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auf den Teller.

      Ihr Mann sah sie noch immer fragend an. „Nun sag schon… Warum sollte es nicht gut für uns sein, wenn die Union eine Schlappe einsteckt?“

      „Ach, Jim, dann überlege doch einmal, wem wir unser Vieh anbieten. Die Union zahlt mit guten Yankee-Dollars. Mit was die neue Konföderation bezahlt, wissen wir noch nicht. Angeblich will sie ja eine eigene Währung herausgeben. Wer weiß, was die wert sein wird.“

      „Verzeihung, Ma´am“, schaltete sich Carl ein, „aber mich interessiert weit mehr, wie sich Kentucky entscheidet. Man hört, dass sich eine Menge Jungs für die Sache des Südens melden wollen.“

      „Man hört auch, dass sich eine Menge Jungs für die Sache des Nordens melden wollen“, hielt Slim dagegen.

      „Dein Lincoln hat ein mächtiges Problem, mein Sohn.“ Carl deutete erneut mit dem Löffel. „Die meisten Yankee-Truppen haben sich nur für neunzig Tage verpflichtet und deren Dienstzeit ist bald um. Nach der Tracht Prügel, die sie bei Manassas bezogen haben, werden die sicher nicht erpicht darauf sein, sich länger zu verpflichten.“

      „Das heißt Bull Run“, knurrte Carl bissig. „Und außerdem ist das im Süden nicht viel anders.“

      Jim Carter nickte. „Man hat sich das auf beiden Seiten zu einfach vorgestellt. Eine einzige große Schlacht und die Sache ist entschieden… Ha! Die Ladies und Gentlemen aus Washington sind sogar mit Kutsche und Picknickkorb zum Schlachtfeld gereist. Dann haben sie Prügel bezogen und sind mit flatternden Röcken heimwärts gerannt.“

      „So schnell, dass man bestimmt ihre Beine sehen konnte“, lachte Carl.

      „Carl!“ Mary sah ihn strafend an. Sie liebte keine frivolen Anspielungen.

      „Verzeihung, Ma´am“, murmelte Carl, behielt aber sein Lächeln bei.

      „Jedenfalls ist gar nichts vorbei“, nahm Jim den Faden wieder auf. „Jetzt werden auf beiden Seiten jede Menge Regimenter ausgehoben.“ Er sah seine Frau an. „Und beide Seiten werden Fleisch benötigen und im Übrigen kann auch die Konföderation nötigenfalls in gutem Gold bezahlen.“

      „Noch mal zu Kentucky.“ Carl schob den Teller von sich und tupfte mit einem Tuch etwas Rührei aus seinem langen und dichten Bart. „Was meinst du, Jim? Wird unser Commonwealth of Kentucky in der Union verbleiben oder sich der Konföderation anschließen?“

      „Verdammt, Carl, woher soll ich das wissen? Im Augenblick…“

      Er unterbrach sich und sie hoben lauschend die Köpfe. Von draußen war ein Schuss zu hören gewesen. „Was, zum Teufel…?“

      Carl ignorierte den mahnenden Blick seiner Mary, die keine Kraftausdrücke mochte, erhob sich vom Tisch und trat an das Fenster. „Das kam von Bill.“

      „Was ist los, Boss?“ Carl und Slim sahen ihm über die Schulter.

      „Reiter“, stellte Jim Carter mit einem Blick über das Tal fest. „Eine ganze Menge Reiter. So was hat nichts Gutes zu bedeuten.“

      Die Reiter waren noch weit entfernt. Man konnte noch keine Details erkennen. Die Hufe der Pferde wirbelten den Staub zwischen den Gräsern empor und es war eine Menge Staub.

      „Banditen?“ Marys Stimme klang sichtlich besorgt, verriet jedoch keine Furcht. Die Bewohner der Ranch hatten schon einige Gefahren überstanden.

      „Weiß nicht. Jedenfalls sind das ziemlich viele Reiter.“

      „Um die Sechzig“, meinte Slim, der die Anzahl der Fremden überschlug. „Ich glaube, es ist die Armee. Da flattert etwas über der vorderen Gruppe.“

      „Fragt sich nur, welche Armee das ist“, knurrte Jim und nahm die Kentucky aus ihrer Halterung. „Wir sollten vorsichtig sein und uns bewaffnen. In ein paar Minuten sind sie da.“

      „Gegen sechzig Leute, Boss?“ Slim leckte sich unruhig über die Lippen. „Wir sollten Bill rufen.“

      „Er kommt schon zu uns. Dem sind die Fremden auch nicht geheuer“, stellte Jim fest. „Nur gut, dass er uns mit seinem Schuss gewarnt hat.“

      „Carl, Slim… Ihr geht rüber ins Bunkhouse.“ Mary Carter trat an einen der Schränke und entnahm diesem einen Colt Navy und ein Sharps-Gewehr.

