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Der Ankerplatz erhielt den Namen der „Praslin-Hafen“, und die große Insel oder der Archipel, zu dem er gehört, wegen der Falschheit der Bewohner den des „Landes der Arsaciden“.

      „Der Praslin-Hafen“, sagt Fleurieu, würde einer der besten der Welt sein, wenn er nur einen günstigeren Ankergrund besäße. Er ist fast kreisrund, mindestens wenn man ihm die von der Haltestelle der „ST.JEAN BAPTISTE“ aus sichtbaren Inseln hinzurechnet... Der bösartige Charakter der Stämme, welche in dieser Gegend hausen, gestattete es leider nicht, in das Landesinnere etwas weiter vorzudringen, so dass sich die Beschreibung auf die Strecken längs der Seeküste beschränken muss. Angebauten Boden fand man nirgends, weder am Strande, den die Boote bis zum Grunde des Hafens passierten, noch auf der, mehrfach in ihrer ganzen Ausdehnung untersuchten Insel de l'Aiguade.“

      Das sind die ganzen, ziemlich oberflächlichen Nachrichten, welche Surville teils selbst sammelte und teils durch seine Leute erhielt. Vervollständigt wurden dieselben nach manchen Seiten durch den gefangenen jungen Eingeborenen, namens Lova-Salega, der sich für die Erlernung einer fremden Sprache sehr gut veranlagt erwies.

       Nach den Aussagen desselben erzeugte die Insel viel Palmenkohl, Kokosnüsse und verschiedene Mandelfrüchte; ebenso gediehen daselbst der wilde Kaffeebaum, der Ebenholzbaum, der „Tacamaca“, nebst anderen harz- resp. gummireichen Baumarten, ferner die Banane, das Zuckerrohr, die Yamswurzel, der Anis, und endlich eine, von den Urbewohnern „Binao“ genannte Pflanze, deren Früchte bei denselben die Stelle des Brotes vertraten. In den Wäldern lebten ganze Schwärme von Kakadus, Lauris, Holztauben und Amseln, letztere etwas größer als unsere europäische Gattung. In sumpfigen Niederungen tummelten sich Curlis, See-Lerchen, verschiedene Schnepfenarten und Enten umher. An Vierfüßlern ernährte die Insel dagegen nur Ziegen und halbwilde Schweine.

      „Die Bewohner des Praslin-Hafens“, sagt Fleurieu auf Grund handschriftlicher Mitteilungen, sind von mittlerer Größe, aber muskulös und stark. Sie scheinen – wohl zu beachten! – nicht ein und desselben Ursprungs zu sein, da die einen vollkommen schwarze, andere kupferbraune Hautfarbe haben. Das Haar der ersteren ist kraus, aber fein und weich, die Stirn niedrig, die Augen liegen etwas tief und das Gesicht läuft nach unten spitzig aus mit nur schwachem Bartwuchs am Kinn; ihre ganze Erscheinung trägt den Stempel der Wildheit. Viele der Kupferfarbigen haben dagegen schlichtes Haar, das sie rings um den Kopf bis in die Höhe der Ohren zu verschneiden pflegen. Doch tragen es einige kurzgeschoren wie ein eng anliegendes Käppchen auf dem Scheitel, während sie sich rings um diese Stelle mit einem zugeschärften Steine zu scheeren lieben und darunter nur einen zollbreiten Kreis von Haaren stehen lassen. Haar und Augenbrauen pudern sie sich übrigens mit einer Art Kalkmehl, so dass diese fast gelbgefärbt erscheinen.“

      Männer und Weiber gehen vollkommen nackt, doch macht diese Sitte bei weitem nicht den abstoßenden Eindruck, als wenn etwa ein Europäer unbekleidet umherliefe, denn Gesicht, Arme und überhaupt fast alle Theile des Körpers werden tätowiert mit allerlei Zeichnungen, die nicht selten einen eigentümlichen Geschmack Verraten. Die Ohren durchbohren sie ebenso wie die Nasenscheidewand, deren Knorpel unter dem Gewichte der daran gehängten Gegenstände häufig über die Oberlippe herabgezogen erscheint.

       Der gebräuchlichste Schmuck der Einwohner des Praslin-Hafens besteht in einem Rosenkranz aus Menschenzähnen. Man schloss schon daraus auf die unter ihnen herrschende Sitte der Anthropophagie, obwohl dieselbe Mode häufiger bei Völkerschaften angetroffen wurde, welche dem Kannibalismus bestimmt nicht huldigten; Lova's verlegene Antworten aber, als man ihn wegen eines halb gerösteten Menschenkopfes fragte, den Bougainville seiner Zeit auf der Insel Choiseul fand, lassen über das Vorkommen dieses abscheulichen Gebrauches leider keinen Zweifel.

      Am 21. Oktober, das heißt nach neuntägigem Aufenthalte, verließ die „ST.JEAN BAPTISTE“ den Praslin-Hafen. Während der nächstfolgenden Tage blieb stets ein hohes, gebirgiges Land in Sicht. Am 2. November entdeckte Surville eine Insel, welche den Namen „Insel der Widerwärtigkeiten“ erhielt, weil hier ungünstige Winde drei volle Tage lang die Fahrt des Schiffes hemmten.

