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Weihnachtsmärchen auf 359 Seiten. Charles Dickens
Читать онлайн.Название Weihnachtsmärchen auf 359 Seiten
Год выпуска 0
isbn 9783742763006
Автор произведения Charles Dickens
Издательство Bookwire
seinem Sessel und gab dadurch dem harrenden Kommis in dem
Verlies stil schweigend die Einwilligung zum Aufbruch, worauf
dieser sogleich das Licht auslöschte und den Hut aufsetzte.
»Sie wol en morgen den ganzen Tag frei haben, vermute ich«,
sagte Scrooge.
»Wenn es Ihnen recht ist, Sir.«
»Es ist mir durchaus nicht recht«, sagte Scrooge, »und es gehört
sich auch nicht. Wenn ich Ihnen eine halbe Krone dafür abzöge,
würden Sie denken, es geschähe Ihnen Unrecht, nicht wahr?«
Der Kommis antwortete mit einem gezwungenen Lächeln.
»Und doch«, sagte Scrooge, »denken Sie nicht daran, daß mir
Unrecht geschieht, wenn ich einen Tag Lohn bezahle für einen
Unrecht geschieht, wenn ich einen Tag Lohn bezahle für einen
Tag Faulenzen.«
Der Kommis bemerkte, daß es ja nur einmal im Jahr geschähe.
»Eine armselige Entschuldigung, um an jedem fünfundzwanzigsten
Dezember eines Mannes Tasche zu bestehlen«, murrte Scrooge,
indem er seinen Überrock bis an das Kinn zuknöpfte. »Aber ich
vermute, Sie wol en den ganzen Tag frei haben? Seien Sie
wenigstens übermorgen um so früher hier!«
Der Kommis versprach es, und Scrooge ging mit einem
Brummen fort. Das Kontor war im Nu geschlossen, und der
Kommis, dem die langen Enden seines weißen Schals um die
Beine baumelten, schlitterte zu Ehren des Festes in einer Reihe
von Knaben zwanzigmal Cornhill hinunter; dann lief er so schnel
wie möglich in seine Wohnung in Camden Town, um dort
Blindekuh zu spielen.
Scrooge nahm sein einsames, trübseliges Mahl in seinem
gewöhnlichen, einsamen, trübseligen Gasthaus ein, und nachdem
er al e Zeitungen gelesen und sich den Rest des Abends mit
seinem Bankjournal vertrieben hatte, ging er nach Hause zurück,
um zu schlafen. Er wohnte in den Zimmern, die seinem
verstorbenen Kompagnon gehört hatten. Es war eine düstere
Flucht von Zimmern in einem niedrigen, dunklen Gebäude, das in
seinen Hof so ganz und gar nicht hineinpaßte, daß man fast hätte
glauben mögen, es habe sich, als es noch ein junges Haus war
glauben mögen, es habe sich, als es noch ein junges Haus war
und mit andern Häusern Versteck spielte, dorthin verlaufen und
nicht wieder hinausfinden können. jetzt war es alt und öde, weil
niemand dort wohnte als Scrooge und alle andern Örtlichkeiten
als Geschäftsräume vermietet waren. Der Hof war so dunkel,
daß selbst Scrooge, der dort jeden Pflasterstein kannte, seinen
Weg mit den Händen ertasten mußte.
Der Nebel und der Frost bal ten sich so dick und schwer um den
schwarzen alten Torweg des Hauses, als hocke der Wettergeist
in trübem Sinnen auf der Schwelle.
Nun steht es fest, daß an dem Klopfer der Haustür ganz und gar
nichts Besonderes war als seine Größe. Auch steht es fest, daß
ihn Scrooge jeden Abend und jeden Morgen, seitdem er das
Haus bewohnte, gesehen hatte und daß Scrooge so wenig
Phantasie besaß, als irgend jemand in der City von London, mit
Einschluß des Stadtrats - wenn das zu sagen erlaubt ist -, der
Aldermen und der Zünfte. Man vergesse auch nicht, daß
Scrooge, außer heute nachmittag, keine Sekunde an seinen vor
sieben Jahren verstorbenen Kompagnon gedacht 12
hatte. Und dann erkläre mir jemand, warum Scrooge, als er
seinen Schlüssel in das Türschloß steckte, in dem Klopfer, ohne
daß dieser sich vor seinen Augen verändert hätte, keinen
Türklopfer, sondern Marleys Gesicht sah?
Ja, Marleys Gesicht. Es war nicht von so undurchdringlichem
Dunkel umgeben, wie die andern Gegenstände im Hof, sondern
Dunkel umgeben, wie die andern Gegenstände im Hof, sondern
von einem unheimlichen Licht, wie ein verdorbener Hummer in
einem dunklen Keller. Es blickte ihm nicht wild entgegen, oder
zürnend, sondern sah Scrooge an, wie ihn Marley gewöhnlich
angesehen hatte, die gespenstige Brille auf die gespenstige Stirn
hinaufgeschoben. Das Haar stand ihm seltsam zu Berg, wie von
Atem oder heißer Luft gesträubt, und obgleich die Augen weit
offen standen, waren sie doch ohne jede Bewegung. Dies und
die leichenhafte Farbe machten das Gesicht schrecklich: aber
diese Schrecklichkeit schien eher etwas dem Gesicht
Aufgezwungenes zu sein, als ein Teil seines Ausdruckes.
Als Scrooge fest auf die Erscheinung blickte, da sah er wieder
einen Türklopfer!
Es wäre eine Unwahrheit, zu sagen, er sei nicht erschrocken
oder sein Blut habe nicht ein grausendes Gefühl durchzuckt, das
ihm seit seiner Kindheit unbekannt geblieben war. Aber
gewaltsam faßte er sich, faßte mit der Hand abermals nach dem
Schlüssel, drehte ihn um, trat in das Haus und zündete sein Licht
an.
Und doch zögerte er einen Augenblick, bevor er die Tür schloß,
und spähte erst vorsichtig dahinter, als fürchte er wirklich, mit
dem Anblick von Marleys Zopf erschreckt zu werden. Aber
hinter der Tür war nichts, als die Schrauben, die den Klopfer
festhielten, und so sagte er: »Bah, bah«, und warf sie hinter sich
ins Schloß.
ins Schloß.
Der Schal klang wie ein Donner durch das Haus. jedes Zimmer
oben und jedes Faß in des Weinhändlers Keller unten schien mit
seinem besonderen Echo zu antworten. Scrooge war nicht der
Mann, der sich durch Echos erschrecken ließ. Er schloß die Tür,
ging über den Hausflur und die Treppe hinauf, und zwar langsam,
langsam und beim Hinaufgehen das Licht heller machend.
Man mag behaupten, daß sich's mit einem Sechsspänner eine
stattliche alte Treppenflucht hinauf - oder mitten durch ein neues
Parlamentsdekret hindurchsausen lasse; ich sage aber, daß man
mit einem Leichenwagen, und zwar der Quere nach, mit der
Deichsel nach der Wand und mit der Tür nach dem Geländer zu,
diese