      „Sie hat recht“, stimmte Jim zu. „Dort habt ihr besseren Schutz und wir können die Burschen ins Kreuzfeuer nehmen, falls das notwendig wird.“

      Die soliden Stämme des Schlafhauses boten einen weit größeren Schutz, als die Bohlen und Bretter des Haupthauses. Die beiden Helfer nickten, öffneten die Tür und rannten zum Nebengebäude hinüber, wo sich ihre Waffen befanden. Bill erreichte gerade die Veranda, saß ab und schlang die Zügel des Pferdes über den Handlauf.

      „Ich konnte es nicht genau erkennen, Boss“, sagte er hastig. „jedenfalls reiten sie in Kolonne, sind aber kein reguläres Militär. Könnten Bushwackers oder auch Jayhawkers sein.“

      „Verflucht, das hatte ich befürchtet“, gab Jim Carter zu.

      In den Grenzregionen begannen sich Banden auszubreiten, welche als Bushwackers für die Sache des Südens oder als Jayhawkers für die des Nordens eintraten. Dabei waren sie in der Wahl ihrer Mittel keineswegs zimperlich. Sie mordeten und raubten bei jenen, die nicht auf der gleichen Seite wie die „patriotischen“ Horden standen und schürten Angst. Viele trugen Zivil, andere Uniformen oder Uniformteile. Manche erhielten von regulären Armeegenerälen oder Gouverneuren regelrechte Kaperbriefe, wie sie im Seekrieg üblich waren, um so die Raubzüge zu legalisieren.

      Die Reiter erreichten den Hang des Hügels. Die ohnehin geringe Hoffnung, sie würden an der Ranch vorüber ziehen, zerschlug sich, als die Kolonne einschwenkte und langsam zur Ranch hinauf trabte. Tatsächlich flatterte über den vorderen Männern eine Fahne. Ein großes rotes Tuch, auf dem Mary ein weißes „H“ zu erkennen glaubte.

      Es waren etwas mehr als sechzig Reiter. Das war gut zu erkennen, als sie die Ranch erreichten und nun ausschwärmten. Drei von ihnen kamen auf das Haupthaus zu, unter ihnen der Fahnenträger und ein Mann, der einen schwarzen Gehrock mit Schulterstücken trug.

      „Ich rede besser mit ihnen“, meinte Jim.

      „Sei vorsichtig.“ Mary empfand nun doch Angst um ihren Mann. Sie küsste ihn flüchtig auf die Wange und blieb dann mit dem Sharps-Gewehr in der Deckung des Türrahmens, während Jim auf die Veranda hinaustrat.

      Er hielt seine Kentucky in der Armbeuge und vermied es, einen der Reiter mit der Waffe zu bedrohen. „Ich bin Jim Carter und mir gehört diese Ranch. Ich hoffe, dies ist ein friedlicher Besuch.“

      Es war eine halbe Frage und der Mann im Gehrock lächelte freundlich. Er saß im Sattel und da Jim auf der Veranda stand, sahen sie sich auf Augenhöhe an. „Selbstverständlich ist es ein friedlicher Besuch, Mister Carter. Colonel Holloran, wenn es recht ist. William Holloran. Von Hollorans Confederate Volunteers, wenn es recht ist.“ Auf dem Gehrock trug der Mann die Schulterstücke eines Infanterie-Captains der Union. Er war hager und besaß ein schmal geschnittenes Gesicht, welches von einem üppigen Vollbart eingerahmt wurde. „Ich hoffe doch sehr, Mister Carter, dass Sie für die Sache des Südens sind.“

      „Daran kann es keinen Zweifel geben. Wir sind hier alle für den Süden.“

      „Nun, das freut mich zu hören, Mister Carter. Es wird Ihnen daher sicher eine Genugtuung sein, der Sache des Südens einen Dienst zu erweisen.“

      Jim Carter runzelte die Stirn. „Hm, sicher. Unsere Mittel sind allerdings beschränkt, Colonel.“

      „Ach, Unsinn.“ Holloran wies in einer ausholenden Geste um sich. „Ist doch eine hübsche große Ranch mit einer Menge Rinder und Pferde, alles was recht ist. Da können Sie eine Menge für die Sache des Südens tun, Mister Carter.“

      „Äh, Sie sind Aufkäufer für die konföderierte Armee?“

      „Richtig, Mister Carter. Meine Jungs und ich besorgen alles

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