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Steinhügeln mit dunklen ausgewaschenen Stellen und wiederum darin enthaltenen weißen Flächen mit milchweißen Kristallen.

      Keller schaute mit gesenktem Kopf aus den Augenwinkeln in Richtung des steinernen Ungetüms, als wolle er es mit einem bösen Blick verbannen. Dass dieser Felsen einen Namen trug und dass er zu einem der beeindruckendsten Naturdenkmäler der Region zählte, das wusste Keller zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dass Ausflügler hierherkamen, um den Felsen zu erklettern, war ihm schon bekannt. Er hatte es sogar während der Arbeitszeiten hier im Wald selbst miterleben können. Während er und seine Leute sich abrackerten, schickten sich Freizeitsportler an, den Felsen zu erklimmen und manche waren dabei so leichtsinnig, ohne irgendeine Sicherung nach oben zu steigen und so hatte es Keller oftmals den Atem geraubt, wenn er ein solches Unterfangen mit ansehen musste und sich dabei kaum auf seine Arbeit konzentrieren konnte.

      Keller, der als kräftiger Mittfünfziger immer noch selbst mit anpackte, sah wieder zu seinen Arbeitern und der Buche hin und sein breites von Sorgenfalten durchzogenes Gesicht schaute nachdenklich drein. Seit einer Woche durchforstete er mit seinen Waldarbeitern den Buchenbestand auf dieser Anhöhe zwischen Hentern und Schillingen, ein Unterfangen, das sich schwieriger gestaltete, als es sich zu Beginn darstellte. Heute am Freitag, dem letzten Arbeitstag der Woche, wollten sie die Arbeit beenden. Dieser Baum noch - und gerade den hatten sie sich aus gutem Grund bis zum Schluss aufgehoben.

      Keller sah auf seine Armbanduhr. Nahezu siebzehn Uhr, stellte er fest. Eine Stunde noch, wenn alles so liefe, wie man sich das vorgestellt hatte. Doch da hatte Keller so seine Bedenken.

      Da war zum einen das abschüssige Waldgelände, das die angekeilten Bäume nach dem finalen Schnitt nicht immer auf die Stelle fallen ließ, die man sich dafür ausgesucht hatte und zum anderen erwies sich das Gefahrenpotenzial erheblich höher als auf ebenem Gelände.

      Die vorgeschriebene Schutzkleidung trug jeder seiner Mitarbeiter und er selbst natürlich auch, angefangen bei der Schutzlatzhose und der dazugehörigen Jacke, wasserdicht und rutschhemmend, Schutzwirkungsklasse zwei, geeignet für eine Kettensägengeschwindigkeit von 24 Metern pro Sekunde, dazu die schnittsicheren Stiefel, die Handschuhe und natürlich der Helm mit bruchfestem Visier. Doch was nützte das alles bei einem unkontrollierten Verspringen des Baumes. Höchste Vorsicht war in jedem Fall geboten.

      Kellers Männer taten alles, um die Präzision zu erreichen, die man von ihnen gewohnt war, die sie schon hunderte Male unter Beweis gestellt hatten, doch heute waren sie schier der Verzweiflung nahe. Sie waren erfahrene Leute und sie setzten mit traumwandlerischer Sicherheit die metallenen Keile an den richtigen Stellen an und justierten diese ständig nach, während ein Kollege mit der Motorsäge den Sägeschnitt mehr und mehr vergrößerte, bis das Geräusch der reißenden Bruchkante, die wie das Scharnier einer sich öffnenden Tür den Baum in die Fallrichtung lenkte, erst leise, dann immer lauter werdend mit dem Fall des Baumes in einem berstenden Krachen endete.

      Doch bei dieser Buche war das alles irgendwie anders. Sie Er war ein sehr schönes Exemplar, das hatte Keller oft genug betont, doch dann zeigte sich ein Nachteil. Er war im unteren Bereich schief, ja verdreht gewachsen und gerade das machte Keller Sorgen.

      Er fasste mit der Linken seinen Sicherheitshelm und nahm ihn vom Kopf. Die schwarzen Haare waren schweißnass und lagen glänzend eng am Kopf an. Keller wischte sich mit dem Jackenärmel über das Gesicht und sah nach oben zum Wipfel der starken Buche. Eine gleichmäßig gewachsene Krone, stellte er zufrieden fest. Sie würde keine Schwierigkeiten bereiten, würde den Baum nicht in eine andere Richtung als die vorgegebene drehen. Auch der Wind verhielt sich ruhig, eigentlich kein Grund zur Sorge, wäre da nicht dieser schiefe Teil im unteren Bereich des Stammes und der Steilhang gewesen.

      Keller war Forstmann durch und durch und er liebte seine Arbeit. Über dreißig Jahre arbeitete er im Forst. Mit siebzehn hatte er, der er aus einer traditionellen Holzfällerfamilie stammte, seine Lehre begonnen und war seit dieser Zeit im Wald wie zuhause.

