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großen Weltkriege noch immer kollektiv kriegstraumatisiert ist, sind die Deutschen, wie z.B. auch Flüchtlinge aus Kriegsländern, in der Corona-Krise besonders leicht (re)traumatisierbar und in hypnoseähnlichen Zuständen in der Masse medial beeinflussbar. Das Buch beschreibt ausgewählte Prüfverfahren, mit denen sich subjektives Wissen zur Corona-Krise generieren und dadurch in der Krise Autonomie gewinnen lässt. Band 4 enthält 150 unkonventionelle Fragen zur Corona-Krise und zu vergleichbaren Krisengeschehen. Die Fragen sollen zum Weiterdenken und zum Stellen eigener weiterführender Fragen anregen. Band 4 eignet sich insbesondere für alle, die gerade anfangen, sich für die Hintergründe der Corona-Krise zu interessieren. Alle Bände dieser Reihe liefern eine fundierte Einführung in die Themenbereiche "Trauma", "vererbtes Kriegstrauma" und "transgenerationale Traumatherapie". Alle Bücher der Reihe "Trauma, vererbtes Kriegstrauma, transgenerationale Traumatherapie" können unabhängig voneinander gelesen werden.

      1. Einleitung

      Transgenerationale Kriegstraumatisierung wird oft nicht erkannt - vor allem dann nicht, wenn die betroffenen Nachfahren in Friedenszeiten geboren wurden und nie selbst mit Krieg in Berührung kamen (Hündgen 2020).

      In therapeutischen und gesundheitsbezogenen Berufen ist die Aus- und Weiterbildung im Bereich der transgenerationalen Kriegstraumatisierung in der Regel unzureichend oder gar nicht vorhanden. Dies gilt insbesondere auch für Ärzte, Psychotherapeuten und Helfer in der Gesundheits- und Krankenpflege. Sogar in expliziten Traumatherapiekursen hat man eher Glück, wenn man mit diesem Thema überhaupt konfrontiert wird.

      Wenn jemand transgenerationale Kriegstraumatisierung oder andere Formen der transgenerationalen Traumatisierung bei sich selbst oder bei einem Klienten vermutet, ist oft unklar, was getan werden kann, um transgenerationale Traumatisierung tatsächlich so festzustellen, dass anschließend zielgenau therapiert werden kann.

      Die Diagnose von transgenerationaler Kriegstraumatisierung und transgenerationaler Traumatisierung im allgemeinen ist deshalb besonders schwierig, weil transgenerational traumatisierte Menschen das Ursprungstrauma nicht selbst erlebt, sondern Traumata von einer anderen Person durch Interaktion und/oder auch durch Vererbung epigenetischer Dispositionen indirekt übernommen haben. Die vorliegende Publikation soll deshalb aufzeigen, welche Schritte unternommen werden können, wenn Verdacht auf indirekt-transgenerationale Kriegstraumatisierung besteht, bzw. welche Prüfverfahren es gibt, mit deren Hilfe sich ein Verdacht auf transgenerationale Kriegstraumatisierung erhärten oder vielleicht sogar sicher bestätigen lässt. Die vorliegende Publikation bezieht sich unmittelbar auf meine Facharbeit „Sensibilisierung für typische Aspekte von transgenerationaler Kriegstraumatisierung im Rahmen von Traumatherapie bei Flüchtlingen“ (Hündgen 2020), kann aber auch ohne die dort gelieferten Hintergrundinformationen separat gelesen werden. Weitere Grundlagen zur transgenerationalen Kriegstraumatisierung finden Sie u.a. in meinen beiden YouTube-Videos Hündgen 2020-2 und Hündgen 2020-4. Die Facharbeit Hündgen 2020 beschreibt eine Einzelfallstudie, in der für ein ehemaliges Kriegs- und Flüchtlingskind (= Probandin meiner Studie) unter Berücksichtigung der Fachliteratur typische Aspekte bzw. Merkmale einer möglichen transgenerationalen Kriegstraumatisierung erarbeitet wurden. Hierzu wurden von mir in der Facharbeit Hypothesen aufgestellt. Jedoch glaubte meine ehemalige Probandin auch nach der Fertigstellung und Besprechung dieser Facharbeit noch immer nicht, dass sie möglicherweise direkt und/oder indirekt kriegstraumatisiert ist. Sie führte ihre für mich auffällige Stress- und Traumasymptomatik auf andere Ursachen zurück und begründete ihre Position hauptsächlich damit, dass es ihrer analytischen Psychotherapeutin nicht gelungen war, sie mit Kriegstraumareizen zu triggern. Deshalb kam ich auf die Idee, meiner ehemaligen Probandin mit dem vorliegenden Leitfaden zusätzliche Prüfverfahren zur Testung des möglichen Vorliegens einer transgenerationalen Kriegstraumatisierung an die Hand zu geben und sie auf diese Weise zum erneuten Nachforschen und zur Überprüfung ihrer Position anzuregen.

