosters in Frage gekommen. Die kulturelle Stellung dieser Klöster war dank ihrer Nähe zum herzöglichen Hofe und ihrer längeren Tradition bedeutender als die des Lübecker Johannesklosters, dessen erster Abt Arnold selbst war. Zäck vermutet, daß sich Wilhelm mit jenen in der Frage der Kanonisierung des Gregorius nicht einig wußte und sich darum an den Außenseiter Arnold wandte.11

      Dieser war über Wilhelms Anliegen wohl auch überrascht, wie er im Prologus praeter rem zu

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