      „Wenn der Baum auf den Felsen fällt, ist er hin.“ Keller wiederholte sich und sah seinen Vorarbeiter, Walter Reinig, fragend an. Reinig war etwa in seinem Alter, etwas schwerfällig und seine Einstellung zur Arbeit ließ zu wünschen übrig, darüber hatte sich Keller schon des Öfteren geärgert.

      So fiel auch seine Antwort aus. „Es gibt Schlimmeres“, antwortete er und Keller zuckte zusammen.

      „Was ist das denn für eine Einstellung“, dachte er bei sich und laut sagte er: „Aber den Baum werden wir als Möbelholz dann wohl kaum noch verkaufen können.“

      Keller sah sich den Felsenhügel an. Gute fünfzehn Meter, vielleicht sogar zwanzig mochte er hoch sein und, obwohl er tiefer im Abhang begann, konnte er die Beschaffenheit seines Plateaus nicht einsehen.

      Eigentlich bestand der riesige Fels aus einem Stück des harten Gesteins, doch an den Seiten wölbten sich vom Regen rund gewaschene Vorsprünge und gegensätzlich dazu kantige und scharf geschliffene Grate, die einem mit ihnen kollidierenden Baum schon sehr zusetzen konnten.

      Die Fäller hatten den Baum inzwischen so weit, dass es nur noch einiger Schläge und eines letzten Schnitts bedurfte, den Waldriesen zu Fall zu bringen. Die Männer schauten erwartungsvoll zu Keller, der schließlich mit dem Kopf nickte.

      „Denkt an die Sicherheit!“, rief er ihnen zu, um dann in den Wald hinein zu rufen: „Baum fällt!“

      Und dann kam es, wie es kommen musste.

      „Verdammte Schei…!“ Der Rest des laut gerufenen Fluches von Keller ging im Krachen und Bersten des fallenden Baumes unter, der sich unter den ungläubig dreinschauenden Augen der ihn zu Fall bringenden Holzhauer leicht aus dem „Scharnier“ drehte und im Fall vehement seine Richtung änderte, geradezu auf den riesigen Felsbrocken zu, um ihn, begleitet von einem knochenbrecherischen Geräusch, mit seiner vollen Länge zu treffen. Der Schlag war so stark, dass der elastische Wipfel, der über den Felsen ragte, durch die Hebelwirkung abbrach und auf der gegenüberliegenden Seite des Massivs in die Tiefe stürzte.

      Dann herrschte plötzlich absolute Ruhe. Für ein paar Sekunden schien die Welt still zu stehen. Alle Beteiligten schauten zu dem Baum, der keine Anstalten machte, von dem Felsen abzurutschen und den Hang hinunter zu stürzen. Wie in Zeitlupe wippten seine gewaltigen Äste noch ein paar Mal auf und nieder, dann lag er still, der Koloss, so, als habe er soeben nach kurzem Todeskampf sein Leben ausgehaucht.

      Nun kam auch wieder Leben in die Männer.

      „Wir müssen retten, was zu retten ist“, rief Keller seinen Männern zu. „Wir müssen den Baum in den Hang legen.“

      „Dazu müsste einer von uns auf den Felsen klettern, um die Baumspitze mit einem Strick zu versehen.“ Walter Reinig kam auf Keller zu und betrachtete mit diesem gemeinsam die Situation. „Wir könnten an der Krone, ich meine, an dem Teil unterhalb der abgebrochenen Krone einen Strick befestigen, ihn mit vereinten Kräften an der Spitze nach unten auf den Boden ziehen.“

      Keller nickte gedankenverloren. So etwas war ihm schon lange nicht mehr passiert, ihm, der er sich selbst für einen alten Hasen hielt, der jeden Trick in der Holzfällerei kannte. Er schüttelte den Kopf.

      „Du bist anderer Meinung?“ Reinig sah seinen Kollegen von der Seite an.

      „Nein, nein, das ist schon richtig so. Ich war in Gedanken. Du hast ja Recht. Kümmere dich bitte darum. Ein Mann soll da hochklettern!“

      Dann besah sich Keller den Felsen, den er bis dahin mehr oder weniger ignoriert hatte, an, wobei er ihn mit seinen Augen von oben bis unten abtastete.

      „Der sieht aus wie eine Anhäufung von Felsen“, dachte Keller. „Der scheint nicht aus einem Stück zu sein und dennoch hat die Wucht des Baumes es nicht geschafft, Teile davon abzusprengen. Muss schon ein hartes Mineral sein.“

      Sein Blick folgte der Unregelmäßigkeit des Gebildes bis zu dessen Spitze, die aussah, als hätte man eine Figur bilden wollen und als Abschluss einen Kopf obenauf gesetzt. Dennoch musste dort oben noch ein kleines Plateau sein, denn die Wanderer, die er beobachtet hatten, machten es sich gerade neben diesem „Kopf“ gemütlich, hielten eine Brotzeit und ließen die

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