      Zudem wollte ich mit der vorliegenden Publikation meine Ergebnisse in Hündgen 2020 erneut auf den Prüfstand stellen und weitere Diskussionen ermöglichen.

      Entsprechend geht der vorliegende Leitfaden über die Hypothesen, die in Hündgen 2020 aufgestellt wurden, hinaus. Er beinhaltet in Kap. 5 eine Auswahl konkreter Prüfverfahren, mittels derer zusätzliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer transgenerationalen Kriegstraumatisierung gefunden und weitere Hypothesen für das Vorliegen von transgenerationaler Kriegstraumatisierung entwickelt werden können.

      Anhand der in diesem Leitfaden genannten Prüfmethoden kann jeder für sich zumindest mit subjektiver Gewissheit individuell selbst herausfinden oder aber von Experten der jeweiligen Methoden herausfinden lassen, ob sie oder er transgenerational kriegstraumatisiert ist.

      Bitte beachten Sie, dass die in diesem Leitfaden enthaltenen Informationen eine Beratung durch einen Arzt nicht ersetzen können. Sie stellen keine medizinischen Anweisungen und keine Empfehlungen dar.

      Die Information in diesem Leitfaden dient der Vermittlung von Wissen und kann die individuelle Betreuung bei einem Sprechstundenbesuch nicht ersetzen.

      Die Verwendung der hier gegebenen Informationen sollte immer vorab mit einem qualifizierten Therapeuten abgesprochen werden.

      Bitte suchen Sie, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie an einer ernstzunehmenden Erkrankung gemäß der ICD-10 leiden, zunächst einen Arzt auf, und lassen Sie sich dort beraten.

      Sollten Sie die in dieser Publikation gegebenen Informationen für sich selbst nutzen, erfolgt dies grundsätzlich auf eigene Gefahr und auf eigene Verantwortung.

      2. Ziele, Leitfragen, Definitionen

       2.1 Ziele, Leitfragen

      Die vorliegende Publikation soll zum einen, wie bereits die Facharbeit Hündgen 2020, allgemein für transgenerationale Kriegstraumatisierung und deren Diagnose- und Therapiemöglichkeiten sensibilisieren.

      Vor allem aber soll die vorliegende Publikation über unterschiedliche Techniken informieren, mit denen sich transgenerationale Kriegstraumatisierung feststellen lässt.

      Ausgewählte Prüfverfahren sollen auf ihre Nützlichkeit für das Erkennen von transgenerationaler Kriegstraumatisierung hin beurteilt und für den vorliegenden Leitfaden so nutzbar gemacht werden, dass jeder Leser diejenigen Methoden für sich selbst auswählen kann, die ihm individuell am meisten zusagen.

      Der Leser ist eingeladen, sich von der Wirksamkeit der jeweiligen Prüfverfahren zu überzeugen und mit Hilfe dieser Verfahren für sich selbst herauszufinden oder von Experten für die jeweiligen Verfahren herausfinden zu lassen, ob eventuell transgenerationale Kriegstraumatisierung vorliegen könnte.

      Der vorliegende Leitfaden ist NICHT dazu gedacht, traumatherapeutisches Handwerkszeug für die Selbsttherapie zu liefern. Bitte suchen Sie bei Verdacht auf krankheitswertiges Trauma gemäß der ICD-10, insbesondere auch bei akuten Traumazuständen und bei Verdacht auf eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), unbedingt Ihren Hausarzt und/oder einen qualifizierten Traumatherapeuten auf.

      Die wichtigsten Leitfragen der vorliegenden Publikation sind: Mit welchen Methoden/Verfahren lässt sich (allgemein) prüfen, ob bei einem Menschen transgenerationale Kriegstraumatisierung vorliegt? Was leisten die einzelnen Prüfmethoden in Bezug auf die Erkennung von transgenerationaler Kriegstraumatisierung? Welche der genannten Prüfmethoden könnten meiner ehemaligen Probandin (s. Hündgen 2020) möglicherweise in Bezug auf die Feststellung einer transgenerationalen Kriegstraumatisierung weiterhelfen? Welche Therapien könnten sich für meine Probandin anschließen?

       2.2 Definitionen

      „Direkte Kriegstraumatisierung“ ist das Entstehen bzw. Vorliegen von Psychotraumata durch direktes Erleben von kriegsbezogenen Ereignissen bei einer Person, die als direkt Betroffener oder als anwesender, direkter Zeuge (z.B. Augenzeuge) eigene sinnliche Wahrnehmungen vom ursprünglich traumatisierenden Geschehen hat und die,

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