      Diese Insel bot einen herrlichen Anblick. Sie war sorgsam angebaut und wahrscheinlich stark bevölkert, wenigstens nach der großen Menge Piroggen zu urteilen, welche die „ST.JEAN BAPTISTE“ unaufhörlich umschwärmten.

      Die Eingeborenen konnte man nur mit Mühe dazu bewegen, an Bord zu kommen. Endlich kletterte ein Häuptling derselben auf das Deck. Da war es seine erste Sorge, sich die Koppelriemen eines Matrosen anzueignen, zu deren Rückgabe er sich nur schwierig verstand. Darauf lief er nach dem Hinterteil des Schiffes und holte die weiße Flagge herab, welche ihm besonders zu gefallen schien. Auch diese vermochte man ihm nur mit Mühe wieder zu entwinden. Endlich erkletterte er den Mastkorb des Besans, betrachtete von dem erhöhten Standpunkte aus das ganze Schiff und sprang, als er wieder herabgestiegen, lustig umher; dann wendete er sich an seine, in den Piroggen zurückgebliebenen Stammesgenossen und lud diese durch Worte und sonderbare, aber bezeichnende Gebärden ein, ihm nachzufolgen.

      Ein Dutzend derselben entschlossen sich zu dem Wagstücke. Diese ähnelten zwar den Bewohnern des Praslin-Hafens, redeten aber eine andere Sprache und konnten sich Lova-Salega nicht verständlich machen. An Bord verweilten sie nicht lange; denn als der eine erhaschte Flasche ins Meer geworfen und der Kommandant seine Missbilligung darüber zu erkennen gegeben hatte, beeilten sich alle, wieder in ihre Piroggen zu gelangen.

      Das Bild des Landes erschien so lachend und die Skorbutischen bedurften einer Erholung so dringend, dass Surville eine Schaluppe ans Ufer sendete, um zu sehen, wie sich die Bewohner dabei benehmen würden.

      Kaum war die Schaluppe abgestoßen, als sie auch schon von mehreren, mit Bewaffneten bemannten Booten umringt wurde, so dass es, um schlimmeren Kämpfen vorzubeugen, notwendig wurde, die Angreifenden mittelst einiger Flintenschüsse zu vertreiben. Während der Nacht versuchte eine ganze Flottille, sich nach der „ST.JEAN BAPTISTE“ heranzuschleichen; geleitet von einem gewissen Gefühle von Menschlichkeit, wartete Surville jedoch nicht, bis die Eingeborenen ganz nahe herankamen, sondern jagte sie durch eine zeitig abgegebene Kartätschenladung in die Flucht.

      Da sich eine Landung als ganz untunlich erwies, stach Surville wieder in See und entdeckte nun nacheinander die Inseln der drei Schwestern, des Golfes und die der Errettung, die letzten der Gruppe.

       Der Archipel, durch den Surville kam, war kein anderer als der der Salomons-Inseln, deren erste Entdeckung durch Mendana wir schon früher geschildert haben. Der geschickte Seemann hatte 140 Meilen Küste sorgfältig aufgenommen und in die Karten eingetragen, außerdem auch noch eine Reihe von vierzehn sehr interessanten Ansichten der Uferlandschaften geliefert.

      Um jeden Preis musste nun Surville aber, wenn er seine Mannschaft nicht dezimiert sehen wollte, ein Land zu erreichen suchen, wo er seine Kranken ausschiffen und ihnen frische Nahrungsmittel zukommen lassen konnte. Er entschloss sich also, dafür nach Neuseeland zu segeln, das seit Tasman noch niemand wieder besucht hatte.

      Am 12. Dezember 1769 bekam Surville unter 35° 37' südlicher Breite dessen Küsten in Sicht und ging fünf Tage später in einer von ihm „Bai Lauriston“ genannten Bucht vor Anker. In deren Grunde befand sich noch ein kleinerer Landeinschnitt, der zu Ehren eines der Gönner und Beförderer der Expedition den Namen „Chevalier“ erhielt. Wir bemerken hierbei, dass Kapitän Cook, seit Anfang Oktober mit der Erforschung dieses Landes beschäftigt, einige Tage vor der Lauriston-Bai verweilte, ohne das französische Schiff wahrzunehmen.

      Während der Rast in der Chevalier-Bucht wurde Surville von einem furchtbaren Sturme befallen, der ihm den Untergang drohte; die Matrosen vertrauten aber so sicher auf seine seemännische Erfahrung, dass sie nicht einen Augenblick den Kopf verloren und alle Befehle ihres Kapitäns mit bewundernswerter Kaltblütigkeit ausführten, deren einzige Zeugen leider nur die Neuseeländer waren.

      Die Schaluppe, welche die Kranken ans Ufer beförderte, gewann nicht einmal die Zeit, zum Schiffe zurückzukehren, als das Unwetter losbrach, das dieselbe in eine andere, die später so genannte „Bucht der Zuflucht“ hineintrieb. Matrosen und Kranke fanden eine sehr wohlwollende Aufnahme bei einem Häuptling namens Naginui, der ihnen seine Hütte überließ und sie mit allen, während ihres Aufenthaltes nur beizutreibenden Erfrischungen fast überhäufte.

      Eine

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